Verkauft

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Bei der Bar angekommen, zählt Mark ihr sofort sämtliche Erfrischungs- und Koffeingetränke auf. Kim wirft ihre Augen hingegen wieder durch die Halle und beobachtet die Sportler beim Training.

»Ich nehme eine Latte!«, antwortet sie flüchtig und konzentriert sich weiter auf die Menschen, die in Stundenlanger Quälerei ihren Körper in die richtige Form bringen.

»Bist du dir sicher?«, hört sie Mark gehässig lachen. Kim dreht sich zu ihm um und sieht ein schmunzelndes Lächeln auf seinen Lippen. Gespielt genervt verdreht sie die Augen, als sie weiß in welche Richtung er derzeit denkt.

»Ich meine das Zeug zum trinken. Aus einem Glas und so!«

»Ich bin zwar noch recht jung, aber so viel krieg ich auch nicht zustande, dass ich gleich ein ganzes Glas füllen kann!«, lacht Mark gehässig. Schlagartig haut Kim sich eine Hand gegen die Stirn.

»Schon klar, das Koffeingetränk meinst du!«, grinst er listig und bereitet einen Latte Macchiato für sie zu.

»Interesse?« Kim schaut ihn fragend an, als sie die Latte nimmt und einen Schluck trinkt. Er macht nur eine Bewegung in die Halle hinein. Sie blickt dorthin und zuckt mit den Schultern.

»Weiß nicht, was gibt es hier denn alles?«

»Komm mit, ich zeig es dir.« Mark geht um den Tresen herum, nimmt Kim plötzlich an die Hand und zieht sie hinter sich her. Anstatt sauer über diese ungewollte Berührung zu sein, spürt sie, dass sie es doch als angenehm empfindet und belässt ihre Hand in seiner.

Nach fast einer halben Stunde hat Mark ihr sämtliche Angebote gezeigt. Sie ist recht erstaunt über die Auswahl der verschiedenen Trainingsangebote. Als er dann allerdings noch mit einer Sauna und Massageabteilung auftrumpft, ist sie völlig geplättet. So eine Massage nach einem schweren Arbeitstag würde ihr sicherlich gut tun. Dann könnte sie sich mal fallen lassen und ihrem Körper etwas Gutes tun, anstatt ihn immer regelrecht zu misshandeln.

Nach der Besichtigungsrunde, betreten beide ein Büro, in dem Mark sich an einen Schreibtisch setzt und laut ausatmet. Er wirft seine Augen über sämtliche Papiere, was Kim ihm gleich macht und die Nase rümpft.

»Hm lecker, Buchhaltung! Ich hasse das Zeug!«, grinst sie.

»Ich ebenfalls! Aber irgendjemand muss es ja machen!«

»Und wieso machst du das und nicht der Chef? Ist doch eigentlich seine Aufgabe und nicht deine!«

»Doch ist es!«, grinst Mark, legt beide Hände an den Hinterkopf und lehnt sich entspannt zurück.

»Es ist meine Aufgabe, weil ich der Chef bin!« Kim braucht ein paar Sekunden bis der Groschen bei ihr fällt. Erstaunt weitet sie die Augen.

»Das ist dein Studio??«, stottert sie überrascht. Mark nickt.

»Ja!«, klärt er sie auf und dann fällt es Kim wie Schuppen von den Haaren. Sie setzt sich ihm gegenüber und zieht frech eine Augenbraue hoch.

»Deswegen ist es also kein Problem für dich monatlich so viel Geld für Sex auszugeben!?«, stellt sie fest und erntet ein verhaltenes Lächeln von Mark. Anstatt weiter auf dieses Thema einzugehen, läutet er ein anderes ein.

»Und wie geht’s dir? Etwas besser?«, erkundigt er sich nach Kims Wohlbefinden. Kim lächelt ihn geheimnisvoll an, trinkt einen Schluck ihrer mitgenommenen Latte und schaut ihn schelmisch über den Rand des Glases an.

»Was?«, grinst er neugierig.

»Ich war heute bei der Bank, um einen neuen Kredit zu beantragen. Er wurde abgelehnt!«

»Oh, das tut mir leid! Aber wieso hast du dann so gute Laune?«, stellt Mark eine berechtigte Frage. Das Schmunzeln von Kim entgeht ihm keineswegs.

»Hm, ich musste den Direktor nur etwas mit meinem Körper überzeugen und er hat wie ein räudiger Hund den Antrag bewilligt. Tja, nun bin ich um zweihundertfünfzigtausend Dollar reicher!«, gackert sie wie eine Horde Enten. Zuerst zieht Mark überrascht beide Augenbrauen hoch, lacht kurz, wird dann aber ernst.

