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Gesetz und Frau

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Viertes Capitel.
Dritte Frage – Welches war sein Grund?

Die erste Frage: Wurde die« Frau vergiftet? war positiv beantwortet worden. Die zweite Frage: Wer vergiftete sie? hatte keine günstige Lösung für meinen Gatten gefunden. – Nun blieb noch die dritte und letzte Frage übrig: Welches war sein Grund?

Die zur Beantwortung herbeigerufenen Zeugen bestanden aus Freunden und Verwandten der Verstorbenen Lady Brydehaven, Wittwe des Contre-Admirals Sir George Brydehaven von dem Kronanwalt Mr. Drew befragt, legte folgende Aussage nieder:

»Die verstorbene Mrs. Macallan war meine Nichte. Sie war das älteste Kind meiner Schwester und lebte nach dem Tode derselben in meinem Hause. Ich widersetzte mich ihrer Heirath aus Gründen, die von anderen Freunden für fantastisch und sentimental gehalten wurden und die öffentlich auszusprechen mir sehr peinlich ist. Nichtsdestoweniger werde ich sie der Wahrheit gemäß berichten.

Der Gefangene befand sich zu der Zeit, von der ich spreche, als Gast in meinem Hause. Auf einem Spazierritt erlitt er einen Unfall, welcher eine ernste Verletzung eines seiner Beine zur Folge hatte. Derselbe Fuß war schon ein mal verletzt worden während er als Soldat in Indien diente. Dieser Umstand machte die zweite Verwundung bedeutend gefährlicher. Er mußte wochenlang in liegender Stellung auf dem Sopha verharren und die Damen im Hause wechselten sich ab, um ihm vorzulesen oder auf andere Weise die Zeit zu verkürzen. Meine Nichte war ebenfalls unter diesen Pflegerinnen. Sie spielte ausgezeichnet Clavier und der Kranke liebte die Musik über Alles.

Die Folgen dieser anfänglich ganz unschuldigen Unterhaltungen endeten unglücklicherweise damit, daß meine Nichte sich leidenschaftlich in Mr. Eustace Macallan verliebte, ohne in diesem ein gleiches Gefühl zu erwecken.

Ich that mein Möglichstes, meine Nichte von ihren Gedanken zurückzubringen so lange es noch Zeit war.

Unglücklicherweise versagte sie mir ihr Vertrauen Sie leugnete auf das Entschiedenste, ein wärmeres Gefühl für Mr. Macallan zu empfinden als freundschaftliches Interesse. Diese Unwahrheit machte es mir unmöglich die Beiden zu trennen ohne daß ich mit dem wirklichen Grunde hervorgetreten wäre, welcher vielleicht einen Scandal heraufbeschworen hätte, der dem Rufe meiner Nichte nur schaden konnte. Mein Gatte lebte noch zu jener Zeit, und das Einzige was ich thun konnte, bestand darin ihn zu bitten daß er mit Mr. Macallan spräche und es ihm zur Ehrensache machte, uns aus dieser fatalen Situation zu befreien ohne meine Nichte in irgend einer Weise zu compromittiren.

Mr. Macallan benahm sich außerordentlich in der Angelegenheit. Obgleich er noch immer nicht gehen konnte, ersann er einen Grund, uns zu verlassen dem man von keiner Seite entgegentreten konnte. Bereits zwei Tage, nachdem mein Gatte mit ihm gesprochen ließ er sich aus dem Hause schaffen.

Das Mittel war gut in der Absicht; aber es kam zu spät und schlug daher gänzlich fehl. Das Unglück war einmal geschehen. Meine Nichte siechte augenscheinlich dahin und weder ärztlicher Beistand noch Luftveränderung vermochten ihr zu helfen Im Laufe der Zeit, nachdem Mr. Macallan seine Gesundheit wieder erlangt, machte ich die Entdeckung daß meine Nichte, mit Hilfe ihres Mädchens, einen heimlichen Briefwechsel mit ihm unterhielt. Seine Briefe waren sehr überlegt und reservirt geschrieben. Dessenungeachtet hielt ich es für meine Pflicht der Correspondence Einhalt zu thun.

