Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.

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Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.
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Torben Stamm

Die skurrile Verwandtschaft des Friedrich K.

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Abend-Veranstaltungen

Das Ding mit der Action

Gespräche

Die Polizei

Rückweg I.

Rückweg II.

Besuch

Opa Bernd

Dorfler

Telefon

Erneute Gespräche

Elsbeth

Besuch

Arbeitsaufnahme

Verhör

Opa Bernd

Der Abend

Einbruch

Nachbesprechung

Ein ereignisreicher Morgen für Friedrich

Ein ereignisreicher Morgen für Bernd

Dorflers interessanter Abend

Filmanalysen

Yus Eltern

Abend

Ein Spaziergang

Rückblende Dezember 1963

Mittagessen

Das Band

Wohnzimmer

Rückblende 1963

Meinungen

Abendspaziergang

Telefonanruf

Rückblende 1963

Kaffetrinken

Rückblende 1963

Hausbesuch

Der Umschlag

Umzug

Treffen

Rückblende 1963

Lieferwagen-Inhalte

Rückblende 1963

Bernds Geschichte

Rückblende 1969

Schock

Das Handy

Tag 1: Mittwoch

Tag 2: Donnerstag

Tag 3: Freitag

Tag 4: Samstag

Tag 5: Sonntag

Tag 6: Montag

Tag 7: Dienstag

Die Mitteilung

Vorbereitungen

Die Übergabe

Besprechung

Auf der Wache

Rückblende 1969

Verhör

Der Beweis

Zeitgleich

In Bernds Haus

Auf dem Revier

Neue Bekanntschaften

Der Sender

Der Abend

Entschlüsselungsversuche

Arbeit

Beim Restaurator

Erklärungen

Danksagungen

Impressum neobooks

Abend-Veranstaltungen

„Oh Mann“, seufzte Friedrich Kammers und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Ich habe echt keinen Bock mehr. Das ist einfach nur ätzend.“ Er öffnete eine Flasche Cola und setzte sie an, um einen Schluck zu trinken.

Johannes nickte: „Ja, aber das ist halt unser Job. Zumindest jetzt noch. Ich habe heute...“ Weiter kam er nicht. Die Tür schwang auf und Nauz stürmte in den Raum: „Was sitzt ihr hier rum? Draußen kommen immer noch Gäste an! Also raus mit euch.“

„Ja, ist ja gut. Wir wollten uns nur mal kurz hinsetzen. Wir sind jetzt schon seit acht Uhr auf den

Beinen“, sagte Johannes, auch wenn er wusste, dass es sinnlos war.

Friedrich stellte seine Flasche ab und verließ mit Johannes den Raum.

Friedrich hatte vor drei Wochen bei einer Werbefirma in Köln angefangen: Die „Future-Next-Organisation“ hatte ihm eine Stelle angeboten - zumindest war er davon ausgegangen. Als er sich am ersten Tag in der Firma vorgestellt hatte, musste er feststellen, dass er nur ein bezahltes Praktikum ergattert hatte, das auf sechs Monate begrenzt war - mit Option auf eine Verlängerung. Er war sich total dämlich vorgekommen, aber zum Glück war er nicht alleine: Johannes war in seinem Alter, hatte aber schon zwei Monate vor ihm angefangen. Er hatte Friedrich erzählt, dass die Firma das immer so mache: „Hat System“, hatte er genervt erzählt, während sie in einem alten Büro Akten sortierten. „Ich sehe mich seit meinem ersten Tag nach anderen Jobs um. Ist aber etwas schwierig.“

