BGB-Schuldrecht Besonderer Teil

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III. Rücktritt

1. Überblick

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Bei Lieferung einer mangelhaften Sache hat der Käufer außer dem Anspruch auf Nacherfüllung (Rn 5 ff) ferner gemäß § 437 Nr 2 das Recht, von dem Kaufvertrag nach den §§ 323 und 326 Abs. 5 iVm § 440 zurückzutreten. Wegen der Voraussetzungen verweist das Gesetz zugleich in § 437 Nr 2 auf die §§ 440, 323 und 326 Abs. 5, aus denen sich insbesondere ergibt, dass der Rücktritt (ebenso wie die Minderung und der Schadensersatz, s. Rn 21, 23 ff) voraussetzt, dass der Käufer dem Verkäufer vergeblich eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Dazu ist zweierlei erforderlich, einmal die ernsthafte Aufforderung des Käufers an den Verkäufer, die vom Käufer gewählte Form der Nacherfüllung – also entweder die Nachbesserung oder die Nachlieferung – durchzuführen (wozu auch die Bereitschaft des Käufers gehört, dem Verkäufer die Sache gegebenenfalls zur Untersuchung und Nachbesserung zur Verfügung zu stellen[48]), zum anderen die Bestimmung einer Frist für die Ausführung der vom Käufer gewählten Form der Nacherfüllung durch den Verkäufer, und zwar grundsätzlich erst nach Fälligkeit der Leistung des Verkäufers.[49] Da die Vereinbarkeit dieses zusätzlichen Erfordernisses einer Fristsetzung (als Voraussetzung für den Rücktritt) mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zweifelhaft ist,[50] sind die Anforderungen der Rechtsprechung an die Fristsetzung denkbar gering.[51] Es genügt, dass der Käufer dem Verkäufer zu erkennen gibt, dass ihm für die Nacherfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Ein bestimmter Endtermin muss nicht genannt werden. Auch das Verlangen sofortiger oder unverzüglicher Nacherfüllung kann genügen.[52] Ist die vom Käufer dem Verkäufer bestimmte Frist nicht angemessen, weil zu kurz, so tritt automatisch an die Stelle der zu kurzen Frist eine angemessene, die meistens auf ungefähr zwei Wochen bemessen wird. Vorrang haben aber stets die Abreden der Parteien (§ 311 Abs. 1). Wenn sie sich auf eine bestimmte Frist für die Durchführung der Nacherfüllung geeinigt haben, hat es dabei sein Bewenden.[53]

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Von dem Gesagten (Rn 16) gibt es in jeder Richtung Ausnahmen. Zunächst ist in einer ganzen Reihe von Fällen eine Fristsetzung doch entbehrlich – mit der Folge, dass der Käufer dann nach Feststellung eines Mangels sofort die Wahl zwischen Nacherfüllung, Rücktritt und Minderung sowie gegebenenfalls Schadensersatz oder Aufwendungsersatz hat. Die einzelnen Fälle ergeben sich aus § 323 Abs. 2, § 326 Abs. 5 und § 440 (s. im Einzelnen u. Rn 18–19b). Der wichtigste Fall ist die so genannte Erfüllungsverweigerung des Verkäufers gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 (s. Rn 18).

Auf der anderen Seite gibt es aber auch mehrere Fälle, in denen der Käufer trotz Mangelhaftigkeit der Sache aus unterschiedlichen Gründen überhaupt nicht zurücktreten kann (Rn 20). So insbesondere, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich ist (§ 323 Abs. 2 Nr 2 nF) oder wenn der Käufer den Mangel selbst zu verantworten hat (§ 323 Abs. 6 Fall 1). Gleich steht der Fall, dass der Käufer die Kaufsache z. B. bei einem Unfall zerstört.[54]

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Für die Erklärung des Rücktrittes ist keine besondere Form vorgeschrieben; sie ist insbesondere auch konkludent möglich, z. B. durch Erhebung der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises[55]. Die Rechtsfolgen des Rücktritts richten sich gemäß § 346 Abs. 1 nach den §§ 346 bis 354.[56] Dies bedeutet, dass der Kaufvertrag durch den Rücktritt, ein Gestaltungsrecht, in ein Rückgewährschuldverhältnis nach Maßgabe der §§ 346 bis 354 umgestaltet wird[57]. Hervorzuheben ist die Pflicht des Käufers zum Nutzungsersatz, wenn er die ihm übergebene mangelhafte Sache in der Zeit vor der Erklärung des Rücktritts bereits genutzt, z. B. mit dem mangelhaften Fahrzeug schon Fahrten unternommen hat (§ 346 Abs. 1)[58].