Meine Einmischung brachte die Sache zur Crisis. Eines Tages fehlte meine Nichte beim Frühstück. Am nächsten Tage erfuhren wir, daß das arme Geschöpf zu Mr. Macallan nach London gegangen und von einigen ihn besuchenden Freunden im Schlafzimmer verborgen gefunden worden sei.

Für dieses Unglück war Mr. Macallan in keiner Weise zu tadeln. Indem er draußen Jemand kommen hörte, blieb ihm nur noch Zeit, sie im nächsten Zimmer zu verbergen und das nächste Zimmer war zufällig sein Schlafgemach. Die Sache hatte sich natürlich herumgesprochen und war in der niedrigsten Weise ausgelegt worden Mein Gatte hatte eine abermalige Unterredung mit Mr. Macallan. Letzterer benahm sich wiederum untadelhaft. Er erklärte nämlich öffentlich, daß meine Nichte ihn als sein angetrautes Weib besucht habe. Vierzehn Tage nachher ließ er sich wirklich insgeheim mit ihr trauen und brach so dem Skandal die Spitze ab.

Ich allein hatte mich der Verbindung widersetzt denn ich hielt dieselbe, als was sie sich auch nachher herausgestellt für einen unglücklichen Irrthum.

Es würde schon traurig genug gewesen sein« wenn Mr. Macallan sie ohne irgend welche Gegenliebe von seiner Seite geheirathet hätte. Um die Sache aber noch schlimmer und hoffnungsloser zu machen, war er zur nämlichen Zeit das Opfer einer unglücklichen Leidenschaft die er zu einer Dame hegte, welche einem an deren Manne verlobt war. Ich weiß sehr wohl, daß er dies aus Mitleid leugnete, ebenso wie er aus Mitleid zu meiner Nichte Liebe affectirte, als er sie heirathete. Seine hoffnungslose Anbetung der vorhin erwähnten Dame wurde von seinen Freunden als unbestrittenes Factum hingestellt; auch muß noch hinzugefügt werden daß ihre Verheirathung der Seinen voranging.

Als er meine Nichte zur Frau nahm, hatte er unwiederbringlich das Weib verloren, das er mit ganzer Seele liebte, stand er ohne Hoffnung, ohne Aussicht auf Lebensglück in der Welt.

Nach meinem Dafürhalten hätte meine Nichte, wenn sie ledig geblieben, von keinem Unglück betroffen werden können, das dem vergleichbar war, welches sie in ihrem Eheleben erlitt. Niemals konnten zwei Menschen zusammengebracht werden die weniger zu einander paßten als meine Nichte und Mr. Macallan.

Die Aussage dieser Zeugin Verursachte große Erregung unter den Zuhörern und Geschworenen. Das Kreuzverhör zwang Lady Brydehaven ihre Ansicht dahin zu modificiren, daß die hoffnungslose Neigung des Gefangenen zu einer andern Dame vielleicht nur ein Gerücht gewesen sein könne. Die Facta in ihrer Erzählung blieben aber unerschüttert und legten deshalb dem meinem Gatten zugeschriebenen Verbrechen den Anschein der Möglichkeit bei, welcher in dem ersten Theil dieser Zeugenaussage nicht zu erzielen war.

Nun wurden zwei andere Damen (intime Freundinnen der Mrs. Macallan) aufgerufen. Diese wichen in einigen Nebensachen von der Ansicht der Lady Brydehaven ab; in allen an deren Hauptpunkten aber stimmten sie der Aussage ihrer Vorgängerin bei und hielten daher den tiefen Eindruck wach, welchen jene unter den Richtern und im Auditorium hervorgebracht hatte.

Das nächste Zeugniß, welches nun geprüft werden sollte, war die stillschweigende Aussage der Briefe und des Tagebuches, welche in Gleninch gesunden worden waren.

Der Lord-Anwalt erklärte, daß die er wähnten Briefe von Freunden des Gefangenen und seiner verstorbenen Frau geschrieben wären und daß verschiedene Stellen in denselben direct auf die Bedingungen hinwiesen unter denen die beiden Gatten ihr eheliches Leben eingegangen und dasselbe geführt. Das Tagebuch hatte als Zeugniß noch größere Wichtigkeit. Es enthielt den täglich niedergeschriebenen Bericht des Gefangenen über häusliche Begebenheiten und theilte gleichzeitig die Gedanken und Gefühle mit, welche ihn bei denselben beschäftigt und bewegt.

