BGB-Schuldrecht Besonderer Teil

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2. Mietsicherheiten

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Nach § 566a S. 1 tritt der Erwerber des vermieteten Grundstücks, wenn der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen Sicherheit geleistet hat, auch in die dadurch begründeten Rechte und Pflichten ein. Mit Übergang des Eigentums an dem vermieteten Grundstück gehen folglich die Rechte aus der vom Mieter bereits geleisteten Sicherheit kraft Gesetzes auf den Erwerber über; zum Ausgleich treffen ihn fortan auch die durch die Sicherheitsleistung begründeten Pflichten. Hilfsweise haftet zum Schutz des Mieters auch der Vermieter und Veräußerer für die Rückgewähr der Sicherheit (§ 566a S. 2).

3. Vorausverfügungen

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Die Regelung des § 566 ist für den Erwerber besonders gefährlich, wenn der Veräußerer und frühere Vermieter noch vor Übergang des Eigentums bereits über die Miete für die spätere Zeit (nach Übergang des Eigentums im Voraus) verfügt hatte. Deshalb hat das Gesetz in den §§ 566b bis 566d der Wirksamkeit von Vorausverfügungen des Vermieters über die Miete ebenso wie der Wirkung etwaiger Vorausleistungen des Mieters enge Grenzen gezogen. Der Erwerber soll nicht verpflichtet sein, dem Mieter den Gebrauch der Sache zu belassen (§§ 535, 566), ohne wenigstens die Miete für diese Zeit verlangen zu können. Die Kehrseite dieses Erwerberschutzes sind freilich entsprechende Gefahren für den Mieter im Falle von Vorausverfügungen; denn er läuft gegebenenfalls Gefahr, die Miete doppelt zahlen zu müssen[94].

4. Belastungen des Grundstücks

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Die §§ 566 ff sind entsprechend anwendbar bei einer nachträglichen Belastung des Grundstücks durch den Vermieter mit einem dinglichen Recht, sofern durch die Ausübung dieses Rechts dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch entzogen wird (§ 567 S. 1). Hierunter fällt vor allem die Belastung des Grundstücks mit einem Nießbrauch (§ 1030), mit einem Erbbaurecht (§ 1 ErbbVO) oder einem Wohnungsrecht (§ 1093)[95].

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › X. Mieterhöhung

X. Mieterhöhung
1. Vergleichsmietensystem

a) Überblick

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Wenn der Vermieter die Miete erhöhen will, bedarf er dazu, weil es sich um eine Vertragsänderung handelt, grundsätzlich der Zustimmung des Mieters (§§ 311 Abs. 1, 557 Abs. 1), sofern die Parteien nicht ausnahmsweise etwas anderes vereinbart haben, z. B. in Gestalt einer Staffel- oder Indexmiete (§§ 557a, 557b)[96]. Von solchen Ausnahmefällen abgesehen, bleibt dem Vermieter jedoch, wenn der Mieter der gewünschten Mieterhöhung nicht zustimmt, an sich nichts anderes übrig, als den Mietvertrag unter der (zulässigen) Potestativbedingung zu kündigen, dass der Mieter in die gewünschte Mieterhöhung nicht einwilligt (sog. Änderungskündigung). Willigt der Mieter dagegen ein, so bleibt es bei dem Mietvertrag, freilich zu geänderten Konditionen.