2. Entbehrlichkeit der Fristsetzung

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Eine Fristsetzung ist nach § 323 Abs. 2 Nr. 1 vor allem entbehrlich, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert. Bei der Annahme einer derartigen Erfüllungsverweigerung ist Zurückhaltung geboten, um das regelmäßige Erfordernis der Fristsetzung nicht zu entwerten. Eine Erfüllungsverweigerung darf daher grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die Ablehnung der Nacherfüllung gleichsam das letzte Wort des Verkäufers ist, sodass es als ausgeschlossen erscheinen muss, dass er im Falle einer Fristsetzung doch noch zur Nachbesserung bereit wäre. Nicht ausreichend ist es insbesondere, wenn der Verkäufer (sein gutes Recht) lediglich das Vorliegen eines Mangels bestreitet; es müssen vielmehr noch besondere Umstände hinzukommen, die die Annahme ausschließen, dass sich der Verkäufer durch eine Fristsetzung noch umstimmen lässt[59].

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Eine Fristsetzung ist ferner entbehrlich in den Fällen des Fixgeschäftes (§ 323 Abs. 2 Nr 2) sowie, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ebenfalls einen sofortigen Rücktritt zu rechtfertigen vermögen (§ 323 Abs. 2 Nr 3). So verhält es sich insbesondere in der Regel, wenn der Verkäufer den Käufer bei Vertragsabschluss arglistig getäuscht hat, weil der Käufer dann naturgemäß kein Vertrauen mehr in etwaige Nachbesserungsversuche dieses Verkäufers haben wird[60].

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Weitere Fälle der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung ergeben sich aus § 440, und zwar: 1., wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung nach § 439 Abs. 4 wegen der Unverhältnismäßigkeit der damit verbundenen Kosten verweigert (Rn 15 f). 2., wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, sowie 3., wenn sie dem Käufer unzumutbar ist (S. 1 des § 440, s. Rn 19b). Die Nacherfüllung ist fehlgeschlagen, wenn der Verkäufer binnen der ihm vom Käufer gesetzten angemessenen Frist überhaupt nicht tätig wird. Hat der Käufer die Ersatzlieferung gewählt, so ist ein Fehlschlagen der Nacherfüllung außerdem dann anzunehmen, wenn die Ersatzlieferung ihrerseits ebenfalls mangelhaft ist (zur Beweislast s. schon o. Rn 4). Wenn der Käufer dagegen Nachbesserung verlangt hat, gilt die Nachbesserung nach S. 2 des § 440 im Regelfall (erst) nach dem zweiten erfolglosen Nachbesserungsversuch als fehlgeschlagen. Ausnahmen sind denkbar. So wird der Käufer in der Regel schon nach einem missglückten Nachbesserungsversuch des Verkäufers zurücktreten können, wenn bereits der erste Versuch des Verkäufers gravierende Mängel aufweist oder erkennen lässt, dass sich der Verkäufer gar nicht ernsthaft um eine Nachbesserung bemühen will[61].

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Die Nacherfüllung ist dem Käufer schließlich unzumutbar iS des § 440 S. 1 Fall 3, wenn er aufgrund des bisherigen Verhaltens des Verkäufers jedes Vertrauen in diesen verloren hat.[62] So verhält es sich insbesondere in den Fällen der arglistigen Täuschung des Käufers durch den Verkäufer;[63] ferner, wenn der Verkäufer ständig neue unberechtigte Hindernisse der vom Käufer verlangten Nacherfüllung in den Weg stellt;[64] sowie schließlich bei Lieferung eines Gegenstandes, der so viele Mängel aufweist, dass der Käufer befürchten muss, dass auch in Zukunft trotz aller Reparaturversuche immer wieder neue Mängel auftreten werden (Stichwort: Montagsauto).[65]