Friedrich hatte auch angefangen, sich nach was Neuem umzusehen, aber das war leichter gesagt, als getan. Gleichzeitig hatte er seine begeisterten Eltern am Hals, die sooooo stolz auf ihn waren: „Unser Friedrich arbeitet jetzt in Köln bei einer ganz großen Werbeagentur! Er wird es noch weit bringen“, sagte seine Mutter dauernd. Eigentlich kam Friedrich aus Münster. Er verdiente zwar etwas Geld, aber seine Eltern unterstützten ihn nach seinem Uni-Abschluss noch immer. Anders könnte er sich die Miete gar nicht leisten. Allerdings würde sein Vater ausrasten, wenn er wüsste, dass er ein ausbeuterisches Praktikum mitfinanzierte. Jochen Kammers arbeitete beim Finanzamt und nahm alles sehr genau! Friedrich musste unbedingt einen richtigen Job finden, bevor er seinen Eltern etwas von diesem Reinfall erzählte.

Heute waren Friedrich und er auf „Außeneinsatz“. Am Anfang hatte er gedacht, das wäre irgendwas Cooles, vor allem, weil Nauz, so ein dämlicher Koordinator und Menschenschinder, sie erst verarscht hatte: „Besorgt euch einen Anzug. Ihr habt heute Abend Kundenkontakt“, hatte er gesagt. Und was steckte dahinter? Sie standen bei irgendeinem Happening an Stehtischen und verteilten Flyer, Broschüren oder sonstiges Material. Wie gesagt: Es war total ätzend und noch dazu peinlich!

 

Heute stand die Eröffnung von einer Kunstausstellung an. Bruno Grenadier galt als aufstrebender Künstler und All-Rounder: Er malte, fertigte Skulpturen an und irgendwas, das für Friedrich nach einem Unfall mit Stacheldraht aussah.

„Sieht aus wie ne scheiß Igelfalle“, hatte Johannes gesagt, als sie durch die Ausstellung gegangen waren.

Eins musste man Grenadier lassen: Er war so alt wie Friedrich und Johannes und hatte es geschafft, ein riesiges Publikum in ein altes Lagerhaus zu locken. Die Leute strömten förmlich herbei, um den neuen Stern weiter steigen zu sehen. Friedrich kannte sich zwar damit nicht aus, aber er war sich ziemlich sicher, dass dieser Stern bald verglühen würde. In den schnellen Internet-Zeiten war die Halbwertzeit von sämtlichen Dingen derart kurz geworden... Richtige Kunst hielt sich, aber Grenadier lebte sogar noch! Wurden Maler und so nicht erst dann richtig berühmt, wenn sie tot waren?

Friedrich begab sich wieder zum Eingang des Lagerhauses, schnappte sich einen Stapel Broschüren und setzte sein charmantestes Lächeln auf: „Eine Broschüre? Einen schönen Abend noch“, sagte er routiniert und schob sich durch die Menge. Das Publikum bestand primär aus Hipstern, also dieser Mischung aus Baumfällern und Design-Idioten mit Markenfetisch.

„Broschüre?“, hörte er Johannes genervt fragen. Er schüttelte innerlich den Kopf: Er fand es auch ätzend, was sie hier taten, aber auf der anderen Seite war das jetzt nun mal ihr Job.

Ein älterer Mann schob sich auf ihn zu.

„Guten Abend. Möchten Sie eine Broschüre haben?“, fragte Friedrich.

„Ne Broschüre? Wovon? Dem ganzen Scheiß hier?“

Friedrich war irritiert: Wenn der Mann die Art von Kunst nicht mochte, warum war er dann hier?

„Gib schon her“, sagte der Alte und schnappte sich eine Broschüre. Er blätterte sie durch. Friedrich musterte ihn genauer: Der Mann hatte ein paar graue Haare, die er ordentlich über seine schrumpelige Kopfhaut gekämmt hatte. Seine Augen huschten schnell hin und her, während er die Broschüre durchsah.

„Was halten Sie von dem Zeug?“, wollte der Alte wissen.

„Ich denke, der Künstler hat eine große Zukunft vor sich“, antwortete Friedrich diplomatisch. „Er wird von einigen Experten sehr positiv aufgenommen.“

Der Alte machte mit dem Mund ein Furzgeräusch. Ein paar Leute drehten sich pikiert zu ihnen um.