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Diese Vorgehensweise ist bei der Geschäftsraummiete nach wie vor üblich und zulässig. Bei der Wohnraummiete ist dagegen heute durch § 573 Abs. 1 S. 2 eine Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ausgeschlossen (§ 134). Weil damit indessen kein Mietpreisstopp (wie nach 1936) bezweckt war, sind an die Stelle der herkömmlichen Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung nach 1971 verschiedene verwickelte Verfahren getreten, die dem Vermieter unter bestimmten, minutiös geregelten (ständig verschärften) Voraussetzungen doch eine Mieterhöhung gestatten. Kern der Materie ist die verwickelte Regelung der §§ 558 bis 558e, die dem Vermieter in einem Abstand von 15 Monaten einen Anspruch auf Anpassung der Miete an die jeweilige ortsübliche Vergleichsmiete gewähren (s. u. Rn 66 ff). Außerdem gestatten die §§ 559 ff und 560 dem Vermieter unter weiteren Voraussetzungen eine einseitige Mieterhöhung im Falle von Modernisierungsmaßnahmen sowie eine Anpassung von Betriebskostenpauschalen, immer vorausgesetzt, dass nicht die Parteien solche Mieterhöhungen durch Vereinbarung nach § 557 Abs. 3 ausgeschlossen haben (s. u. Rn 73 ff). Zu beachten bleibt, dass einverständliche Mieterhöhungen der Parteien – innerhalb der gesetzlichen Grenzen (s. insbesondere § 138 und § 5 WiStG) – immer möglich sind (§ 557 Abs. 1).

b) Voraussetzungen

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Nach § 558 Abs. 1 S. 1 kann der Vermieter die Zustimmung des Mieters zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, sofern die Miete in dem Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, d. h. bei Fälligkeit der erhöhten Miete nach § 558b Abs. 1, seit fünfzehn Monaten unverändert ist (so genannte Wartefrist). Ob der vom Vermieter geltend gemachte Anspruch berechtigt ist, beurteilt sich nach einem Vergleich zweier Größen, der im Vertrag vereinbarten sogenannten Ausgangsmiete und der ortsüblichen Vergleichsmiete (als Zielgröße) (u. Rn 66). Die Differenz bildet den Erhöhungsbetrag, vorausgesetzt, dass er nicht die sogenannte Kappungsgrenze überschreitet (u. Rn 67).

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Ausgangsmiete ist die von den Parteien tatsächlich vereinbarte Miete. Den Vergleichsmaßstab bildet die ortsübliche Vergleichsmiete. Man versteht darunter nach § 558 Abs. 2 die üblichen Entgelte, die in der fraglichen Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 wegen Steigerung der Betriebskosten abgesehen, geändert wurden. Bei der Vergleichsmiete handelt es sich mithin, nota bene, nicht um die aktuelle Marktmiete, sondern um einen Durchschnittswert, ermittelt anhand der Mieten für einen repräsentativen Querschnitt von (nur) nach Wohnwertmerkmalen vergleichbaren Wohnungen in der fraglichen Gemeinde oder in vergleichbaren Nachbargemeinden aus den letzten vier Jahren[97]. Zur Ermittlung der Vergleichsmiete greifen die Gerichte, wo immer möglich, auf Mietspiegel der Gemeinden zurück (s. §§ 558c und 558d und dazu u. Rn 70 f). Bei deren Anwendung ist jedoch zu beachten, dass Mietspiegel in aller Regel nur unterschiedlich große Spannen ausweisen, innerhalb derer sich die Vergleichsmiete am Markt bewegt. In diesen Fällen muss anhand weiterer konkreter Merkmale der betreffenden Wohnung die so genannte Einzelvergleichsmiete innerhalb der Spanne als Maßstab für das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters ermittelt werden[98]. Auch diese Einzelvergleichsmiete weist in der Regel noch eine gewisse Bandbreite auf, worunter man die Schwerpunktmiete für ungefähr 60 % der vergleichbaren Wohnungen versteht[99].

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Zweite Voraussetzungen für den Anspruch des Vermieters auf Erhöhung der Miete ist die Beachtung der Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 und 4, die innerhalb von drei Jahren grundsätzlich nur eine Mieterhöhung von 20% oder (in Gemeinden, die durch besonders hohe Mietpreissteigerungen gekennzeichnet sind) 15 % der Ausgangsmiete gestattet, ganz gleich, wie hoch im Übrigen die ortsübliche Vergleichsmiete auch sein mag.[100] Eine weitere Kürzung ergibt sich, wenn der Vermieter Drittmittel im Sinne des § 559a erhalten hat, die mittelbar durch eine Begrenzung der Mieterhöhung gemäß § 558 Abs. 5 dann auch dem Mieter zugute kommen sollen.

