BGB-Schuldrecht Besonderer Teil

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Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete

§ 7 Miete

Inhaltsverzeichnis

I. Begriff und Abgrenzung

II. Geschichte

III. Erscheinungsformen

IV. Vertragsabschluss

V. Pflichten des Vermieters

VI. Pflichten des Mieters

VII. Mängel der Mietsache

VIII. Sicherung des Vermieters

IX. Kauf bricht nicht Miete

X. Mieterhöhung

XI. Beendigung des Mietverhältnisses

Fall 9:

V hatte dem M vor Jahren in seinem Hause eine Wohnung vermietet, in der zuvor der X lange Zeit gewohnt hatte, ohne jemals Schönheitsreparaturen durchzuführen. In dem Formularvertrag war bestimmt, dass M die laufenden Schönheitsreparaturen nach einem dem Vertrag beigefügten Fristenplan durchzuführen hat und dass er sich bei Auszug vor Fälligkeit der einzelnen Schönheitsreparaturen anteilig an den Kosten der zukünftig erforderlich werdenden Schönheitsreparaturen beteiligen muss. Einige Jahre später zog M wieder aus, ohne die nach dem Fristenplan inzwischen fällig gewordenen Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben. V verlangt deshalb jetzt Schadensersatz in Höhe von € 10 000,–, die nach dem Gutachten eines Sachverständigen zur Renovierung der Wohnung erforderlich sind. Mit Recht? Wie ist die Rechtslage, wenn M schon kurze Zeit nach Vertragsabschluss wieder ausgezogen ist? Lösung Rn 91 f

Fall 10:

Frau M hatte 1999 schriftlich von V in dessen Haus einen Laden und eine Wohnung gemietet. 2001 veräußerte V sein Haus an den W. Noch aus der Zeit vor 1999 befand sich in den von der M gemieteten Ladenräumen eine unverschlossene Rauchrohröffnung. Aus ihr ausströmende heiße Gase verursachten 2003 einen Brand, bei dem die Schwester der M, die in dem Laden angestellte S, verletzt und ein Teil des Lagers der M zerstört wurden. Außerdem verbrannten in dem Lager der M Sachen, die ihr ihre Schwester S zum Betrieb des Geschäfts zur Verfügung gestellt hatte. M und S verlangen Schadensersatz von W. Lösung Rn 43, 52, 61

Literatur:

Emmerich, Miete, in: Staudinger-Eckpfeiler des Zivilrechts , 6. Aufl., 2018, Rn O 1 ff (S. 949 ff); Emmerich/Sonnenschein, Miete, 11. Aufl. (2013); V. Emmerich/J. Emmerich/Rolfs, Staudinger, BGB – Mietrecht 1 und 2, 2018.

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › I. Begriff und Abgrenzung

I. Begriff und Abgrenzung

1

Im Anschluss an die Schenkung regelt das BGB in den §§ 535–609 die Gebrauchsüberlassungsverträge, wobei es im Einzelnen zwischen der Miete (§§ 535–580a), der allgemeinen Pacht (§§ 581–584b), der Landpacht (§§ 585–597), der Leihe (§§ 598–606) und dem Sachdarlehen (§§ 607–609) unterscheidet. Die übrigen Darlehensverträge haben dagegen jetzt als neuer dritter Titel ihren Platz zwischen den Teilzeit-Wohnrechteverträgen und der Schenkung in den §§ 488–515 gefunden. Dies ändert indessen nichts an der sachlichen Zugehörigkeit auch der Darlehensverträge in all ihren Erscheinungsformen zu den Gebrauchsüberlassungsverträgen, sodass sie in diesem Buch weiter im Zusammenhang mit den Gebrauchsüberlassungsverträgen (kurz) behandelt werden sollen (s. u. § 8 Rn 18 ff). Von den Veräußerungsverträgen unterscheiden sich die Gebrauchsüberlassungsverträge vor allem dadurch, dass sie nicht auf die endgültige Übertragung eines Gegenstandes von einer Person auf eine andere, sondern auf die bloße vorübergehende, d. h. zeitlich begrenzte Überlassung des Gebrauchs eines Gegenstandes an eine andere Person gerichtet sind (s. schon o. § 1 Rn 3). Im Übrigen muss man unterscheiden:

2

Verträge, die die unentgeltliche vorübergehende Nutzung von Sachen und Rechten zum Gegenstand haben, sind grundsätzlich Leihe (s. § 598), nicht etwa Schenkung, weil die Schenkung zu den Veräußerungsverträgen gehört (s. o. § 5 Rn 51 ff). Entgeltliche Verträge dieser Art können dagegen (nur) entweder Miete oder Pacht sein.