„Wollen Sie wissen, was ich meine?“, fragte der Alte. „Ich denke, Sie wissen genau, dass das Dreck ist, Friedrich.“

Friedrich starrte ihn an: Woher kannte der seinen Namen? Er trug kein Namensschild. Die Firma stellte Praktikanten keine zur Verfügung. Johannes meinte, weil sie so leichter austauschbar seien.

„Woher kennen Sie meinen Namen?“, fragte Friedrich. „Wer sind Sie?“

„Meine Damen und Herren!“, erscholl eine laute Stimme. „Darf ich Sie bitten, sich zu versammeln? Der Künstler möchte die Ausstellung eröffnen und zuvor ein paar Worte an Sie richten.“ Friedrich war nur einen Moment abgelenkt gewesen und hatte in Richtung Hauptraum geschaut, wo Nauz auf einer Bühne stand und den Anheizer gab - eine seiner vielen Funktionen in der Firma. Nur Praktikanten verarschen würde auf Dauer seinen Gehaltsansprüchen nicht entsprechen. Als Friedrich sich wieder seinem Gesprächspartner zuwandte, war dieser verschwunden.

„Wo...?“, fragte er und sah sich irritiert um. Was sollte das?

Vor ihm tauchte der kahlrasierte Schädel von Johannes auf: Friedrich war sich nicht sicher, wie oft der Kerl in der Woche Gewichte stemmte, aber er würde auf sechs bis sieben Mal die Woche tippen.

„Was suchst du? Komm, wir verpissen uns ne Runde nach draußen. Das Gelaber brauchen wir nicht“, sagte Johannes und zeigte mit dem Kinn in Richtung Ausgang.

„Wo ist der Alte?“, fragte Friedrich.

„Welcher Alte?“ Johannes runzelte die Stirn. „Hast du was getrunken? Ohne mich?“

„Nein“, sagte Friedrich und sah sich weiter um. „Hier war eben so ein alter Kerl. Der kannte meinen Namen. Der war... Der war total komisch.“

„Ich sehe keinen Alten. Nur viele Idioten mit zu viel Geld und Hosenträgern.“

Die Menge applaudierte. Friedrich schaute in Richtung Bühne: Ein junger Mann mit silbern gefärbten Haaren marschierte über die Bühne und nahm Nauz das Mikrofon ab: „Danke!“, sagte er und wandte sich an das Publikum: „Schön, euch alle zu sehen! Soviel Wärme! Das ist wunderbar! Genau das ist es, was ich mit meiner Kunst erreichen möchte: Dass Leute zusammenkommen und einen schönen Abend haben.“

„Klar, Weltfrieden“, brummte Johannes missmutig. „Wenn du willst, dass Leute einen schönen Abend haben, schenk ihnen ne Kiste Bier und ne Flasche Schnaps. Und einen freien Tag nach dem Besäufnis.“

Das Ding mit der Action

Friedrich beobachtete, wie sich die Menge langsam zerstreute: Die Ausstellung war eröffnet und die Jagd begann.

„Ich denke, wir können jetzt etwas entspannen“, sagte Johannes. Er zog sein Handy aus der Tasche und warf einen Blick auf die Uhr: „Die werden jetzt so zwei Stunden hier rumrennen.“

„Ich gucke mal, ob ich den alten Mann finde“, sagte Friedrich, während seine Augen wieder den Raum absuchten.

„Was hast du denn dauernd mit dem Alten?“ Johannes wirkte etwas verärgert. Er wollte etwas entspannen und sich von diesem „Event“ absetzen, während Friedrich offensichtlich darauf aus war, sich durch die Menge zu schieben.