»War es sehr schlimm?« Kim betrachtet ihn und hat sofort den Mini Tampon vor Augen. Sie hebt eine Hand und deutet mit dem Daumen und Zeigefinger dessen Größe an.

»Im ausgefahrenen Zustand?«, stottert Mark fassungslos und blickt auf den Abstand, den Kim ihm zeigt.

»Ja, ich weiß echt nicht was er da gevögelt hat, aber nicht mich!«, grinst sie bis zu den Ohren. Sie erzählt noch von dem Immobilienmakler, bis sie zum Zustand der Lagerhalle kommt. Als sie erzählt, dass es noch mindestens vier Wochen dauert bis sie die Halle nutzen kann, spürt Mark ihr die Enttäuschung deutlich an.

»Ich muss morgen die Bestellung aufgeben, damit ich die Regale wieder füllen kann, ansonsten laufen mir die Kunden weg! Wo ich allerdings in der Zwischenzeit die Lieferung lagern soll, weiß ich bis jetzt noch nicht! Da wird wahrscheinlich meine Wohnung herhalten müssen!« Kim wandert gedanklich durch ihre eigenen vier Wände und verwirft diese Idee innerlich. Sie würde nie wieder ihre Wohnungstür aufbekommen. Das Bett könnte sie auch nicht mehr nutzen, weil sie keinen Schlupfwinkel finden würde, um dorthin zu gelangen.

»Da fällt mir was ein, komm!«, schießt Mark aus seinem Stuhl, schnappt sich wieder Kims Hand und zerrt sie nach draußen. Vor einer alten verrosteten Tür bleibt er stehen, fummelt mit einem Schlüsselbund herum und schließt auf.

»Rein mit dir!«, lächelt er Kim an. Sie blickt in einen dunklen Raum und ist sich keineswegs sicher, ob sie da wirklich rein will. Mark ist zwar ein echt netter Kerl und ziemlich süß, aber ihre Alarmglocken versuchen sich doch an einem zaghaften Läuten.

»Herrgott, wie kann man nur so ängstlich sein?«, grinst er, schubst Kim mit einem sanften Stups durch die Tür und folgt ihr. Er schaltet eine kleine Lampe an und dann sieht sie eine recht kleine Lagerhalle. Mehr als zweihundert Quadratmeter ist das definitiv nicht.

»Da du ja offensichtlich eine verdammt gute Geschäftsfrau bist…«, unterbricht er ihren Blick durch die leere Halle und grinst bis zu den Ohren.

»unterbreite ich dir ein Angebot, welches du nicht abschlagen kannst. Es ist sehr lukrativ für dich!«

»Ein Angebot?«, wiederholt Kim Stirnrunzelnd.

»Du kannst diese Halle so lange nutzen bis dein Lager fertig ist! Außerdem kannst du bis an dein Lebensende sämtliche Angebote und Programme des Studios nutzen! Gratis!« Mit großen Augen schaut Kim ihn überrascht an, riecht dann aber den faulen Braten. Sie macht einen Schritt an ihn heran, atmet sein After Shave ein und blinzelt ihn funkelnd an.

»Und was erwartest du dafür? Aus Nächstenliebe machst du das ganz sicher nicht!«, feixt sie. Sie weiß, dass Mark sein Angebot mit Bedacht gewählt hat. Er lehnt sich zu ihr und flüstert ihr »Ich krieg von dir einmal im Moment eine Nummer umsonst!« zu. Kim blickt sich flüchtig in der Halle um und ruft sich das Studioprogramm ins Gedächtnis zurück. Sie macht einen Schritt von Mark weg und streckt ihm eine Hand entgegen.