3

Das Gesetz behandelt Miete und Pacht im Wesentlichen gleich (§ 581 Abs. 2). In der Tat sind die Unterschiede zwischen beiden gering. Sie betreffen vor allem den Gegenstand des Vertrages sowie die Befugnisse des Sachleistungsgläubigers, des Mieters oder Pächters. Gegenstand eines Mietvertrages können allein bewegliche und unbewegliche Sachen, Sachteile und Sachgesamtheiten sein, während Rechte nur Gegenstand von Pachtverträgen sein können (vgl § 535 gegenüber § 581 Abs. 1). Verträge über die entgeltliche vorübergehende Nutzung fremder Rechte sind daher immer Pachtverträge. Das bekannteste Beispiel sind Lizenzverträge. Bei Verträgen über die Überlassung des Gebrauchs von Sachen kommt es für die Abgrenzung dagegen darauf an, welche Befugnisse der Sachleistungsgläubiger haben soll. Miete liegt vor, wenn dem Sachleistungsgläubiger nur der vorübergehende Gebrauch gestattet ist (§ 535 Abs. 1), während es sich um Pacht handelt, wenn der Gläubiger zusätzlich zur Fruchtziehung berechtigt ist (§ 581 Abs. 1).

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › II. Geschichte

II. Geschichte

4

Die soziale und wirtschaftliche Bedeutung der Miete kann man kaum überschätzen. In besonderem Maße gilt dies für die Wohnraummiete, da nach wie vor mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung „zur Miete“ wohnt. Dies hatte zunächst nach 1917 und dann wieder seit 1936 zu einer Fülle gesetzgeberischer Interventionen zugunsten der Wohnraummieter geführt. Die Folge war ein zuletzt selbst für den Fachmann nur noch schwer durchschaubares Mieterschutzrecht, dessen Kern in einem umfassenden Kündigungsschutz auf Grund des Mieterschutzgesetzes von 1942 (MSchG), einer hoheitlichen Erfassung und Verteilung des gesamten Wohnraums sowie einem generellen Mietpreisstopp auf Grund der Preisstoppverordnung von 1936 bestand.

5

Dieses Notrecht ist in den Jahren nach 1960 zunächst Schritt für Schritt aufgrund des sogenannten Lücke-Plans wieder abgebaut worden. An seine Stelle trat das neue soziale Mietrecht, das durch eine deutliche Verstärkung der Position des Mieters gegenüber dem früheren Rechtszustand gekennzeichnet ist.

6

Die damit verbundene, partielle Freigabe des Wohnungsmarktes führte indessen nach 1960 in einzelnen Gebieten zu erheblichen Mietpreissteigerungen. Der Gesetzgeber entschloss sich deshalb, den Mieterschutz in neuem Gewande ab 1971 wieder einzuführen. In den Folgejahren wurde der Mieterschutz ständig weiter ausgebaut, sodass die Rechtslage zuletzt (wieder einmal) heillos verworren war. Der Gesetzgeber hat deshalb durch das sogenannte Mietrechtsreformgesetz von 2001[1] die ganze Materie neu geregelt, wobei zugleich das wichtigste frühere Nebengesetz, das Miethöheregelungsgesetz (MHRG) von 1974, in das BGB eingearbeitet wurde.