Nach dieser Erklärung folgte eine höchst peinliche Scene.

Obgleich ich lange Zeit nach Ablauf jener Begebenheiten erzähle, kann ich dennoch nicht umhin detaillirt zu beschreiben was mein unglücklicher Gatte in jenem verzweiflungsvollen Stadium des Processes sagte und that. Tief erregt durch die Aussage der Lady Brydehaven hatte er große Selbstbeherrschung anwenden müssen um sie nicht in ihrer Rede zu unterbrechen. Als sie jedoch zu Ende war, verlor er plötzlich alle Gewalt über sein Gefühl. In durchdringenden durch den ganzen Saal hallen: den Tönen protestirte er gegen die öffentliche Verletzung seiner und seiner verstorbenen Gattin heiligsten Interessen. »Hängt mich, obgleich ich unschuldig bin,« rief er aus; »aber erspart mir fernere Scenen wie diese letzte es war!« Der Eindruck dieses Gefühlsausbruches auf alle Anwesenden soll ein unbeschreiblicher gewesen sein. Die Aufregung war allgemein; einige Frauen fielen in Ohnmacht; endlich ward die Ruhe durch den Dekan der Fakultät wieder hergestellt dem es gelang, den Gefangenen zu besänftigen und welcher dann, in beredter, rührender Ansprache die Richter um Nachsicht für seinen unglücklichen Clienten bat. Die Rede, das Meisterstück eines Impromptu schloß mit einem gemäßigten aber ernsten Protest gegen die öffentliche Lesung der in Gleninch gefundenen Papiere.

Die drei Richter zogen sich zur Berathung zurück, und die Sitzung wurde über eine halbe Stunde unterbrochen.

Wie es in ähnlichen Fällen in der Regel geschieht theilte sich die Aufregung im Saal der auf der Straße harrenden Menge mit, welche, durch Schreiber oder Aufseher von dem Gange der Verhandlung unterrichtet Partei gegen den Gefangenen nahm. Wenn die Briefe und das Tagebuch vorgelesen werden sagte der brutale Pöbel, dann werden sie ihn an den Galgen bringen.

Bei der Rückkehr der Richter wurde bekannt gemacht daß die Majorität sich für die Lesung der Briefe als wichtige, nicht zu über gehende Zeugnisse, ausgesprochen habe. Dann nahm der Proceß seinen Fortgang. Die Lesung , der Briefe, natürlich im Auszuge, und des Tagebuches begann.

Fünftes Capitel.
Dritte Frage, – Welches war sein Grund?
(Fortsetzung.)

Die ersten Briefe waren die, welche man in der Chiffonniére, in Mrs. Macallans Zimmer gefunden. Sie waren an die Verstorbene von Freundinnen gerichtet, mit denen sie laufend in Correspondence stand. Drei verschiedene von drei verschiedenen Correspondenten angefertigte Extracte waren zur öffentlichen Lesung gewählt worden.