„Keine Ahnung“, sagte dieser. „Er kannte meinen Namen. War ne ganz komische Situation.“

Plötzlich hörten sie einen Schrei: „Hilfe! Jemand muss ihn aufhalten!“

Friedrich und Johannes schauten sich um: Der Schrei musste aus dem Nebenraum kommen! Sie eilten durch die Leute, die entweder verwirrt im Weg standen oder ebenfalls zum Nebenraum wollten. Friedrich war sich allerdings ziemlich sicher, dass sie nicht helfen, sondern nur gucken wollten - oder Handyvideos drehen. Wobei das Wort „drehen“ heute eigentlich auch nicht mehr passte.

Sie schoben sich durch die Menschenmenge und erreichten schließlich ihren Rand: Vor einem Bild befand sich ein kleiner Flecken, wo die Leute sich nicht auf den Füßen standen. Ein Wachmann lag auf einem bulligen Mann und fixierte ihn.

„Lass mich los, du Arschloch!“, schrie der Mann. Neben seiner ausgestreckten Hand lag ein Messer, das er aber nicht erreichen konnte.

„Scheiße“, sagte Joahnnes fassungslos. Dann stieß er Friedrich an: „Guck mal!“ Friedrich folgte Johannes Blick: Das Bild, das hier ausgestellt war, hing in Fetzen an der Wand. Der Mann musste es mit dem Messer zerstört haben, bevor der Wachmann ihn überwältigen konnte.

„Lassen Sie mich durch!“, rief eine panische Stimme.

„Oh nein! Der Künstler eilt zur Leichenschau“, brummte Johannes.

Die Menge teilte sich vor Bruno Grenadier, der zum Schauplatz der Hinrichtung seines Kunstwerkes eilte. Der Angreifer hatte aufgehört sich zu wehren und lag resigniert unter dem Wachmann.

„Was..., was haben Sie getan?“, fragte Grenadier fassungslos, als er das Bild erreicht hatte. Er musterte das Bild kopfschüttelnd. Dann drehte er sich um und wandte sich an das Publikum. Friedrich starrte fassungslos auf das Gesicht des Künstlers: Er...strahlte vor Glück.

„Meine Damen und Herren“, verkündete er. „Ich darf Ihnen mein neuestes Kunstwerk vorstellen, welches ich heute erst fertigstellen konnte.“ Der Wachmann kletterte vom Angreifer herunter. Beide erhoben sich und stellten sich sittsam hinter Grenadier.

„Jeder Künstler verwendet Utensilien, um seine Kunst zu erschaffen: Pinsel, Draht, Leinwand, Stein... Meine beiden Pinsel sehen Sie hier.“ Er zeigte theatralisch auf den Wachmann und den Angreifer.

„Das Kunstwerk, das Sie hier an der Wand sehen, bringt das zum Ausdruck, was wir den Zeitgeist nennen: Die Angst, dass ein Akt der Gewalt jeden Moment über uns hereinbrechen könnte, um uns alle zu vernichten - so wie diese Leinwand! Ich hätte die Leinwand in meinem Atelier zerschneiden können - aber das hätte nicht die rohe Gewalt der Situation beinhaltet, die ich einfangen wollte. Sie alle“, er zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Runde, „sind Zeuge geworden, wie Kunst erschaffen wurde. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“

Das Publikum klatschte Beifall.

„Unfassbar: Der wird so viel Kohle damit verdienen. Dabei ist es kaputt! Kannst du erkennen, was da vorher drauf war?“, fragte Johannes.

Friedrich musterte das total zerfetzte Bild: „Sieht aus wie wilde Farbkleckse. Ich weiß es nicht.“

Die Menge begann sich erneut zu zerstreuen, als ein Mann laut rief: „Schon wieder? Jetzt wird es aber langweilig!“

Friedrich zog Johannes in den Hauptraum, aus dem die Stimme gekommen war. Eine Frau neben ihnen sagte: „Das ist allerdings etwas billig. Wenn so etwas häufiger passiert, wo bleibt dann das Einzigartige in der Kunst?“

Grenadier kam hinzu: „Was...?“, stieß er hervor. „Polizei!“, rief er. Die Menge lachte. Grenadier ging auf die Knie: Vor ihm hing ein leerer Bilderrahmen. In seinem Inneren klebte ein grüner Briefumschlag.