 

7

Auch in der Folgezeit kam das Mietrecht nicht zur Ruhe, sondern wurde ständig weiter vor allem unter Mieterschutzgesichtspunkten geändert. Hervorzuheben ist aus jüngster Zeit insbesondere das Mietrechtsnovellierungsgesetz von 2015, durch das die so genannte Mietpreisbremse in Gestalt der §§ 556d bis 556g eingeführt wurde, um den Mietanstieg bei dem Abschluss neuer Mietverträge in bestimmten Gebieten zu begrenzen. Der Erfolg dieser „Reform“ war freilich denkbar gering (s. im Einzelnen u. Rn 72).

8

Im Mittelpunkt der gesetzlichen Regelung steht heute betont die Wohnraummiete (§§ 549 ff), während die anderen Mietverhältnisse einschließlich der praktisch besonders bedeutsamen Geschäftsraummiete nur noch anhangsweise in den §§ 578 ff geregelt sind, in großem Umfang freilich durch partielle Verweisung auf die Vorschriften über die Wohnraummiete. Vorausgeschickt ist in den §§ 535 bis 548 eine Reihe von Vorschriften, die für sämtliche Mietverhältnisse gleichermaßen gelten.

9

Das BGB behandelt den Mietvertrag, wie aus seiner Stellung im achten Abschnitt des Zweiten Buches des BGB folgt, als gegenseitigen schuldrechtlichen Vertrag iS der §§ 320 ff, sodass es sich bei der Miete nicht um ein dingliches, sondern lediglich um ein bloßes obligatorisches Nutzungsrecht handelt. Dies hat das BVerfG indessen nicht daran gehindert, das Besitzrecht des Wohnraummieters mit Rücksicht auf den heutigen umfassenden Mieterschutz als „Eigentum“ im Sinne des Art. 14 GG zu apostrophieren[2]. Gleichwohl bleibt es dabei, dass die Vermietung eines Grundstücks keine Verfügung über das Grundstück, sondern eben nur den Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages darstellt, – woraus sich gerade die Notwendigkeit eines besonderen Bestandschutzes für den Mieter ergibt (s. insbesondere § 566 und dazu u. Rn 59 ff).

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › III. Erscheinungsformen

III. Erscheinungsformen

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Die §§ 535, 549 und 578 f zeigen, dass man zwischen der Miete beweglicher und unbeweglicher Sachen und innerhalb der Letzteren zwischen der reinen Grundstücksmiete, der Wohnraummiete und der sonstigen Raummiete zu unterscheiden hat. Die Abgrenzung zwischen der Wohnraummiete und der sonstigen Raummiete, häufig auch gewerbliche oder Geschäftsraummiete genannt, richtet sich allein nach dem von den Parteien verfolgten Zweck. Wohnraummiete ist nur anzunehmen, wenn zum privaten Aufenthalt von Menschen geeignete Räume gerade für diesen Zweck vermietet werden[3]. Deshalb handelt es sich z. B. um Geschäftsraummiete und nicht etwa um Wohnraummiete, wenn die Anmietung von Wohnräumen zum Zweck deren Weitervermietung, etwa an die Mitarbeiter des Mieters, geschieht (vgl § 565 Abs. 1)[4].

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Schwierigkeiten bereitet die Grenzziehung vor allem bei Mischmietverhältnissen. Man versteht darunter die gleichzeitige Vermietung von Wohnräumen und gewerblich genutzten Räumen, z. B. einer Gastwirtschaft oder einer Praxis mit Wohnung. In solchen Fällen kommt es darauf an, worauf nach dem Willen der Parteien das Schwergewicht liegen soll. In Zweifelsfällen, wenn sich nicht eindeutig das Überwiegen des gewerblichen Nutzungszwecks feststellen lässt, ist zum Schutze des Mieters einheitlich für den gesamten Vertrag von der Anwendung des Wohnraummietrechts auszugehen.[5].