Erster Correspondent: – »Ich kann Dir gar nicht sagen, meine liebe Sarah, wie Dein letzter Brief mich betrübt hat. Vergieb mir, wenn ich meine Ansicht ausspreche, daß Deine sehr sensitive Natur, unbewußt natürlich, die Vernachlässigung übertreibt und falsch deutet, welche Du von Deinem Gatten erdulden zu müssen glaubst. Ich bin mit den Eigenthümlichkeiten seines Characters zu wenig bekannt, um mir ein klares Bild seiner Handlungsweise machen zu können. Aber, mein liebes Kind, ich bin ein ganz Theil älter als Du, und meine Erfahrung hat einen so tiefen Einblick in die Lichter und Schatten des ehelichen Lebens gethan, daß Du meiner Meinung schon Gehör schenken kannst , Jungverheirathete Frauen welche, wie Du, ihren Gatten innig zugethan sind, begehen in der Regel einen sehr großen Fehler, indem sie viel zu viel von ihrem Manne erwarten. Die Männer sind aber nicht wie wir, meine arme Sarah Ihre Liebe, selbst wenn sie es gut und aufrichtig meint, gleicht nicht der Unsrigen. Sie ist nicht die einzige Hoffnung, der einzige Gedanke ihres Lebens, wie dies bei uns der Fall. Uns bleibt keine Alternative, als uns in diesen Unterschied zwischen der männlichen und weiblichen Natur stillschweigend zu fügen. Ich beabsichtige durchaus nicht, die Kälte Deines Gatten zu entschuldigen. ist zum Beispiel entschieden unrecht von ihm, daß er Dich nie ansieht, wenn er mit Dir spricht, und daß er Deinen Bestrebungen ihm gefallen zu wollen nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkt. Es ist noch mehr unrecht ja es ist sogar grausam von ihm, daß er niemals Deinen Kuß erwidert. Aber, mein Kind, bist auch gewiß, daß er stets absichtlich kalt s und grausam ist? Mag nicht sein Benehmen oft die Folge von Verdrießlichkeiten und Sorgen sein, welche, Dir unbekannt auf feiner Seele lasten? Wenn Du sein Betragen von dieser Seite betrachtest, wirst Du vieles verstehen und entschuldigen, was Dich jetzt bekümmert. Habe Geduld mit ihm, Kind. Halte Deine Klagen s gegen ihn zurück und dränge ihm nicht Deine Liebkosungen auf, wenn er präoccupirt und übelgelaunt ist. Bei Deiner heißen Liebe zu ihm ist dieser Rath gewiß schwer zu befolgen; aber sei überzeugt daß die Wurzel unseres ehelichen Glückes in Resignation und stillem Dulden zu finden ist, die ich Dir hiermit dringend anempfehle. Denke darüber nach, was ich Dir geschrieben und lasse bald wieder von Dir hören.«

 

Zweiter Correspondent: »Wie kannst Du so thöricht sein, Sarah, Deine Liebe an einen so kaltherzigen rohen Menschen wegzuwerfen wie Dein Gatte es ist. Allerdings bin ich noch nicht verheirathet, sonst würde ich vielleicht nicht so erstaunt über Dich sein. Wenn ich aber einmal in den Ehestand getreten sein werde, und mein Gatte behandelte mich, wie Mr. Macallan Dich behandelt, würde ich sofort auf Scheidung bestehen. Lieber möchte ich mich schlagen lassen, wie die Weiber der niederen Klassen es von ihren Männern erfahren, als daß ich mich mit so höflicher Vernachlässigung und Verachtung behandeln ließe, wie Du sie mir in Deinen Briefen schilderst. Bei dem bloßen Gedanken daran glühe ich vor Indignation. Es muß unerträglich sein. Lasse Dir das nicht länger gefallen, Sarah. Verlasse ihn und eile zu mir. Mein Bruder ist Jurist wie Du weißt. Ich las ihm einige Stellen Deines Briefes vor, und er ist der Ansicht daß Du eine Separation durchsetzen würdest. Komme und besprich Dich mit ihm.«

Dritter Correspondent: »Sie wissen meine liebe Mrs. Macallan welche Erfahrungen ich bei den Männern gemacht habe. Ihr Brief setzt mich nicht im Geringsten in Erstaunen. Ihres Gatten Benehmen gegen Sie läßt nur einen Schluß zu: er liebt eine Andere, der er alles das zuwendet was er Ihnen entzieht. Ich kenne das, weil ich dasselbe erlebt. Machen Sie es zur Aufgabe Ihres Lebens, Ihre Nebenbuhlerin aufzufinden. Vielleicht sind es sogar Mehrere. Darauf kommt es aber nicht an. Haben Sie nur eine entdeckt dann machen Sie ihm sein Leben eben so elend, wie er Ihnen das Ihre gemacht. Bedürfen Sie meiner Hilfe, dann sprechen Sie, und ich stehe zu Ihrem Dienst. Von dem zweiten nächsten Monats an kann ich nach Gleninch kommen und eine Zeit bei Ihnen bleiben.«

Mit diesen verabscheuungswürdigen Zeilen schloß das Vorlesen der Briefe. Der längste derselben hatte den tiefsten Eindruck gemacht, alle drei aber, obgleich sie von verschiedenen Standpunkten ausgingen, kamen doch zu dem selben Schluß: Mrs. Macallan war ein unglückliches, vernachlässigtes Weib.