»Abgemacht!«

~~~~~~~~

Schon eine knappe Woche später, erhält Kim ihre Lieferung und steht schwer pustend vor drei Europaletten[1] Bücher. Sie feuert sich mit einem klatschen in beide Hände an, entfernt die Schutzfolie der ersten Palette und beginnt nach und nach die Bücher in die Halle zu schleppen.

Nach fast einer Stunde und mit Armen bis zum Erdkern hängend, hilft Mark ihr und nimmt ihr die andere Hälfte der Paletten ab. Als alles verstaut und mehr schlecht als recht eingelagert ist, gönnen sie sich einen Drink.

Noch bis tief in die Nacht arbeitet Kim weiter, obwohl sie diese Tätigkeit für zwei Kunden unterbrechen muss, bis sie irgendwann ein schwaches »Kim!« hört. Erschrocken reißt sie die Augen auf und schießt vom Boden hoch. Sie blickt mit kleinen Augen hoch und sieht Marks lächelndes Gesicht.

»Glaubst du nicht, dass es für heute reicht? Du solltest mal etwas schlafen! Du siehst nämlich echt beschissen aus!«, grinst er frech.

»Danke für deine Ehrlichkeit und dieses zuvorkommende Kompliment!«, gurrt Kim gähnend und rappelt sich vom Boden hoch. Die letzte Stunde lagen ihre Arme überkreuz auf einem Stapel Bücher, den sie spontan als Kissen umfunktioniert hat.

»Soll ich dich nach Hause bringen?«, fragt Mark besorgt. Er sieht, dass Kim Schwierigkeiten hat ihre Augen zu öffnen. Sie schüttelt allerdings den Kopf und versucht wach zu bleiben. Sie will auf gar keinen Fall, dass irgendeiner ihrer Freier weiß wo sie wohnt. Aber gleich darauf hört sie Mark zurückhaltend lachen. Plötzlich packt er sie und hebt sie hoch.

»Was soll das?«, flucht sie verschlafen. Sie hat jetzt mit Sicherheit keine Lust auf eine Nummer. Ok, danach hat sie eh nie ein Verlangen, aber jetzt muss das echt nicht sein.

»Keine Angst, ich tu dir nichts! Ich kenne da nur ein gutes Mittel gegen die Müdigkeit!«, lächelt er und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn.

»Mach die Augen zu!« Kim blickt ihn mit kleinen Augen misstrauisch an, schließt die Augen aber doch. Im Kopf verfolgt sie den Weg den Mark geht und weiß, dass sie durch das Studio wandern. Dann hört und spürt sie, wie er eine Tür öffnet und eine längere Treppe hinabsteigt. Je weiter er nach unten geht, umso wärmer und stickiger wird es. Kim überkommt ein Anflug von Angst, kämpft allerdings dagegen an. Sie weiß, dass sie Mark vertrauen kann. Trotzdem wird die Luftfeuchtigkeit immer drückender. Und dann noch dieser merkwürdige Geruch. Irgendetwas liegt hier in der Luft, aber was?

»Augen auf!«, flüstert Mark leise. In dem Moment, in dem sie die Lider aufschlägt, lässt er sie plötzlich los. Ein greller Schrei entweicht Kims Kehle, als er sie mit aller Kraft in einen großen Pool schmeißt.

»Du Arsch!«, kreischt sie quiekend und strampelt mit ihren ganzen Klamotten im Wasser herum. Mark lacht wie ein kleiner Junge und springt kurzerhand hinterher. Mit ausgelassener Freude, toben beide in dem erfrischenden Nass, dessen Wirkung keineswegs verfehlt wurde. Kim ist wieder hellwach.

 

»Du bist wirklich ein verdammtes Arschloch!«, giert Kim lachend, als Mark sie irgendwann festhält. Ohne darüber nachzudenken, legt sie ihre Arme um seinen Nacken.

»Und du bist eine wunderschöne und sehr interessante Frau!«, flüstert er und küsst Kim plötzlich. Ohne zu wissen was sie da macht, geht sie auf den Kuss ein, bis seine Worte in ihrem Kopf widerhallen. Erschrocken reißt sie sich von ihm los. Mit einem heftigen Schlag, drückt sie ihn von sich weg und hechtet aus dem Wasser. Wie kann er sowas nur sagen? Was soll der Scheiß? So etwas will sie nicht hören! Nicht von einem Mann und schon gar nicht von einem Freier!

»Kim!«, ruft Mark ihr hinterher, worauf sie aber keineswegs reagiert. Sie rennt in Richtung irgendeiner Tür, bei der sie hofft, dass es die richtige ist, um fliehen zu können.

»Stell dich doch nicht so an! Es war doch nur ein Kompliment!«, lacht Mark. Scheinbar kann er ihre Gedanken hören und ihre Flucht verstehen.

Wütend reißt Kim sich herum und fixiert ihn mit einem tödlichen Blick.

»Ich brauch keine Komplimente von einem Freier!«, zischt sie und rupft die Tür fast aus der Verankerung. Sie rennt durch einen kleinen Korridor und kann Mark hinter sich immer noch lachen hören.

»Aber du magst mich!«, giert er sarkastisch.

[1] Europaletten Produktion – Kinsale, Virgina

Kontaktaufnahme und merkwürdige Kunden

Um kurz nach zwei steht Kim auf, stellt den PC an und macht sich einen Kaffee. Sie kann jetzt eh nicht mehr schlafen! Marks Worte hallen brutal in ihrem Kopf wieder. Sie versuchte diese loszuwerden, weil sie so etwas mit Sicherheit nicht zulassen wird. Es ist schon schlimm genug, dass sie ihren Körper mit diesem Nebenjob misshandelt. Da muss sie nicht auch noch ihren Kopf und ihre Gefühle durcheinander bringen.

Fast von alleine wanderte ihre Hand im Bett irgendwann unter die Decke, verschwand zwischen ihren Beinen und tat diesem Teil ihres Körpers mal wieder was Gutes? Sie macht diesen Job jetzt schon viel zu lange und hat sich bis heute nicht daran gewöhnen können. Wie denn auch? Wie soll man sich an etwas gewöhnen, was einem von Herzen zu wider ist?