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › IV. Vertragsabschluss

IV. Vertragsabschluss

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Für den Abschluss von Mietverträgen gelten keine Besonderheiten. Der Vertrag ist zustande gekommen, sobald sich die Parteien über den Gegenstand und die Dauer des Vertrages sowie über die Höhe der Miete geeinigt haben[6]. Wenn nichts anderes vereinbart ist, umfasst die Miete – als sogenannte Bruttomiete – auch die Betriebskosten (s. § 535 Abs. 1 S. 3). Deshalb ist eine besondere Vereinbarung erforderlich, wenn über die Betriebskosten gesondert abgerechnet werden soll (vgl §§ 556 ff, 560). Anders verhält es sich insoweit lediglich bei der Raummiete mit den Heizungskosten nach der Heizkostenverordnung, – wodurch indessen die Parteien, solange sie sich nur einig sind, nicht an der weiteren Vereinbarung einer Bruttomiete auch insoweit gehindert werden (s. Rn 21). Für die Höhe der Miete bestehen Schranken grundsätzlich allein aufgrund des Wucherverbots des § 138 BGB sowie bei der Wohnraummiete zusätzlich aufgrund der beiden speziellen Wucherverbote des § 5 WiStG und des § 291 StGB. Bei der Wohnraummiete sind außerdem in bestimmten Gebieten bei dem Abschluss neuer Mietverträge die Mietpreisbremse (§§ 556g ff und dazu schon o. Rn 7) sowie generell bei Mieterhöhungen die §§ 558 ff zu beachten (u. Rn 63 ff).

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Für Mietverträge besteht grundsätzlich kein Formzwang. Eine (wichtige) Ausnahme gilt jedoch für Grundstücksmietverträge einschließlich der Wohnraummietverträge, für die die §§ 550 und 578 Abs. 1 Schriftform (§ 126) vorschreiben, sofern sie für eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen werden[7]. Dadurch soll es dem nach § 566 in den Mietvertrag eintretenden Grundstückserwerber (s. u. Rn 59 ff) ermöglicht werden, sich zuverlässig über den Umfang der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zu unterrichten[8]. Für die Einhaltung der Schriftform ist nach § 126 Abs. 1 erforderlich, dass alle Vertragsparteien die Urkunde unterzeichnen. Wird für eine Partei ein Vertreter tätig, unterschreibt z. B. ein Ehegatte den Vertrag zugleich für den anderen, so muss in der Urkunde auch die Vertretung offen gelegt werden, weil andernfalls nicht klar ist, wer Vertragspartei ist (§ 164 Abs. 1 S. 2)[9]. Das ist besonders wichtig, wenn auf einer oder auf beiden Seiten des Vertrages Gesellschaften stehen.

14

Das Schriftformerfordernis umfasst sämtliche Abreden der Parteien, aus denen sich nach ihrem Willen der Vertrag zusammensetzen soll, einschließlich etwaiger Nebenabreden. Dasselbe gilt für spätere Änderungen des Vertrages sowie für den Eintritt eines neuen Mieters[10]. In der Praxis werden diese strengen Anforderungen an die Einhaltung der erforderlichen Form aufgrund der §§ 550 und 126 häufig übersehen – mit fatalen Folgen für die Parteien, da ein Verstoß gegen § 550 – abweichend von § 125 – zwar nicht die Nichtigkeit des Vertrages, wohl aber den Wegfall der Abrede über die Vertragsdauer nach sich zieht, sodass der Mietvertrag fortan als für unbestimmte Zeit geschlossen gilt (§ 550 S. 1) und (frühestens) zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Grundstücks an den Mieter ordentlich gekündigt werden kann (§ 550 S. 2). Der Schriftformerfordernis ist zwingendes Recht und kann daher vertraglich, insbesondere durch AGB, nicht eingeschränkt werden.[11]

15

Wenn mehrere Personen gemeinsam eine Wohnung mieten, bilden die Mieter i. Zw. eine BGB-Gesellschaft, sodass sie für die Miete als Gesamtschuldner haften[12]. Der Vertrag wird dann grundsätzlich als eine Einheit angesehen, sodass der Vermieter den Mietern nur gemeinsam kündigen kann und die Mieter gleichfalls nicht jeder für sich, sondern lediglich zusammen in der Lage sind, eine Kündigung auszusprechen. Daraus ergeben sich in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten, wenn nur einzelne Mieter, nicht alle kündigen wollen. Nach h.M. sind dann die §§ 730 ff entsprechend anwendbar, so dass der oder die auszugswilligen Mieter gegen die anderen auf Auseinandersetzung durch Kündigung des Mietvertrages klagen müssen[13]. Das ist natürlich sehr kompliziert, weshalb die Rechtsprechung hier auf Grund des § 242 nach Auswegen sucht, durch die den Beteiligten die Rechtslage vereinfacht werden kann. Im Ergebnis vergleichbar ist schließlich noch die Rechtslage bei Miete einer Wohnung durch Eheleute gemeinsam.