Jetzt kamen die Briefe und das Tagebuch des Gefangenen an die Reihe.

Die Briefe waren mit einer Ausnahme, sämmtlich von Männern geschrieben und obschon sie sich weit gemäßigter ausdrückten als die von zarter Hand entworfenen so kamen auch sie ebenfalls zu demselben Schluß: Das Leben des Mr. Macallan in Gleninch war gleich trostlos als das seiner Frau.

Einer der Freunde lud ihn ein, auf seiner Yacht mit ihm eine Reise um die Welt zu machen. Ein Anderer schlug einen sechsmonatlichen Aufenthalt auf dem Continent vor. Ein Dritter empfahl die Zerstreuungen des Sport. Alle kamen aber schließlich auf eine mehr oder weniger vollständige Separation zurück.

Der letzte der zur Lesung kommenden Briefe war von Damenhand und nur mit einem Vornamen unterzeichnet.

»Mein armer Eustace, welch’ grausames Schicksal hat uns getroffen! Mein Herz zieht sich schmerzlich zusammen wenn ich daran denke, daß Ihr Leben diesem elenden Weibe gewidmet ist. Wenn wir Beide Mann und Frau geworden wären, wie sollte es meine Lebensaufgabe gewesen sein, dem besten und edelsten der Männer die irdische Glückseligkeit zu bereiten. Aber wir müssen uns in Ruhe dem Unvermeidlichen fügen. Wir sind geschieden für dieses Leben, geschieden durch Umstände, die wir Beide betrauern, die wir aber respectiren müssen. O, mein Eustace, es giebt auch noch jenseits eine Welt. Dort werden unsere Seelen nebeneinander fliegen und in eine ewige, himmlische Umarmung zerfließen in eine Entzückung, welche uns auf Erden nicht gegönnt ward. Weshalb mußten Sie auch dies Weib heirathen? Trösten Sie Sich mit mir durch den Gedanken an unsere Vereinigung nach dem Tode. Verbrennen Sie sofort diesen eilig hingeworfenen Brief und denken Sie recht oft an Ihren Helena.«

Einer der Richter fragte, ob der Brief kein Datum oder keine Adresse trüge.

Der Lord-Anwalt Verneinte Beides. Es war nur ersichtlich, daß das? Schreiben in London zur Post gegeben sei. Dann schlug ein Richter vor, einige Stellen ans dem Tagebuche zu lesen, in welchen der unterzeichnete Name mehr denn einmal vorkäme. Vielleicht war hieraus die Persönlichkeit der Schreiberin festzustellen.«

Nun kamen die erwähnten Stellen zur Lesung. Die erste datirte beinahe ein Jahr vor Mrs. Macallan’s Tode. Sie lautete folgendermaßen:

»Heute mit der Morgen-Post Nachrichten, die einen überwältigenden Eindruck auf mich machten. Helena’s Gatte starb vor zwei Tagen am Herzschlage.

Sie ist frei . . . meine geliebte Helena ist frei! – Und ich? —

Ich bin an meine Frau gefesselt, mit der ich in keinem einzigen Punkt in Uebereinstimmung lebe. Helena ist für mich verloren, durch meine eigene Schuld. Ah! Jetzt erst habe ich die Macht der Versuchung kennen gelernt und wie leicht das Verbrechen ihr folgen möge. Wenn ich an meine Lage denke, möchte ich wahnsinnig werden.«

Die nächste Stelle, von etwas jüngerem Datum, behandelte dasselbe Thema.

»Von allen Thorheiten, die ein Mann begehen kann, ist die größte auf Antrieb eines ; Andern zu handeln. Ich that dies, indem ich das unglückliche Geschöpf heirathete, das nun mein Weib ist.

Wie ich leider zu voreilig urtheilte, war mir Helena damals verloren. Sie hatte den Mann geheirathet, dem sie sich unbesonnen verlobte, ehe sie mich kennen lernte. Er war jünger und vielleicht euch hübscher als ich. So weit ? ich blicken konnte, war mein Schicksal für dieses Leben besiegelt. Helena hatte mir einen Abschiedsbrief geschrieben und mir Lebewohl gesagt. Meine Aussichten waren entschwunden, meine Hoffnungen erloschen. Mir schien nichts anderes mehr zu thun, als eine ritterliche Handlung, als einen Art der Resignation und Selbstverleugnung zu begehen.