3. Ausschluss des Rücktritts

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In einer Reihe von Fällen ist der Rücktritt auf der anderen Seite trotz Vorliegen eines Mangels aus besonderen Gründen ganz ausgeschlossen (s. schon Rn 17). Die beiden wichtigsten Fälle ergeben sich aus § 323 Abs. 5 S. 1 und S. 2. Der erste Fall betrifft die so genannten quantitativen Teilleistungen (s. dazu schon o. § 4 Rn 22). Für diesen Fall bestimmt S. 1 des § 323 Abs. 5, dass der Käufer, wenn er zunächst die Teilleistung als solche angenommen hatte, dann von dem ganzen Vertrag nur noch zurücktreten kann, wenn er an der Teilleistung wegen des Ausbleibens des Restes kein Interesse mehr hat (im Einzelnen str.). Nach S. 2 des § 323 Abs. 5 ist der Rücktritt ferner ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich ist. Es handelt sich dabei um eine Art Bagatellklausel, durch die verhindert werden soll, dass der Käufer einen geringfügigen Mangel bei neuen hochwertigen Sachen zum willkommenen Anlass nimmt, sich nachträglich von dem mittlerweile unerwünschten Vertrag wieder zu lösen.[66] Der Käufer hat in diesem Fall nur den Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439), das Minderungsrecht (§ 441) sowie den kleinen Schadensersatzanspruch (§ 280 Abs. 1). Ob ein Mangel unerheblich ist, lässt sich nur im Einzelfall aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung feststellen.[67] Bei behebbaren Mängeln kommt es in erster Linie auf das Verhältnis der Reparaturkosten zu dem Preis der Sache an. Die Folge ist, dass hier die Pflichtverletzung in der Regel als erheblich angesehen wird, wenn die Reparaturkosten mehr als 4 bis 5% des Preises betragen, als unerheblich dagegen, wenn sie deutlich niedriger sind[68]. Bei unbehebbaren Mängeln wird dagegen auf das Ausmaß der damit verbundenen Funktionsbeeinträchtigung abgestellt[69]. Bei der zusätzlich stets erforderlichen Interessenabwägung spielt ferner eine Rolle, ob es sich um einen Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung handelt,[70] ob eine Garantie vorliegt (§ 443 nF) oder ob der Verkäufer arglistig gehandelt hat. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die Pflichtverletzung nach diesen Grundsätzen als erheblich anzusehen ist, ist der der Erklärung des Rücktritts. Ist der Rücktritt danach berechtigt, so ändert sich daran auch nichts, wenn sich später wider Erwarten herausstellt, dass der Mangel tatsächlich doch mit einem ganz geringfügigen Aufwand beseitigt werden kann[71].

 

Teil I Veräußerungsverträge › § 5 Rechte des Käufers › IV. Minderung

IV. Minderung

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Statt zurückzutreten (o. Rn 16 f), kann der Käufer auch durch einseitige Gestaltungserklärung gegenüber dem Verkäufer den Kaufpreis mindern, und zwar – insoweit anders als im Falle des Rücktritts (o. Rn 20) – selbst dann, wenn es sich lediglich um einen unerheblichen Mangel handelt (§§ 437 Nr 2, 441 Abs. 1 und 323 Abs. 5 S. 2; s. Rn 20). Die Minderung hat dieselben Voraussetzungen wie der Rücktritt, sodass sie gleichfalls grundsätzlich den fruchtlosen Ablauf einer dem Verkäufer zur Nacherfüllung gesetzten, angemessenen Frist voraussetzt (§§ 437 Nr 1, 323 Abs. 1; o. Rn 16). Die Fristsetzung ist jedoch in denselben Fällen wie beim Rücktritt entbehrlich (§§ 323 Abs. 2, 326 Abs. 5 und 440; s. o. Rn 18 f).

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Die Minderung besteht gemäß § 441 Abs. 3 S. 1 in einer verhältnismäßigen Herabsetzung des Kaufpreises nach der Formel: Alter Preis: neuem Preis = Wert der mangelfreien Sache: Wert der mangelhaften Sache. Dadurch soll das im Vertrag festgelegte Äquivalenzverhältnis der beiden Leistungen nach Möglichkeit aufrechterhalten werden, so dass eine Minderung auch in Betracht kommt, wenn der Kaufpreis besonders niedrig ist und deutlich unter dem Verkehrswert der Sache liegt[72]. Entspricht der Kaufpreis dem objektiven Wert der Sache, so kann die Minderung auch einfach durch Abzug der Reparaturkosten vom Kaufpreis erfolgen[73]. Maßgebender Zeitpunkt für die Ermittlung des Wertes der Sache ist der des Vertragsschlusses; spätere Veränderungen bleiben außer Betracht. Minderung und Rücktritt schließen sich wegen ihrer (endgültigen) Gestaltungswirkung gegenseitig aus, so dass der Käufer weder nach dem Rücktritt mindern noch nach einer Minderung zurücktreten kann.[74]

Teil I Veräußerungsverträge › § 5 Rechte des Käufers › V. Schadensersatz

V. Schadensersatz

1. Überblick

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Bei Lieferung einer mangelhaften Sache kann der Käufer nach § 437 Nr 3 unter den Voraussetzungen der §§ 440, 280, 281, 283 und 311a ferner Schadensersatz verlangen.[75] Danach kommt es vor allem darauf an, wann der Mangel eingetreten ist, ob es sich um einen unbehebbaren oder behebbaren Mangel handelt (s. Rn 24 ff) und an welchen Rechtsgütern des Käufers der Mangel einen Schaden verursacht hat (s. auch das Schema unten Rn 57). In jedem Fall setzt die Schadensersatzpflicht des Verkäufers zusätzlich voraus, dass er die etwaige Pflichtverletzung im Sinne der §§ 276 und 278 zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1); eine Erweiterung der Haftung kann sich insbesondere aus der Übernahme einer Garantie ergeben (§§ 276 und 443 nF, s. u. Rn 39 ff).