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › V. Pflichten des Vermieters

V. Pflichten des Vermieters

1. Überlassungspflicht

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Den Vermieter treffen nach § 535 Abs. 1 S. 2 zwei Hauptleistungspflichten, für die sich die Bezeichnungen Überlassungs- und Erhaltungspflicht eingebürgert haben. Der Mieter hat danach gegen den Vermieter als erstes einen Anspruch auf Überlassung der Sache in mangelfreiem Zustand (§ 535 Abs. 1 S. 2; zur Erhaltungspflicht des Vermieters s. u. Rn 17). Dies bedeutet für den Regelfall, aber nicht notwendig, dass ihm die Sache zu unmittelbarem Besitz zu übergeben ist[14] und dass etwa vorhandene Mängel vorher vom Vermieter beseitigt werden müssen. Kommt der Vermieter diesen Pflichten nicht nach, so hat der Mieter den Erfüllungsanspruch; außerdem kann er nach den §§ 320 ff vorgehen. Ist der Vermieter zur Erfüllung der Überlassungspflicht nicht im Stande, etwa, weil die vermieteten Räume nicht rechtzeitig fertig geworden sind oder weil die Vormieter nicht geräumt haben, so entfällt der Erfüllungsanspruch des Mieters nach § 275. Die weiteren Rechte des Mieters hängen dann davon ab, ob es sich um einen Fall (anfänglicher oder nachträglicher) Unmöglichkeit oder um einen Fall bloßen Verzugs handelt (§§ 275, 280 ff, 283, 286, 311a). Die Abgrenzung richtet sich in erster Linie danach, ob die infolge der Verzögerung der Übergabe verlorene Zeit noch nachgeholt werden kann (dann Verzug) oder nicht. Häufig ist eine Nachholung nicht möglich, so dass darin ausnahmsweise bereits die bloße Verzögerung der Übergabe zur Teilunmöglichkeit des Vertrages führt (sogenanntes absolutes Fixgeschäft)[15]. Es wird sich in diesem Fall meistens um einen Fall anfänglichen Unvermögens handeln, so dass sich die Haftung des Vermieters in erster Linie nach § 311a Abs. 2 richtet. Nur wenn das Unvermögen des Vermieters in vorgehenden Rechten Dritter seinen Grund hat, greift stattdessen die Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Rechtsmängel aufgrund der §§ 536 Abs. 3 und 536a Abs. 1 ein. Ein praktisch bedeutsamer Fall ist die mehrfache Vermietung derselben Sache (so genannte Doppelmiete).

 

2. Erhaltungspflicht

17

Die zweite für die Miete kennzeichnende Hauptleistungspflicht des Vermieters ist die sogenannte Erhaltungspflicht (§ 535 Abs. 1 S. 2). Ihr Kern besteht in der Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache während der gesamten Vertragsdauer in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Ihre wichtigsten Erscheinungsformen sind die Instandhaltungs- und die Instandsetzungspflicht des Vermieters, wozu alle Maßnahmen gehören, die erforderlich sind, um etwaigen Mängeln der Mietsache vorzubeugen und, wenn solche doch auftreten, die Mängel wieder zu beseitigen. Weitere Ausprägungen der Erhaltungspflicht des Vermieters sind die Verkehrssicherungs- und die Prüfungspflicht des Vermieters. Teil der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters ist unter anderem die Beleuchtung und Reinigung der Flure und Treppen, während die Prüfungspflicht des Vermieters spätestens akut wird, wenn sich Unregelmäßigkeiten abzeichnen oder Gefahren drohen. Teil der allgemeinen Erhaltungspflicht des Vermieters ist ferner dessen Pflicht Störungen des Mieters im vertragsgemäßen Gebrauch zu unterlassen. Außerdem trifft ihn die Pflicht, von Dritten ausgehende Störungen wie z. B. übermäßigen Lärm der Mitmieter oder der Nachbarn abzuwehren[16].