Die obwaltenden Umstände begünstigten diesen Gedanken. Das unselige Weib, das, Gott weiß es, ohne mein geringstes Zuthun, sich an mich geheftet, hatte, grade zu jener Zeit, ihren Ruf der Barmherzigkeit der Welt preisgegeben. Es ruhte in meiner Hand die geschwätzige Zunge des Scandals zu beschwichtigen. Helena verloren, konnte ich kein Glück mehr erwarten. Eine Frau war mir ebenso gleichgültig als die andere. Eine großmüthige Handlung aber konnte Sarah retten. – Weshalb sie also nicht vollbringen? Dies berücksichtigend heirathete ich sie, – heirathete ich sie mit demselben Gefühl, das mich veranlaßt haben würde, in’s Wasser zu zu springen und sie herauszuziehen, wenn sie dem Ertrinken nahe gewesen wäre.

»Und nun steht das Weib, dem ich dies Opfer gebracht, zwischen mir und meiner Helena . . . meiner Helena, nun frei und ledig, den Mann, der sie anbetet, mit allen Schätzen ihrer Liebe zu beglücken!

»Thor! Wahnsinniger! Weshalb zerrenne ich mir nicht den Schädel an der Wand, während ich diese Zeilen schreibe?

»Dort in der Ecke steht mein Gewehr. – Ein schwacher Fingerdruck und . . . . Nein! Meine Mutter lebt noch. Meiner Mutter heiliger Liebe darf ich diesen Schmerz nicht anthun. Ich habe nicht das Recht, mir das Leben zu nehmen, das sie mir gab. So muß ich mich denn unterwerfen und dulden. Oh, Helena! Helena!«

Ein dritter Extract war ungefähr zwei Je Monate vor dem Tode der Mrs. Macallan geschrieben.

»Noch mehr Vorwürfe auf mich gehäuft! – Ich habe nie ein Weib so viel klagen gehört. Sie lebt fortwährend in einer Atmosphäre von schlechter Laune und Unzufriedenheit.

»Ich habe ihr also zwei neue Beleidigungen zugefügt. Ich bitte sie nie mehr, mir etwas vorzuspielen, und wenn sie, um mir zu gefallen, ein neues Kleid anzieht, bemerke ich es nicht. – Gott im Himmel! Das ist ja eben die gewaltsame Anstrengung meines Lebens, sie nie und nirgends zu bemerken, sie möge sprechen und thun, was sie wolle. Wie könnte ich meinen Unwillen beherrschen, wenn ich mich nicht sorgfältig bemühte, jegliches tête-à-tête mit ihr zu vermeiden. – Und ich beherrsche meinen Unwillen. Ich bin nie hart, noch führe ich harte Sprache gegen sie. Sie hat doppeltes Anrecht auf meine Geduld, weil sie ein Weib ist, zu dem unser Gesetz sie gemacht. Das rufe ich mir stets in’s – Gedächtniß zurück; aber ich bin nur ein Mensch. Je weniger ich sie sehe, desto mehr vermag ich es, mich zu beherrschen.

»Ich kann mir eigentlich keine klare Rechenschaft darüber geben, weshalb sie mir so unangenehm ist. Sie ist häßlich; aber ich habe häßliche Frauen gesehen deren Liebkosungen ich hätte ertragen können ohne jenen Schauder, den ich jedes mal empfinde, wenn sie meine Hand nimmt oder mich küssen will. Ich verberge diesen Widerwillen aber, soviel ich kann. Sie liebt mich, die Arme, und ich bemitleide sie. Ich wünschte, ich könnte mehr für sie thun. – Ich wünschte, ich könnte nur ein klein wenig die Neigung erwidern die sie für mich hegt. Aber nein . . . nein . . . ich habe nichts für sie als Mitleid. Wenn sie mit einem freundschaftlichen Zusammenleben zufrieden sein wollte, könnten wir noch erträglich miteinander auskommen Sie verlangt aber Liebe, das unglücklichste aller Gottes-Geschöpfe verlangt Liebe!