 

c) Verfahren

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Unter den genannten Voraussetzungen (o. Rn 66 f) hat der Vermieter gegen den Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Änderung des Mietvertrages durch Erhöhung der vereinbarten Miete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 1). Stimmt der Mieter wie in der großen Mehrzahl der Fälle freiwillig zu, so kommt es zu der gewünschten Vertragsänderung (§§ 311 Abs. 1, 557 Abs. 1). Die Zustimmung ist ohne weiteres auch konkludent möglich, z. B. dadurch, dass der Mieter einfach die vom Vermieter geforderte erhöhte Miete zahlt (§§ 133, 157, 311 Abs. 1 und 577 Abs. 1).[101] Für die Fälligkeit der erhöhten Miete gilt dann § 558b Abs. 1, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Nur wenn der Mieter nicht zustimmt, muss der Vermieter das komplizierte Mieterhöhungsverfahren nach den §§ 558a ff durchführen, wenn er seinen Anspruch auf Zustimmung des Mieters zu der Mieterhöhung gerichtlich durchsetzen will. Hervorzuheben ist, dass nach § 558a Abs. 1 das Mieterhöhungsverlangen, der Sache nach nichts anderes als ein formalisierter Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrages (§ 145), in Textform (§ 126b) entsprechend § 558a Abs. 2 bis 4 zu begründen ist. Zweck dieser Begründung ist es, dem Mieter eine erste grobe Nachprüfung des Erhöhungsverlangens darauf hin zu ermöglichen, ob es sachlich gerechtfertigt und nicht geradezu willkürlich ist (§ 558a)[102]. Die wichtigsten Begründungsmittel sind nach § 558a Abs. 2 Nrn 1 bis 4 die Bezugnahme auf einen Mietspiegel (u. Rn 69), die Beifügung eines Sachverständigengutachtens oder der Hinweis auf mindestens drei Vergleichswohnungen:

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Mietspiegel sind Übersichten über die ortsübliche Vergleichsmiete, die entweder von der Gemeinde oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden sind (§ 558c Abs. 1). Im Einzelnen hat man nach den §§ 558c und 558d einfache und qualifizierte Mietspiegel zu unterscheiden. Die qualifizierten Mietspiegel unterscheiden sich von den einfachen Mietspiegeln dadurch, dass sie nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde oder von den genannten Interessenvertretern als qualifizierte Mietspiegel anerkannt wurden (§ 558d Abs. 1).

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Existiert in einer Gemeinde ein qualifizierter Mietspiegel, so muss auf ihn nach § 558a Abs. 3 in jedem Mieterhöhungsverlangen ohne Rücksicht auf die im Übrigen vom Vermieter gewählte Form der Begründung (o. Rn 69) hingewiesen werden, um dem Mieter die Überprüfung des Mieterhöhungsverlangens zu erleichtern. Außerdem wird von dem qualifizierten Mietspiegel nach § 558d Abs. 3 unter bestimmten Voraussetzungen vermutet, dass die in ihm bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Diese Vermutung kann zwar (theoretisch) von den Parteien erschüttert werden, wobei jedoch die Gerichte hier ganz restriktiv verfahren.