Gespräche

„Also, mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe“, fasste Johannes zusammen, während sie in einem kleinen Büro saßen und einen Kaffee tranken. „Grenadier lässt ein Bild live zerfetzen, kurz nachdem er die Ausstellung eröffnet hat. Während alle Leute seinen total gehaltvollen und nicht irgendwie kommerziell geprägten Ausführungen lauschen, schneidet nebenan ein Unbekannter ein Bild aus dem Rahmen, steckt einen Umschlag in den Rahmen und verschwindet?“

Friedrich nickte: „So sieht es aus. Die Polizei nimmt jetzt alle Namen und so auf. Nauz meinte, wir sollen uns hier noch bereithalten.“

„Was sollen wir denn da machen? Ich meine, wir arbeiten zwar für den Laden, aber uns hat ja noch nicht mal einer von dieser PR-Nummer erzählt. Wobei die schon sehr geil war!“

Friedrich nickte: Die Aktion war genial gewesen - allerdings die des Diebes auch.

Die Tür öffnete sich und Nauz betrat den Raum. Er wirkte vollkommen erschöpft und setzte sich auf einen Stuhl: „Ihr seid dran. Danach könnt ihr gehen.“

„Weiß die Polizei denn schon was?“, fragte Friedrich.

„Ne“, antwortete Nauz. Er war überraschend zahm. Friedrich hatte damit gerechnet, dass er toben und wüten würde - aber das Gegenteil war der Fall. Er wirkte eher kleinlaut.

„Die Polizei geht davon aus, dass es einer aus unserer Firma war“, sagte er.

„Was?“, entfuhr es Johannes. „Warum das denn?“

„Ist doch logisch“, warf Friedrich ein. „Die Firma hat von der Aktion mit dem vermeintlichen Angreifer gewusst, oder?“ Nauz nickte.

„So. Derjenige, der das Bild geklaut hat, wusste, dass sich alle Aufmerksamkeit auf diese Aktion richten würde. Er hatte also genug Zeit. Aus dem Grund kommt aber nur ein kleiner Kreis an Leuten in Frage.“

Nauz nickte erneut: „Richtig. Es wusste nur eine Handvoll Leute Bescheid. Das Ganze ist eine Katastrophe. Wenn sich herausstellt, dass das einer von unseren Leuten war, sind wir geliefert. Eine PR- Firma, die ihre Kunden beklaut?“ Er schüttelte den Kopf. „Scheiße“, schimpfte er.

„Wo müssen wir denn hin?“, fragte Friedrich.

„Den Gang entlang und dann links. Die warten auf euch, könnt sie nicht verfehlen.“

Die Polizei

Das Gespräch fand in einem alten Büro statt, das aus einem massiven Schreibtisch und mehreren Aktenschränken bestand. Vor dem Schreibtisch standen zwei Stühle bereit. Hinter dem Schreibtisch saß ein dicker Polizist in Zivil, der einen billigen Anzug trug und schwitzte.

„Setzen Sie sich“, sagte er neutral. Johannes und Friedrich kamen seiner Aufforderung nach und nahmen Platz.

„Also“, begann der Mann. „Mein Name ist Heribert Dorfler. Ich leite die Untersuchung und versuche, mir gerade ein Bild von der Situation zu machen.“ Friedrich und Johannes nickten stumm.