Jetzt sitzt sie am Computer und wälzt seit einer Stunde sinnlos durch das Internet, bis sie in der Taskleiste erkennen kann, dass sie in ihrem sozialen Netzwerk eine Nachricht bekommen hat. Nur von wem ist die Frage. All ihre Freunde schlafen um diese Uhrzeit. Etwas was sie eigentlich auch sollte.

Der Mauszeiger wandert in die Taskleiste, vergrößert das Fenster und dann platzt Kim ein »Hää?« heraus, als sie den Namen in dem kleinen Chatfenster liest.

»Was ist das denn für eine Verarsche?«, flucht sie, trinkt einen Schluck Kaffee, vergrößert das kleine Fenster und sieht im selben Augenblick nur noch, wie das im Mund befindliche Getränk plötzlich gegen den Bildschirm klatscht. Wie Regentropfen am Fenster, schleift das dunkle Koffeingetränk langsam die glatte Oberfläche herunter.

-Hallo!-, liest Kim und bemerkt nicht, wie ein paar Tropfen Kaffee an ihrem Kinn herunterlaufen. Fassungslos starrt sie auf den Bildschirm und sieht nur dieses eine Wort von dieser Person.

-Möchtest du nicht antworten?-, erreicht sie irgendwann die nächste Nachricht. Panisch reißt Kim die Augen auf und blickt nach unten rechts. Verdammt, der Chat ist aktiv.

Hektisch und zitternd führt sie die Maus an diese Funktion und verflucht die Technik, weil ihr das viel zu langsam geht. Ihre Finger zittern und beben, während sie den Chat deaktiviert. Als das Netzwerk sie auch noch fragt, ob der Chat für alle deaktiviert werden soll, brüllt sie »JA VERDAMMT!!« und klickt gefühlte zig tausend Mal auf den Button OK. Endlich verschwindet der kleine grüne Punkt und hat sich der Farbe Grau angenommen. Erst jetzt holt sie Luft und schnappt hastig.

-Ok, das war deutlich!-, erreicht eine neue Message im Nachrichtenfeld ihren Verstand. Bewegungslos wie eine Säule, sitzt Kim auf dem Stuhl und starrt auf den Bildschirm. Ihr ganzer Körper beginnt zu zittern. Unerträgliche Hitze steigt in ihr auf. Das ist unmöglich! Das kann gar nicht sein! Das ist doch nur eine verdammte Verarsche!

Wackelig, weil sie dieser dumme Scherz echt mitgenommen hat, steht sie vom Stuhl auf und will in die Küche gehen, als sie sich hektisch umdreht. Mit einem kurzen Klick meldet sie sich vom Netzwerk ab und stellt den PC auf Neustart. Das kann nur ein Witz gewesen sein. Vielleicht ein Virus oder ähnliches. Aber ein Virus schickt ihr keine Nachricht ausgerechnet von dieser Person. Niemals! Oder doch?

Kim weiß es nicht und möchte auch nicht weiter darüber nachdenken. Sie will nur noch einen frischen Kaffee. Genau, eine Tasse frischen Kaffee. Vielleicht verirrt sich da drinnen auch noch eine volle Flasche Schnaps, wer weiß. Das würde ihr im jetzigen Augenblick sicherlich ganz gut tun.

Hibbelig und am ganzen Körper zitternd, krallt sie sich in die Arbeitsplatte und schautt der Kaffeemaschine dabei zu, wie diese ihre Arbeit macht und ihr wenig später eine frische Portion Koffein präsentiert. Als wenn sie die Parkinson Krankheit hätte, wackelt die Kanne in Kims Hand, als sie die Tasse füllt und ins Büro zurückschleift. In der Tür bleibt sie stehen und starrt mit großen Augen auf den Bildschirm. Was erwartet sie was passiert? Es wird nichts passieren. Sie hat das alles nur geträumt. Das kann niemals sein! Irgendjemand verarscht sie von vorne bis hinten. Wahrscheinlich einer ihrer Freier. Genau! Das wird es sein! Irgendein scheiß Kerl hat irgendwie ihren Namen herausbekommen und verarscht sie nun auf ihre Kosten. Schönen Dank auch! Darauf kann sie getrost verzichten!

Wütend stampft Kim an den Computer. Sie wirft sich auf den Stuhl, wischt mit dem Ärmel ihres Shirts notdürftig den Kaffee vom Bildschirm und öffnet das soziale Netzwerk. Kaum hat es sich vollständig aufgebaut, erreicht sie auch gleich eine Nachricht.

-Ich bin noch da!-

»Schön für dich, du Arsch!«, flucht Kim innerlich und tippt ein paar Worte.

-Was soll diese verarsche? Woher hast du meinen Namen?- Als Antwort lächelt ihr ein Smiley entgegen.

»Dir wird das Lachen gleich vergehen!«, schimpft Kim und will den Freier auf der anderen Seite zur Milbe zusammenstauchen, als sie eine Nachricht bekommt. Diese reißt sie vollständig von den Socken.

-Du hast mir vor drei Jahren dein Buch geschickt. Da ich sehr viele Mails erhalte, bin ich erst vor einem halben Jahr dazu gekommen es zu lesen!-. Wieder beginnt Kim wie ein hilfloser Fisch zu japsen. Minutenlang sitzt sie regungslos auf ihrem Sitzfleisch und frisst den Bildschirm mit den Augen auf. Sie fängt sich wieder und schürt erneut die Wut im Bauch.

-Ok, verarschen kann ich mich alleine! Hör auf mich zu belästigen, ansonsten werde ich dich blocken und melden!-, tippt sie rasend vor Wut.

-Du glaubst nicht, dass ich es wirklich bin, nicht wahr?-, lächeln Kim mehrere Smileys an. Nein, mit Sicherheit nicht! Wie könnte sie auch?