17a

Kommt der Vermieter diesen Verpflichtungen nicht nach, so hat der Mieter den Erfüllungsanspruch (§ 535 Abs. 1) sowie bei Leistungsstörungen die Rechte aus den §§ 280 ff und §§ 320 ff. Befindet sich der Vermieter mit der Beseitigung der Mängel in Verzug, so kann der Mieter außerdem die Mängel selbst beseitigen und Ersatz seiner Aufwendungen vom Vermieter verlangen (§ 536a Abs. 2 Nr 1). Insbesondere die Instandsetzungspflicht des Vermieters stellt außerdem eine so genannte Dauerverpflichtung dar, so dass der Anspruch des Mieters auf Beseitigung von Mängeln während des Laufs des Vertrags auch nicht verjähren kann.[17]

3. Vertragsgemäßer Gebrauch

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Der Umfang, in dem der Mieter die gemietete Sache tatsächlich gebrauchen darf, wird allgemein als vertragsgemäßer Gebrauch bezeichnet (s. § 535 Abs. 1 S. 2). Der Umfang dieses Gebrauchsrechts richtet sich nach dem Mietvertrag in Verbindung mit der Verkehrssitte sowie nach Art und Lage des Mietobjekts (§§ 133, 157, 242, 311, 535). Dies gilt insbesondere für den Wohnstandard, den der Mieter konkret verlangen kann. Maßgebend sind neben den Abreden der Parteien in erster Linie die Umstände des Einzelfalls und Treu und Glauben, so dass z. B. der Mieter einer Altbauwohnung in der Regel nicht denselben Ausstattungsstandard wie bei einer modernen Wohnung verlangen kann; unberührt bleibt aber sein Anspruch auf einen Mindeststandard, der ein zeitgemäßes Wohnen überhaupt erst ermöglicht[18]. Dazu gehört insbesondere, dass in jeder Wohnung die nötigen Anschlüsse für Gas, Wasser und Strom vorhanden sein müssen, die dem Mieter erst die Nutzung moderner Haushaltsgeräte sowie die Aufstellung von Rundfunk- und Fernsehgeräten erlauben.[19]

18a

Bei der Wohnraummiete gehören zum vertragsgemäßen Gebrauch außerdem etwa noch die Aufnahme der nächsten Angehörigen in die Wohnung im Gegensatz zu der auf eine gewisse Dauer angelegten Aufnahme anderer Personen einschließlich sogenannter Lebensgefährten, die unter § 540 fällt[20], die Benutzung von Kellern und Böden, Fluren, Treppen und Eingängen[21], die Aufstellung von Rundfunk- und Fernsehgeräten, ferner der Anschluss an eines der verschiedenen Kabelnetze oder die Aufstellung einer Parabolantenne, sofern noch kein vergleichbarer Breitbandkabelanschluss besteht und vorausgesetzt, dass dem Vermieter dadurch keine Belastung mit zusätzlichen Kosten droht[22], sowie schließlich die Musikausübung in normalem Rahmen. Dagegen überschreitet der Mieter die Grenzen des ihm erlaubten Gebrauchs, wenn er durch übermäßigen Lärm Mitmieter und Dritte stört, wenn er die vermietete Sache beschädigt[23] oder sonst gefährdet (s. § 538, 543 Abs. 2 Nr 2) oder wenn er sie ohne Erlaubnis des Vermieters weitervermietet (§ 540; s. u. Rn 21 ff). Unzulässig ist schließlich auch die Haltung großer Tiere in der Wohnung[24], während es bei der Haltung von Hunden und Katzen in einer Wohnung nach Meinung des BGH auf eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall ankommt,[25] – ein besonders bemerkenswerter Beitrag des BGH zur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Mietrecht.