„Also: Kommen wir erstmal zu den Namen. Sie sind...?“

Johannes antwortete als Erstes: „Ich bin Johannes Greder.“

„Und Sie machen ein Praktikum in der PR-Firma, richtig?“

„Genau.“

„Aha. Und Ihr Name ist...?“

Friedrich versuchte zu lächeln: „Mein Name ist Friedrich Kammers.“

 

Dorfler zog die Augenbrauen zusammen: „Kammers?“, wiederholte er.

„Ja?“

„Mhmmm.“

Dorfler schrieb sich etwas auf - offensichtlich mehr als nur den Nachnamen von Friedrich.

„Haben Sie Verwandte in Köln?“, fragte Dorfler.

„Nein. Doch. Also, ich wohne erst seit Kurzem hier, aber mein Opa wohnt hier. Habe aber soweit nichts mit ihm zu tun.“

„Wie heißt Ihr Opa?“

Friedrich wurde misstrauisch: „Was hat das mit dem Diebstahl zu tun?“

„Bitte, beantworten Sie einfach meine Frage. Wie heißt Ihr Großvater?“

Friedrich war noch immer verwirrt, aber er antwortete: „Bernd Kammers.“

„Mhmmmm. Ich vermute mal, mütterlicherseits?“

„Ja. Hören Sie, ich verstehe nicht, was das alles mit dem Fall zu tun hat.“

Dorfler machte eine wegwerfende Handbewegung. Keine sehr aussagekräftige Erklärung.

„Also: Was haben Sie denn von dem ganzen Verbrechen mitbekommen?“, fragte er stattdessen.

„Naja. Nicht viel“, sagte Johannes. „Wir sind zu dem Bild, das zerschnitten wurde, als da jemand geschrien hat. Dann sind wir zu dem anderen Bild gegangen, als dort geschrien wurde. Im Grunde waren wir immer zu spät.“

„Haben Sie Kontakt zu Ihrem Großvater?“, fragte Dorfler, ohne auf Johannes einzugehen.

„Bitte?“, fragte Friedrich perplex.

„Haben Sie Kontakt zu Ihrem Großvater? Sie sind zwar nur ein einfacher Praktikant, aber ich denke doch, Sie verstehen die Frage inhaltlich, oder?“

„Hey! Das ist...“

„Jaja. Also: Ich warte auf eine Antwort.“

Friedrich dachte nach. Dann sagte er: „Ich denke, die Frage hat absolut keinen Bezug zum vorliegenden Fall. Ich möchte sie daher nicht beantworten.“

Dorfler beugte sich nach vorne. Friedrich konnte sehen, wie sich feine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten: „So, Sie wollen die Frage nicht beantworten. Wird zu Protokoll genommen.“ Er grinste gehässig. „Dann sind Sie fürs Erste entlassen.“

Rückweg I.

Johannes lenkte seinen alten Renault Twingo durch die Kölner Innenstadt.

„Verdammte Scheiße, was war das denn für eine Aktion? Warum pisst du die Bullen an?“

„Ey! Das waren Fragen, die den absolut nichts angingen.“

„Aber das war voll unnötig. Ich meine, hätte es dir wehgetan, ihm eine Antwort zu geben?“

„Nein“, gab Friedrich zu und schaute aus dem Beifahrerfenster. „Aber das ist nicht richtig.“

„Was ist denn mit deinem Opa?“

„Keine Ahnung. Habe nie was von ihm mitbekommen. Hat für irgendeine Firma gearbeitet und war immer unterwegs. Muss aber ziemlich gut verdient haben, denn an Weihnachten und zum Geburtstag haben wir immer Unmengen an Geschenken bekommen. Hat meinen Vater dann aufgeregt.“

„Warum?“

„Er hätte es besser gefunden, wenn er sich persönlich eingebracht hätte. Keine Ahnung, eigentlich ist er mir egal. Deswegen habe ich ihn auch noch nicht besucht, seit ich in Köln bin. Meine Mutter nervt mich immer damit.“

„Vielleicht solltest du da morgen mal vorbeifahren.“

„Mal sehen.“