-Warte!- Ungewollt wartet Kim einige Momente, bis eine neue Nachricht kommt. Kein Wort, nur ein Bild. Ein Bild, das Kims Kopf ungewollt nach unten rasen und mit der Stirn hart auf den Tisch knallen lässt.

-????-, bekommt sie als Antwort. Unzählige schwachsinnige Buchstaben sind gesendet worden, die kein sinnvolles Wort ergeben. Kim hebt den Kopf, blickt auf den Bildschirm und kann nicht glauben was sie da sieht. Trotzdem tippt sie eben ein paar Worte.

-Entschuldigung! Kopf und Tastatur ergeben keine gute Kombination!- Wieder lächeln sie ein paar Smileys an.

-Glaubst du es jetzt?-

»Nein!«, haucht Kim leise und betrachtet das Bild genauer. Darauf ist eine wunderschöne Frau zu erkennen. Eine bildhübsche Frau, die sich das Bild mit dem Bildschirm eines Computers teilt, auf dem Kim erkennen kann, dass im Chatfenster wirklich sie als Empfänger oder Absender zu erkennen ist.

Steif schreckt sie erneut in dem Stuhl hoch und vergisst zu atmen. Mit einem Satz stolpert sie durch das Schlafzimmer und stürzt ins Wohnzimmer. Im Regal der Anbauwand, rupft sie eine DVD heraus, purzelt an den Computer zurück und vergleicht das Foto mit dem Cover der DVD.

»Das ist unmöglich! Das ist absolut unmöglich!«, haucht sie leise und vergleicht das wunderschöne Gesicht auf dem Bildschirm, mit dem Gesicht auf der DVD. Ihre Augen schweifen über den Namen Mia Brewster. Sie blickt wieder auf den Bildschirm und schüttelt hektisch den Kopf.

»Das kann nicht sein! Nein! Du träumst das alles nur?«, schimpft Kim mit sich und stellt ohne jeglichen weiteren Kommentar den Computer aus. Kaum ist dieser vollständig heruntergefahren, piept ein Handy. Erschrocken fährt sie herum und sieht, dass es ihr privates ist. Erleichtert atmet sie aus, weil sie sich jetzt mit Sicherheit nicht mehr auf den Weg machen wird.

Sie nimmt das Handy, drückt auf die Nachrichtenfunktion des Netzwerkes (da die Nachricht von dort kam) und spuckt den eben getrunkenen Kaffee in die Tasse zurück.

-Auch wenn du deinen Computer ausgemacht hast, ist dein Chat noch aktiv!-. Hustend tippt Kim panisch auf dem Handy herum und deaktiviert nun auch diese Funktion. Aber selbst das reicht ihr nicht. Fast schmeißt sie die Kaffeetasse durch das Zimmer, damit sie beide Hände frei hat und rupft den Akku des Handys heraus. Selbst die SIM Karte muss dran glauben. Auch wenn sie weiß, dass es eigentlich nichts bringt, fühlt sie sich im Moment doch wohler mit dieser sinnlosen Entscheidung.

»Unmöglich! Nein nein nein! Absolut unmöglich!«, flucht sie aufgelöst. Niemals kann das sein! Niemals wird sie von einem Hollywoodstar angeschrieben! Niemals wird sie von der Schauspielerin angeschrieben, von der Kim schon seit über zehn Jahren Fan ist! Niemals wird sie von Mia Brewster angeschrieben! Mia Brewster! Mia Brewster!

Wackelig setzt Kim sich auf die Couch und greift mit zitternden Händen nach der DVD. Sie zieht sie vorsichtig an sich und blickt wieder auf das Cover. Heutzutage geschehen tatsächlich noch Wunder. Aber mit Sicherheit nicht solche!

Eine Ewigkeit hat Kim ihre Augen auf die DVD gerichtet, bis sie blinzelnd zum Player blickt. Kurz entschlossen wirft sie die kleine runde Scheibe in die Technik und schmeißt sich auf die Couch zurück. Benommen folgt sie den Handlungen des Filmes, bis die Szene kommt, die sie damals von den Socken riss. Mit dem Rücken zur Kamera gerichtet, blickt die Schauspielerin Mia Brewster in ihrer Rolle, über die rechte Schulter. Genau wie damals, erschlägt dieser winzige Augenblick Kims Gefühlsleben. Sie spürt wie eine Welle von überschwänglicher Freude über sie zusammenbricht und ein Mount Everest von Liebe alles erschlägt. Mit Schmetterlingen im Bauch, starrt sie auf den Bildschirm und merkt nicht, dass ihre Augen sich irgendwann beschweren, weil ihnen zu wenig Feuchtigkeit zugebracht wird. Von daher reagiert ihr Körper von ganz alleine und bewegt die Lider zu einem zittrigen Flackern.

»NEIN!«, keift Kim plötzlich, springt von der Couch und rupft die DVD aus dem Player. Sie packt die Hülle ins Regal zurück und huscht ins Bett. Sie muss wenigstens noch etwas schlafen. Morgen wird ein anstrengender Tag. Sie muss eine neue Bestellung für die Bücher aufgeben. Alleine daran wird sie schon mehrere Stunden sitzen. Dann muss sie noch los, ein paar Regalteile für das kleine Lager kaufen und sämtliche Firmen abgrasen, denen Aufträge erteilen, die ihr neues Lager auf Vordermann bringen sollen. Und zum Abend hin, muss sie Angelique auch wieder zum arbeiten zwingen. Also genug Stress für Kopf und Körper! Sie muss definitiv noch ein paar Stunden schlafen. Egal was in der letzten Stunde passiert ist. Sie kann sich davon nicht aufhalten lassen.

Ohne jegliche weiteren Gedanken an den Mail Kontakt, den sie bis vorhin noch hatte, schläft Kim sofort ein und wacht vier Stunden später völlig gerädert auf. Super, das kann ja ein toller Tag werden. Sie fühlt sich jetzt ja schon durch den Schlafmangel betrunken und durch den Fleischwolf gedreht. Wie soll sie da nur den Tag überstehen??