2. Unbehebbare Mängel

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Wenn der Käufer wegen eines unbehebbaren Mangels Schadensersatz verlangt, hängt die Ersatzpflicht des Verkäufers in erster Linie davon ab, ob der Mangel bereits bei Vertragsabschluss vorlag oder erst später, aber noch vor Gefahrübergang eingetreten ist. Bei anfänglichen unbehebbaren Mängeln kann der Käufer unter den Voraussetzungen der §§ 437 Nr 3 und 311a Abs. 2 Schadenersatz statt der Leistung verlangen, wenn der Verkäufer den fraglichen Mangel bei Vertragsabschluss kannte oder kennen musste. Hierher gehören z. B. der Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges als „unfallfrei“ trotz des Vorliegens erheblicher Unfallschäden[76] oder der Verkauf einer bloßen Kopie als Original . sodass in derartigen Fällen den Verkäufer nur dann eine Haftung trifft, wenn er bei Abschluss des Kaufvertrages die genannten Mängel und deren Unbehebbarkeit wenigstens erkennen konnte[77]. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so hat der Käufer grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 311a Abs. 2 S. 1), wobei man einen kleinen und einen großen Schadensersatz unterscheidet, je nachdem, ob der Käufer bei dem Vertrag stehen bleibt und nur Ersatz der Wertdifferenz verlangt oder ob er zur Vertragsliquidierung insgesamt schreitet. Lediglich dann, wenn es sich nur um einen unerheblichen Mangel handelt, ist der Käufer auf den kleinen Schadensersatz beschränkt (s. § 311a Abs. 2 S. 2 iVm § 281 Abs. 1 S. 3 und dazu o. Rn 2, 20).

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Andere Regeln gelten, wenn der unbehebbare Mangel erst nach Vertragsabschluss, aber vor Gefahrübergang (§§ 434 Abs. 1, 446) eintritt, wenn z. B. ein verkauftes Tier in dem fraglichen Zeitraum an einer unheilbaren Krankheit erkrankt. In diesem Fall ist der Verkäufer nur schadensersatzpflichtig, wenn er den Eintritt des unbehebbaren Mangels vor Gefahrübergang zu vertreten hat, wenn er etwa in dem genannten Fall das Tier fahrlässig einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt hat (§§ 437 Nr 3, 280 und 283).

3. Behebbare Mängel

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Behebbare Mängel sind solche, die sich durch Nacherfüllung, insbesondere also durch Nachbesserung oder gegebenenfalls auch durch eine Ersatzlieferung noch beseitigen lassen (§ 439 Abs. 1). Verlangt der Käufer wegen solcher Mängel, z. B. wegen der Wertminderung der Sache infolge nicht beseitigter Mängel, Schadensersatz, so ist Anspruchsgrundlage nach Gefahrübergang § 437 Nr. 3 in Verbindung mit den §§ 280 Abs. 1 und 3 sowie 281, so dass der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung im Regelfall den fruchtlosen Ablauf einer dem Verkäufer vom Käufer gesetzten angemessenen Frist zur Erfüllung voraussetzt (§ 281 Abs. 1 S. 1).[78] Ebenso wie nach § 323 Abs. 2 beim Rücktritt (Rn 18 ff) gibt es jedoch auch hier verschiedene Fälle, in denen nach § 281 Abs. 2 eine Fristsetzung entbehrlich ist, so dass der Käufer dann sofort Schadensersatz verlangen kann. Der wichtigste Fall dürfte auch hier die ernstliche und endgültige Erfüllungsverweigerung des Verkäufers sein (s. Rn 18).