»Oh, meine Helena! Ich habe keine Liebe für sie zurückbehalten. Mein Herz ist ganz Dein!

»Letzte Nacht träumte mir, mein armes Weib wäre todt. Der Traum war so lebhaft, daß ich ans dem Bett sprang, die Thüre ihres Zimmers öffnete und horchte.

»Ihr ruhiges, regelmäßiges Athmen war deutlich hörbar in der Stille der Nacht. Sie , lag in tiefem Schlummer. Ich schloß die Thüre wieder, zündete ein Licht an und las. Helena belebte mein ganzes Sein, und ich mußte mir Mühe geben meine Aufmerksamkeit auf das Buch zu heften. Alles Andere war aber besser als ins Bett zurückzukehren und vielleicht zum zweiten mal zu träumen, daß ich frei sei.

»Welch’ ein Leben führe ich! – Und welch’ ein Leben führt sie! – Wenn das Haus in Flammen stände, möchte ich wohl wissen ob ich einen Versuch machen würde, mein Leben zu retten, oder das Ihre. —

Das Folgende war von späterem Datum.

»Ein schwacher Lichtschein ist in mein dunkles Leben gedrungen.

»Helena ist nicht länger zur Abgeschlossenheit der Wittwenschaft verdammt. Die Zeit gestattet ihr, sich wieder in die Gesellschaft zu mischen. Sie besucht Freundinnen in unserem Theil Schottlands und, da wir Cousin und Cousine sind, ist es eigentlich selbstverständlich, daß sie mich, ehe sie den Norden verläßt, auf einige Tage in Gleninch besuchen werde. Sie schreibt mir darüber, daß ihr Besuch, wie peinlich er auch sein möge, dennoch gemacht werden müsse, um dem Schein zu genügen. – Ich werde also den Engel in meinem Fegefeuer sehen! —

 

»Aber wir müssen sehr vorsichtig sein. Helena schreibt unter Anderem: »Ich komme zu Ihnen als eine Schwester, Eustace. Entweder müssen Sie mich als Bruder oder gar nicht empfangen. Ich werde, wegen des Tages meiner Ankunft, mit Ihrer Frau in Correspondence treten. – Und schließlich werde ich nicht vergessen . . . . vergessen Sie es ebenfalls nicht . . . . daß ich mit Erlaubniß Ihrer Gattin zu Ihnen komme.«

»O, wenn ich sie nur sehen kann! Alles Andere will ich gerne entbehren und ertragen«

Der dritte und letzte Extract bestand nur aus wenigen Zeilen:

»Ein neues Unglück! Meine Frau ist krank geworden. – Grade zu der Zeit, in welcher Helena erwartet wurde, nöthigte sie eine rheumatische Erkältung das Bett zu hüten. Ich muß aber gestehen daß sie sich bei dieser Gelegenheit sehr liebenswürdig benommen. Sie schrieb an Helena, daß durch den kleinen Zwischenfall der Besuch einer Cousine bei ihrem Cousin nicht aufgeschoben werden dürfe und daß es daher bei dem festgesetzten Tage der Ankunft bleiben müsse.

»Das ist ein großes Opfer von Seiten meiner Frau. – Eifersüchtig auf alle Damen unter zwanzig Jahren muß sie natürlich auch eifersüchtig auf Helena sein; aber sie beherrscht sich und vertraut mir.

»Ich bin ihr Dankbarkeit dafür schuldig und will sie ihr beweisen. Von diesem Tage an gelobe ich, ihr mehr Zuneigung zu zeigen. Heute Morgen habe ich sie zärtlich geküßt, und ich hoffe, das arme Geschöpf hat nicht die Selbstüberwindung bemerkt, die es mich gekostet.«

Hiermit schlossen die Vorlesungen ans dem Tagebuch.