~~~~~~~

Über eine Woche erhält Kim jede Nacht Nachrichten von Mia Brewster, die sie aber gekonnt ignoriert. Jedes Mal wenn ihr Handy mitten im Schlaf piept, schreckt sie im Bett hoch. Sie tastet blind nach dem Teil und wischt auf der druckempfindlichen Oberfläche herum. Wenn sie dann wirklich den Namen Mia Brewster liest, setzt ihr Herz vor Freude kurz aus, bis sie die Nachricht ungelesen minimiert. Ok, ganz ungelesen ist keine von ihnen. Denn im kleinen Vorschaufenster, liest sie -Es wäre schön, wenn du antwortest!-; -Ich warte so lange, bis du antwortest!-; -Ich lasse dich nicht in Ruhe!-; -Ich beiße doch nicht!-; -Ich warte!-; -Du wirst mich nicht los!-; -Antworte bitte!-; -Ich werde dich bis zum erbrechen weiter nerven!-

 

Kim muss ungewollt über jede Nachricht schmunzeln, weil die gute Frau wirklich standhaft ist. Sie lässt sich aber trotzdem nicht auf dieses kleine Spiel ein. Schließlich hat sie dem nicht zugestimmt. Das ist einfach ein Level, bei dem sie mit ihrem Leben keineswegs mithalten kann. Also gar nicht darauf einlassen und gleich alles abblocken.