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Nach Zugang eines ordnungsgemäß begründeten Erhöhungsverlangens hat der Mieter zwei Monate Zeit, um sich zu überlegen, ob er dem Verlangen des Vermieters nachkommen will oder nicht (sog. Zustimmungsfrist des § 558b Abs. 2 S. 1). Lehnt er ab, so kann der Vermieter binnen der sich anschließenden Klagefrist von drei Monaten nach Ablauf der Zustimmungsfrist Klage auf Zustimmung des Mieters erheben (§ 558b Abs. 2 S. 2). Die Zulässigkeit der Klage setzt voraus, dass ihr ein wirksames, insbesondere ordnungsgemäß begründetes Erhöhungsverlangen vorausgegangen ist, da nur durch solches Mieterhöhungsverlangen die Zustimmungs- und die Klagefrist als Prozessvoraussetzungen ausgelöst werden. Gibt das Gericht der Zustimmungsklage des Vermieters statt, so wird mit Rechtskraft des Urteils der Mietvertrag entsprechend geändert (§ 894 ZPO). Die Fälligkeit der erhöhten Miete richtet sich dann nach § 558b Abs. 1. Den Mieter bleibt jedoch die Möglichkeit, den Vertrag außerordentlich zu kündigen, wenn er die Erhöhung der Miete nicht hinnehmen will (§ 561 Abs 1 S. 1); in diesem Fall erledigt sich das Erhöhungsverlangen des Vermieters (§ 561 Abs 1 S. 2).

2. Mietpreisbremse

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Einen weiteren Eingriff in die Preisbildungsfreiheit der Mietvertragsparteien bedeutet die im Jahre 2015 eingeführte so genannte Mietpreisbremse. Die – unnötig komplizierte – Regelung findet sich in den §§ 556d bis 556g, die die Aufgabe haben, den Anstieg der Mieten bei dem Abschluss neuer Wohnraummietverträge auf ein von der Politik für vertretbar gehaltenes Ausmaß zu begrenzen. Zu diesem Zweck bestimmt § 556d, dass (nur) in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt (die durch Rechtsverordnungen der Länder für max. 5 Jahre festgelegt werden) die Miete bei dem Abschluss neuer Verträge die ortsübliche Vergleichsmiete iS des § 558 Abs. 2 lediglich um höchstens 10 % übersteigen darf (sog. 100 + 10-Regel). Von diesem Grundsatz gibt es jedoch wichtige Ausnahmen, insbesondere für neue Wohnungen (um den Wohnungsbau nicht zu behindern) sowie für umfassend modernisierte alte Wohnungen (§ 556f). Außerdem genießt der Vermieter Bestandsschutz für eine zulässige höhere, frühere Miete sowie für Mieterhöhungen nach Modernisierungsmaßnahmen (§ 556e), so dass insgesamt die praktische Wirksamkeit der Mietpreisbremse, eine typische, rein politisch motivierte, im Grunde sinnlose Intervention gegen den Markt, allgemein ausgesprochen skeptisch beurteilt wird. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher.[103]

3. Modernisierung

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§ 559 erlaubt dem Vermieter außerdem eine Mieterhöhung im Falle der Modernisierung der Wohnung (nur) iS der Nrn 1 und 3 bis 6 des neuen § 555b, also insbesondere bei energetischen Modernisierungen (Nr. 1 aaO) sowie bei baulichen Maßnahmen, durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird (Nr. 4 aaO), und zwar in Höhe von 11 % der für die einzelne Wohnung aufgewandten Kosten (§ 559). Von der Umlage ausgeschlossen sind jedoch in den Gesamtkosten enthaltene Kosten für ohnehin erforderliche Erhaltungsmaßnahmen im Sinne des § 555a (§ 559 Abs. 2).

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Die Mieterhöhung erfolgt durch einseitige Erklärung des Vermieters nach § 559b, die mithin Gestaltungswirkung hat. Wirksamkeitsvoraussetzung der Erklärung ist, dass in ihr die Mieterhöhung auf Grund der entstandenen Kosten berechnet und entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen so erläutert wird, dass dem Mieter die auf ihn entfallende Mieterhöhung nachvollziehbar, d. h. plausibel wird (zu § 560 s. schon o. Rn 64).