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Der Schadensersatzanspruch des Käufers nach fruchtlosem Fristablauf setzt eine vom Verkäufer zu vertretende Pflichtverletzung voraus (§§ 280 Abs. 1 und 281) wobei gleichermaßen auf die Lieferung einer mangelhaften Sache (§ 433 Abs. 1 S. 2) wie auf einen Verstoß des Verkäufers gegen seine Nacherfüllungspflicht abgestellt werden kann (§§ 437 Nr 1, 439). Dieser kann insbesondere darin liegen, dass er gar nicht, verspätet oder mangelhaft tätig geworden ist.[79] Eine Haftung des Verkäufers wegen eines Verstoßes gegen § 433 Abs. 1 S. 2 durch die Lieferung einer mangelhaften Sache ist vor allem bei einem Hersteller vorstellbar. Händler werden hingegen mangels Untersuchungs- oder Herstellungspflicht häufig in der Lage sein, sich hier wegen des von ihnen nicht erkannten und für sie auch nicht erkennbaren Mangels zu entlasten (s. § 280 Abs. 1 S. 2), da Hersteller und Vorlieferanten grundsätzlich nicht als Erfüllungsgehilfen des Verkäufers behandelt werden können. Deshalb braucht der Verkäufer für deren Pflichtverletzungen, etwa bei der Herstellung oder Auswahl der Sache, nicht einzustehen (§ 278).[80] Eigene Untersuchungspflichten des Verkäufers werden nur unter engen Voraussetzungen bejaht.[81] Vor allem in derartigen Fällen erlangt daher die Haftung des Verkäufers für Verstöße gegen seine Nacherfüllungspflicht eigenständige Bedeutung (§§ 437 Nr 3, 281).

 

4. Verzögerungsschaden

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Der Käufer kann ferner dadurch geschädigt werden, dass der Verkäufer nicht zu der vereinbarten Zeit, sondern mit Verspätung liefert (Beispiele: entgangener Gewinn, Zinsbelastung, Belastung mit Ersatzansprüchen der Abnehmer). Für diese Schäden kann der Käufer Ersatz nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2 und 286 verlangen, d. h. nur bei Verzug des Verkäufers, der im Regelfall eine Mahnung des Käufers voraussetzt (§ 286 Abs. 1), außer wenn die Leistungszeit bereits im Vertrag bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr 1). Fehlt es daran, so wird die Mahnung des Käufers in der Regel spätestens in dem Verlangen der Nacherfüllung liegen (§§ 437 Nr 1 und 439),[82] so dass man in diesen Fällen dann auch auf die Verzögerung der Nacherfüllung abstellen kann.[83] Schadensersatz statt der Leistung erhält der Käufer in diesem Fall allein unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, d. h. grundsätzlich erst nach fruchtloser Fristsetzung, sofern nicht ein Fall des § 281 Abs. 2 vorliegt.

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Viel diskutiert ist die Frage, ob zu dem Verzögerungsschaden (Rn 26) auch der so genannte Nutzungsausfallschaden gehört. Man hat dabei Vermögensschäden des Käufers im Auge, die darauf beruhen, dass er die gelieferte, aber mangelhafte Sache nicht wie geplant einsetzen kann. Paradigma ist die Lieferung einer mit Mängeln behafteten Maschine, die zu Produktionsausfällen bei dem Käufer führt. In derartigen Fällen liegt richtiger Meinung nach das Schwergewicht nicht auf der Verzögerung der Lieferung einer mangelfreien Maschine, sondern auf der Schädigung des Käufers durch die Mängel der tatsächlich gelieferten Maschine unter Verstoß gegen § 433 Abs. 1 S. 2. Daher kann der Käufer hier sofort Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 wegen eines Mangelfolgeschadens (Rn 28) und nicht erst nach Mahnung und Fristsetzung nach den §§ 280 Abs. 2, 281 Abs. 1 und 286 wegen Verzugs des Verkäufers mit der Lieferung der einwandfreien Maschine (Rn 26) verlangen,[84] – vorausgesetzt freilich, dass der Verkäufer den Mangel überhaupt zu vertreten hat, etwa als Hersteller oder aufgrund einer mangelhaften Untersuchung der Kaufsache (Rn 25a).

5. Mangelfolgeschaden

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Als Mangelfolgeschäden bezeichnet man die auf der Lieferung der mangelhaften Sache beruhenden Schäden des Käufers an seinen sonstigen Rechtsgütern, z. B. die Verletzung des Käufers durch ein mangelhaftes Fahrzeug oder die Beschädigung des Materials des Käufers durch eine mangelhafte Maschine. Weil in derartigen Fällen, die dadurch gekennzeichnet, dass es bereits zu einem Schaden gekommen ist, eine (nachträgliche) Fristsetzung keinen Sinn mehr machte, kann in ihnen der Käufer sofort, d. h. ohne Fristsetzung, nach § 437 Nr 3 und § 280 Abs. 1 vom Verkäufer Schadensersatz „neben“ der Leistung verlangen[85], sofern der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat . Gleich steht der Fall, dass die Sache erst bei dem Versuch der Nacherfüllung durch den Verkäufer beschädigt wurde[86].