Stattdessen hat Kim voller Freude und Stolz ihren Laden wieder eröffnen können und geht ihrem geliebten Alltag nach. Am recht frühen Abend steht sie aber wieder vor einer Hotelzimmertür. Wie immer atmet sie schwer durch und klopft. Von drinnen kommt kein Geräusch. Die Tür wird geöffnet. Anstatt das Gesichts des Freiers zu sehen, erfassen ihre Augen lediglich das Zimmer. Es ist wie jedes andere eingerichtet und wenn sie stark darüber nachdenkt, kennt sie mit Sicherheit schon jedes einzelne von diesem Hotel. Sie tritt ein, leise wird die Tür hinter ihr verschlossen. Sie dreht sich um dann fällt sie vom Glauben ab. Drei kleine Jungs stehen verstohlen an der Tür und schauen sie kichernd an.

»Was wird das denn?«, fragt Kim scharf. Anstatt eine Antwort zu erhalten, glucksen die drei Jungs herum, bis einer von ihnen einen Schritt auf sie zumacht und ihr plötzlich einen Beutel entgegenhält. Sie blickt darauf und kann erkennen, dass sich dort drin ein paar zerknüllte Scheine befinden und unendlich viel Kleingeld. Verdattert blickt sie die Jungs an, die noch immer schüchtern an der Tür stehen.

»Was das wird, will ich wissen!«, faucht Kim. Der Junge mit dem Geld in der Hand, blickt kurz zu den anderen beiden zurück und dann zu Kim.

»Wir wollen mal eine nackte Frau sehen!«, kichert der Zwerg.

»Bitte was?«, platzt Kim unkontrolliert heraus. Die Jungs fangen alle gleichzeitig zu lachen an, bis der Geldesel sie ernst anschaut.

»Unsere Mamis kennen wir ja, aber wir wollen mal eine richtige Frau nackt sehen!«

»Eine richtige…?!« Weiter kommt Kim mit ihren Gedanken nicht. Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz, oder? Das kann doch nicht deren Ernst sein!

»Wie alt seid ihr?«, fragt sie scharf. Keine Antwort! Sie wiederholt die Frage und glaubt sich zu verhören, als sie erfährt, dass alle drei Jungs erst neun Jahre alt sind.

»Wie verdammt nochmal, kommt ihr auf so eine schwachsinnige Idee?«, schimpft Kim wie eine tadelnde Mutter.

»Wisst ihr überhaupt wie gefährlich das ist? Wie seid ihr überhaupt zu meiner Mail Adresse gekommen? Wissen eure Eltern hiervon?«, überfordert sie die Jungs und sieht ratlose Gesichter.

»Wieso gefährlich?«, stottert einer von ihnen und schaut sie schon fast ängstlich an. Kim macht einen Schritt auf die drei zu und stemmt bestimmend ihre Hände in die Hüfte.

»Was wäre passiert wenn nicht ich gekommen wäre, sondern ein böser Mann? Der hätte euch dann gekidnappt, in ein anderes Land entführt und euch da vielleicht an wildfremde Menschen verkauft!«, überzieht sie die Situation maßlos und tischt den Zwergen die brutale Realität auf. Allen Jungs entgleiten sämtliche Gesichtszüge.

»Wie heißt ihr!«, fragt sie dann aber ruhig und erhält Tom, John und Timothy als Antwort. Schüttelnd legt Kim den Kopf in den Nacken und atmet tief durch. Da machen die Jungs sich solche Arbeit und durchforsten das Internet auf der Suche nach einer Frau, schaffen es wirklich einen Termin mit ihr zu machen, kratzen ihr Taschengeld zusammen und stehen hier nun in diesem Hotelzimmer. Wie sie das überhaupt bekommen haben, ist Kim allerdings auch ein Rätsel. Aber wahrscheinlich haben sie das dann auch über das Internet bestellt und mit einer gutgläubigen Lüge den Schlüssel erhalten. Heutzutage schafft man mit dem World Wide Web aber auch tatsächlich alles. Unglaublich?

»Ok Jungs!«, kämpft Kim mit sich.

»Ich mache euch einen Vorschlag!«. Blitzschnell arbeitet sie ihre Gehirnwindungen durch und hat eine Entscheidung getroffen, mit der sie leben kann.