Teil II Gebrauchsüberlassungsverträge › § 7 Miete › XI. Beendigung des Mietverhältnisses

XI. Beendigung des Mietverhältnisses

1. Zeitablauf

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Mietverhältnisse sind Dauerschuldverhältnisse, die sich grundsätzlich nicht durch beiderseitige Erfüllung von selbst erledigen, sondern eines besonderen Beendigungsgrundes bedürfen. Die wichtigsten Beendigungsgründe sind neben dem jederzeit möglichen Aufhebungsvertrag (§ 311 Abs. 1) die Vereinbarung eines festen Endtermins (u. Rn 75) sowie die Kündigung (§ 542). Im Einzelnen hat man vor allem die ordentliche, grundsätzlich fristgebundene, und die außerordentliche, meistens fristlose Kündigung zu unterscheiden (Rn 76, 81 ff).

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Die Mietvertragsparteien können jederzeit einen Endtermin für das Mietverhältnis vereinbaren. Dann endet der Vertrag zu diesem Termin (§ 542 Abs. 2). Dies gilt grundsätzlich auch für Wohnraummietverträge, vorausgesetzt, dass die Fixierung eines Endtermins in Gestalt einer sogenannten Aufhebungsvereinbarung erst nachträglich, d. h. während des Laufs des Mietvertrages zustande kommt, während eine im Voraus schon bei Abschluss des Mietvertrages vereinbarte Befristung heute grundsätzlich unzulässig ist, um Umgehungen des Mieterschutzes in Gestalt der Beschränkung der ordentlichen Kündigung auf wenige Kündigungsgründe (§ 573) zu verhindern (Rn 76). Ausnahmen gelten nur noch für sogenannte qualifizierte Zeitmietverträge unter den engen Voraussetzungen der §§ 575 f. Zulässig ist außerdem unter im Einzelnen umstrittenen Voraussetzungen[104] ein zeitlich befristeter Verzicht einer oder beider Parteien auf das ordentliche Kündigungsrecht. Der (wichtige) Unterschied zu den (grundsätzlich unzulässigen) Zeitmietverträgen besteht darin, dass der Mietvertrag nach Ablauf des befristeten Kündigungsverzichts (anders als bei der grundsätzlich unzulässigen Befristung des Vertrages) weiterläuft, sodass er vom Vermieter fortan nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 573 ff ordentlich gekündigt werden kann[105].

2. Ordentliche Kündigung

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Ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so bedarf es einer Kündigung, um es zu beenden (§ 542 Abs. 1). Die wichtigste Kündigungsform ist die ordentliche Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist (§§ 573, 580a). Diese Kündigung ist grundsätzlich an keine besonderen Gründe gebunden. Eine wichtige Ausnahme besteht indessen für Wohnraummietverhältnisse, bei denen die ordentliche Kündigung des Vermieters in aller Regel zusätzlich voraussetzt, dass der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat (§ 573 Abs. 1 und Abs. 2, Rn 78 f). Die Kündigungsfristen richten sich in diesen Fällen nach § 573c. Bestimmte Mietverhältnisse sind jedoch in unterschiedlichem Ausmaß von dem Mieterschutz aufgrund des § 573 ausgenommen (s. im Einzelnen §§ 549 Abs. 2, 573a).

 

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Einer auf § 573 gestützten ordentlichen Kündigung des Vermieters kann der Mieter immer noch aufgrund der sogenannten Sozialklausel des § 574 widersprechen, wenn die Kündigung für ihn oder seine Angehörigen eine übermäßige Härte bedeutete (wegen der Einzelheiten s. die §§ 574a bis 574c.). Damit der Mieter die Einhaltung dieser Schutzvorschriften kontrollieren kann, muss die ordentliche Kündigung außerdem schriftlich erfolgen, begründet werden und einen Hinweis auf die §§ 574 bis 574b enthalten (§§ 568, 573 Abs. 3).