Dieselben waren mir unter allen Phasen des Processes am allerunangenehmsten gewesen, denn einige Ausdrücke, deren sich Eustace bedient, schmerzten mich nicht allein, sondern erschütterten auch die Achtung, die ich bisher für ihn gehegt. Ich würde alle meine Habe darum gegeben haben hatte ich einige Stellen des Tagebuches ungeschrieben machen können. Einige leidenschaftliche Liebesergüsse gegen Mrs. Beanly fuhren mir wie zweischneidige Schwerter durch die Seele. Als er mir den Hof machte, hatten meine Ohren ähnliche Worte getrunken. Ich hatte keine Ursache zu zweifeln daß er mich treu und innig liebte. Aber die Frage war: hatte er vor mir Mrs. Beanly ebenso treu und innig geliebt? War sie es oder ich, die zuerst sein ganzes Herz gewonnen? Wie oft hörte ich seine Erklärung, daß er nur geliebelt, ehe er mich gekannt – Ich hatte ihm Glauben geschenkt. Ich glaubte ihm noch heute. – Aber ich haßte Mrs. Beanly!

Die Vorlesung der Briefe und des Tagebuches schienen den peinlichen Eindruck auf Richter und Auditorium nur noch erhöht zu haben.

Die Aussage des letzten Zeugen welchen der Ankläger aufrief, that noch mehr, die Lage des Gefangenen zu verschlechtern.

William Enzie, Untergärtner in Gleninch, wurde vereidigt und ließ sich dann folgendermaßen aus:

»Am zwanzigsten October, um elf Uhr Vor mittags, wurde ich nach den demjenigen Theil des Gartens, welcher der »Holländische Garten« genannt wird, zunächst gelegenen Anlagen zur Arbeit geschickt. In dem holländischen Garten , steht ein Sommerhaus, das seine Hinterfront den buschigen Anlagen zukehrt. Der Tag war, für die vorgerückte Jahreszeit wunderschön hell und warm.

»Ich kam auf meinem Wege an der Hinterfront des Sommerhauses vorbei. Ich hörte Stimmen im Innern eine Männer- und eine Frauenstimme. Die Stimme der Frau war mir unbekannt. Die Stimme des Mannes erkannte ich als die meines Herrn. Der Boden in den Anlagen war weich, und meine Neugier erregt. Ungehört und unbemerkt kehrte ich zu dem Sommerhause zurück und horchte.

»Die ersten Worte, die ich unterscheiden konnte, sprach mein Herr. Er sagte:

»Hätte ich voraussehen können daß Sie eines Tages frei sein würden, wie glücklich wäre ich gewesen!« – Die Damenstimme antwortete »Still doch! Wie können Sie so etwas sprechen ?« – Mein Herr entgegnete daraus: »Ich muß sprechen was ich denke, und ich muß stets daran denken daß ich Sie verloren habe.« – Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: »Erzeigen Sie mir eine Gunst mein Engel! Versprechen Sie mir, Sich nicht wieder zu verheirathen.« Die Dame fragte darauf in scharfem Ton: »Was wollen Sie damit sagen?« – Mein Herr sagte »Ich wünsche dem armen Geschöpf das wie ein Alp auf meiner Seele liegt, nichts Böses; aber wenn der Fall einträte,« . . . »Machen Sie keine Voraussetzungen!« entgegnete die Lady; »kommen Sie zurück ins Haus.«

»Mit diesen Worten erschien sie zuerst im Garten und winkte meinem Herrn zu ihr zu kommen. Ich konnte jetzt deutlich ihr Antlitz sehen und erkannte sofort die junge Wittwe, welche zum Besuch in Gleninch war. Mrs. Beanly und mein Herr gingen nun langsam ins Haus zurück. Ich konnte nicht weiter hören was sie miteinander sprachen.

Das Kreuzverhör des Zeugen ergab einige Schwankungen in dem ersten Theil seiner Aussage; bei den letzten zwischen seinem Herrn und der Dame gewechselten Worten blieb er aber fest stehen; auch behauptete er unverbrüchlich, daß jene Dame Mrs. Beanly gewesen sei.

Nach diesem Verhör stand der Beantwortung der dritten Frage des Processes nichts mehr entgegen.

Die allgemeine Meinung erklärte sich gegen meinen Gatten. Dieser schien das auch selbst zu fühlen. Als er am Ende des dritten Tages den Saal verließ, war er so niedergedrückt und erschöpft daß er sich auf den Arm des Gefängnißwärters stützen mußte.