»Ich werde mich ausziehen, aber nur wenn ihr mir eins hoch und heilig versprecht!« Bestimmend blickt sie die Zwerge an und sieht nur verhaltenes Kopfnicken.

»Versprecht ihr es wirklich?«, fragt sie ernsthaft nach. Zögernd erhält sie von jedem ein schüchternes »Versprochen!«. Kim geht noch einen Schritt auf die Jungs zu und streckt ihnen eine Hand entgegen.

»Versprochen! Hand drauf!«, animiert sie die Jungs auf gutmütige Art ihr Versprechen zu halten. Vorsichtig und zurückhaltend, legen sich nach und nach drei kleine Kinderhände auf ihre, was Kim so nicht glauben kann. Wie weit ist es mit den Kindern heutzutage nur gekommen, dass sie tatsächlich ihr Taschengeld zusammenkratzen, um eine nackte Frau zu sehen??

»Ich ziehe mich aus und ihr versprecht mir, so eine Scheiße wie das hier, nie wieder zu machen?«, wirft sie zu den Jungs. Hektisches Kopfnicken prallt ihr gleich darauf entgegen.

»Ok!«, pustet Kim schwer, dreht sich um und verschwindet im angrenzenden Bad. Während sie nach und nach ihre Kleidung vom Körper pellt, kommt sie keineswegs mit dieser Situation klar. Was ist nur mit den heutigen Kindern passiert? Das kann doch alles nicht wahr sein!

Nach zwei Minuten öffnet sie die Tür einen Spalt und späht zu den Jungs, die noch immer bewegungslos an der Tür stehen.

»Seid ihr soweit?«, fragt sie ernst. Anstatt eine Antwort zu erhalten, sieht sie nur neugierige Blicke. Sie zieht den Kopf aus dem Spalt heraus, holt tief Luft und macht zwei Schritte in das Zimmer hinein. Schweigen! Stille! Es kommt kein einziges Geräusch von den Jungs, als Kim ihnen mehrere Meter entfernt nackt gegenübersteht. Sie fühlt sich unwohl und wie auf dem Präsentierteller. Fehlen nur noch der Apfel im Mund und ein Rosmarinzweig aus dem Arsch ragend. Dann wäre sie bereit für das Festmahl.

»Wow!«, hört sie irgendwann die Jungs synchron hauchen. Verlegen blickt Kim zu ihnen und sieht drei starre Augenpaare, die auf ihren Körper gerichtet sind.

»Das reicht!«, raunt sie und verschwindet mit einem großen Schritt im Bad. Kopfschüttelnd und mit einem leichten Anflug von Übelkeit, zieht sie sich wieder an.

Als sie das Zimmer betritt, reicht ihr einer der Jungs den Beutel mit dem Geld. Sie blickt auf die kleine Kinderhand und kann nicht glauben was hier für ein Film läuft. Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz.

Sie macht einen Schritt auf den Jungen zu und wuschelt ihm liebevoll durch die kurzen blonden Haare.

»Behaltet mal das Geld. Kauft euch Süßigkeiten, ein Videospiel oder was ihr euch sonst so kauft!», lehnt sie die Bezahlung ab. Es wäre eine absolute Unverschämtheit, wenn sie den Zwergen tatsächlich das Geld abknöpfen würde. Schon schlimm genug, dass sie überhaupt auf diese verdammte Geschichte gekommen sind. Trotzdem kommt ihr ein kleiner Gedanke in den Sinn.

»Oder kauft euch von dem Geld ein Buch. Vielleicht könnt ihr damit ja euer Wissen erweitern, anstatt mit solchen blöden Ideen, wie diese hier!«, wirft sie die Angel aus und sieht an den leuchtenden Augen des Jungen vor sich, dass dieser sofort anbeißt.

»Oh, ich lese gerne!«, jauchzt er vergnügt. Mit einem Pluspunkt für sich herausholend, nennt Kim ihm ihren eigenen Laden und verabschiedet sich von den Jungs. Natürlich nicht ohne sich das gegebene Versprechen nochmal bestätigen zu lassen.

Mit einem guten Gewissen verlässt sie die Etage und marschiert am Empfang vorbei wo, wie immer, ein junger Mann sitzt und fleißig ein Telefongespräch führt. Er legt auf und dann kann Kim nur noch »Schon fertig?« von ihm hören. Abrupt bleibt sie stehen und schaut ihn skeptisch an. Der junge Mann lehnt sich locker auf den Tresen und grinst sie schelmisch an.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?