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Voraussetzung der ordentlichen Kündigung des Vermieters ist, dass er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat (§ 573 Abs. 1 S. 1), wozu erforderlich ist, dass er vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den Wunsch zur Inanspruchnahme der Wohnung anzuführen vermag, die in ihrem Gewicht mit den Regelbeispielen des § 573 Abs. 2 gleichwertig sind.[106] Ob dies der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen feststellen.[107] Das gilt auch, wenn der Vermieter der Wohnung für freiberufliche oder sonstige betriebliche Zwecke bedarf (so genannte Berufs- oder Betriebsbedarf)[108]. Um diese im Einzelfall sehr schwierige Prüfung zu vereinfachen, finden sich jedoch drei Beispielsfälle eines berechtigten Interesses in § 573 Abs. 2. In diesen Fällen ist stets ohne weiteres von dem Vorliegen eines berechtigten Interesses des Vermieters im Sinne des § 573 Abs. 1 auszugehen.[109]

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Der wichtigste ordentliche Kündigungsgrund des Vermieters ist gemäß § 573 Abs. 2 Nr 2 der sogenannte Eigenbedarf. Eine Kündigung ist nach dieser Vorschrift möglich, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, für seine Familienangehörigen, z. B. für seine Geschwister[110], oder für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen benötigt. Daraus wird überwiegend der Schluss gezogen, dass insbesondere der Wunsch des Eigentümers, sein Haus selbst zu nutzen, bei der Auslegung des § 573 Abs. 2 Nr 2 grundsätzlich respektiert werden muss, sofern der Vermieter für seinen Wunsch vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen kann[111]. Hinzu kommen muss lediglich, dass es sich um möglichst aktuelle, d. h. konkret vorliegende Gründe handelt; unzulässig ist dagegen eine so genannte Vorratskündigung aufgrund eines noch unbestimmten, bloß zukünftigen Wohnbedarfs.[112] Kündigt der Vermieter dagegen ohne solche Gründe, so stellt die Kündigung eine Pflichtverletzung iS des § 280 Abs. 1 dar, die den Vermieter zum Ersatz aller etwaigen Schäden des Mieters insbesondere infolge eines Wohnungswechsels aufgrund der unberechtigten Kündigung verpflichtet[113]. Die Pflichtverletzung wird vermutet, wenn der Vermieter die Wohnung nach Auszug des Mieters gar nicht selbst nutzt, sondern wieder anderweitig vermietet.[114]

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Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, das eine ordentliche Kündigung des Vermieters gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 zu rechtfertigen vermag, ist nach Abs. 2 Nr 1 der Vorschrift ferner anzunehmen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. Darunter fallen im Grunde sämtliche Fälle, die gegebenenfalls auch eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Nr 2 und 3 sowie nach § 569 Abs. 3 zu rechtfertigen vermögen, so dass in der Praxis die Kündigung in derartigen Fällen vielfach auf alle genannten Vorschriften gleichzeitig gestützt wird. Der Vermieter kann daher insbesondere im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters nicht nur nach § 543 Abs. 2 Nr 3, sondern unabhängig davon auch nach § 573 Abs. 2 Nr 1 kündigen. vorausgesetzt, dass der Zahlungsrückstand eine Monatsmiete übersteigt und seit mindestens einem Monat besteht.[115] Das ist deshalb so wichtig, weil in diesem Fall, jedenfalls nach Meinung des BGH[116], kein Raum für die Anwendung der Mieterschutzvorschrift des § 569 Abs. 3 Nr 2 und Nr 3 ist (s. Rn 83).

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Der Vermieter kann schließlich noch gemäß § 573 Abs. 2 Nr 3 ordentlich kündigen, wenn er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde und dadurch erhebliche Nachteile erlitte. Eine derartige Verwertungskündigung kommt insbesondere in Betracht, wenn dem Vermieter allein durch eine Veräußerung des Grundstücks oder durch einen Abriss des Gebäudes eine Realisierung des der Sache innewohnenden Wertes möglich ist und er andernfalls erhebliche Nachteile, z. B. große Verluste erlitte.[117]