Nehmt es wie es ist

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Loe katkendit
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Nehmt es wie es ist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Musik törnt an.

Gedanken fließen.

Geschichten drängen sich auf.

Alles kann, alles soll gesagt werden ... nur heraus damit.

Und Musik dazu: Rock-, Pop-, Blues-, Soul-, Rap-/Hip-Hop-Musik, auch Jazz-, Country-, Filmmusik, alle Spielarten der populären Musik eben, nach meinem Geschmack, und mit dem Anspruch nur Gutes zu präsentieren.

Natürlich ist meine Auswahl weitgehend subjektiv, ganz klar, aber ich wage doch zu behaupten, dass diese Zusammenstellung ebenso objektiven Kriterien genügt.

Na denn also, come on, lets go!

Es ist schon die Frage, wo beginnen, wenn man zeigen will, welche Musik einem wichtig ist, so wichtig eben, dass sie auch von anderen angenommen, vielleicht sogar als gut befunden werden kann.

Nun, ich werde bei meiner Auswahl chronologisch vorgehen, denn das macht am meisten Sinn.

Mithin muss ich irgendwann in der Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts beginnen.

Ich werde im Wesentlichen also chronologisch vorgehen, aber dem nicht blind und sklavisch Jahr für Jahr folgen, Abweichungen seien mir gestattet, wann immer sie notwendig sein sollten.

(Meine Gedanken übrigens werde ich nahtlos einfließen lassen ... was kommt, das kommt.)

Aber der Einstieg wird ein anderer sein, nämlich Sufjan Stevens und sein Werk: „The Age Of Adz“, denn dies ist ein Musiker, der gezeigt hat, dass er durchaus das Zeug hat, in die großen Fußstapfen von beispielsweise Brian Wilson, der von den Beach Boys, vielleicht sogar in die der noch größeren von Lennon/McCartney zu treten, na ja, das ist jetzt vielleicht doch ein bisschen, na ja, ein bisschen sehr übertrieben.

Warum nun also Sufjan Stevens und „The Age Of Adz“, und warum überhaupt Gedanken, die niedergeschrieben werden sollen, ja müssen?

Einfach deshalb, weil dieses Werk Klasse hat, und weil es schon ein wenig ein krönender Abschluss ist, denn die populäre Musik der letzten fünfzig/sechzig Jahre hat ihren Zenit lange schon überschritten, ja, ich wage zu behaupten, das sie fast an ihr Ende gekommen ist, denn jetzt sehe, jetzt höre ich nur noch Wiederholung, Retro, die „ewige Wiederkehr des Gleichen“, und weil deshalb also so ein Zeitpunkt immer gut für eine beschauende Darstellung ist, und, und das ist besonders wichtig für mich, weil die Zeit gekommen ist, eine Bilanz, ein Resümee zu ziehen, ein Resümee, nicht nur bezogen auf die Musik, die mich über die Jahre begleitet hat, sondern auch bezogen auf das, was in meinem Kopf ist, heraus will, und wie ich glaube, auch heraus soll und niedergeschrieben werden muss, und mithin auch anderen nahe gebracht werden sollte (denn ich verstehe von Vielem Einiges, weniger von Einzelnem Vieles, aber ich denke, dass das Erstere wichtiger ist, wenn man denn eine Bilanz, ein Resümee ziehen will, das allgemeineren Charakter haben soll).

Und wenn dieses einer lesen, wenn dieses einer hören will, umso besser.

Ich höre jetzt schon, wie der eine oder die andere mäkelt, mich ob des „akademischen“ Geschreibsels bekrittelt, und ich weiß auch, dass ich dazu neige, aber ich weiß auch, dass sich das ändern wird, nämlich dann, wenn ich das, all das, was in meinem Kopf ist, direkt, wohlgemerkt direkt, herausbringe (… und sofort drängen sich mir Gedanken auf).

Es ist schon wahr, dass die letzten zwölf/dreizehn Jahre nicht einfach gewesen waren, nicht einfach, verglichen mit den Jahrzehnten davor, denn nur dies kann unser Maßstab sein, da weiter zurückliegende Zeiträume (hundert/zweihundert Jahre beispielsweise) als direkten Vergleich herangezogen, immer problematisch sind.

Es ging richtig los mit 9/11 (nine/eleven) in New York, in den USA, und all den katastrophalen Auswirkungen, wie Krieg, bleibende, dabei immer schon dagewesene, doch so noch nie derart deutlich hervorgetretene, schwer korrigierbare Antagonismen, Gegensätzlichkeiten, auch und zuvorderst wirtschaftlicher Art, die von den tumben „Gotteskriegern“ (Bush und Konsorten einerseits und bin Laden und Anhänger sowieso, Blair und andere Machtpolitiker weniger, aber jeder Krieger braucht seine Soldaten, die, ob sie nun glauben oder nicht, mitmachen, eben sklavisch, hündisch folgen) auf beiden Seiten, natürlich nicht in den Griff zu kriegen sind, denn dazu sind sie zu gierig, zu eitel, zu interessendgeleitet, zu machtgeil, zu sendungsbewusst, auch zu gläubig eben.

(Und mit dem einfachen Satz: „Ein Haufen gestörter Leute haben miteinander zu tun - Na und!“, kann man diese Chose ja leider nicht abtun.)

Diese Antagonismen waren längst noch nicht ausgestanden, geschweige denn bewältigt, da schreckte uns die Weltwirtschaftskrise.

Eine Krise, die zugelassen wurde, weil man das Kapital kaum kontrollierte, es schalten und walten ließ, und darauf vertraute ... ja, worauf denn eigentlich? Dass der Markt es schon richten werde? Das Einzelne und einzelne Gruppen, und in dieser Gesamtheit werden hier sowohl Täter als auch Opfer, z.B. „Häuslebauer“ in den USA, oder auch hier in Europe, in Spanien etwa, erfasst, denn das eine gehört zum anderen und bedingt sich gegenseitig, diese sich also in einer Art übergeordnetem Gleichklang zum Richtigen und Verträglichen werden hinwenden?

Das ist alles Quatsch! Sich selbst überlassen kann es sehr wohl in Teilbereichen Ordnung geben, aber sobald eine gewisse Größenordnung erreicht ist, Komplexität erreicht ist, braucht es Strukturen, braucht es ordnende Hände, um verlässlich, überschaubar und kontrollierbar zu bleiben.

Man könnte daraus lernen, allerdings sieht es derzeit nicht wirklich danach aus.

Es zeigt sich, dass seit Beginn der neunziger Jahre, seit Beginn der Globalisierung, größere Probleme, größere Katastrophen immer öfter als weltweite anzusehen sind, und dieses besonders im letzten Jahrzehnt, wie eben der Konflikt Islam versus Christentum bzw. versus Westen, die Weltwirtschaftskrise und auch Naturkatastrophen, wie der Tsunami vor Jahren in Thailand und großflächig drum herum, und jüngst wieder der Tsunami vor Japan und die folgende Atomkatastrophe in Fukushima uns deutlich vor Augen führte. Und kann man das Internet letztlich überhaupt beherrschen? - Stichwort „Cyberwar“ zum Beispiel.

Und dabei rede ich noch gar nicht von der drohenden Überbevölkerung und von der massiven Naturzerstörung (was wird mit der Ozonschicht beispielsweise?), die wir zulassen, zulassen aufgrund unseres mangelnden ökologischen Bewusstseins und vor allem aufgrund der divergierenden Interessenslagen der einzelnen Gruppen, der einzelnen Nationen und Völker.

„Haben die Inder und die Chinesen nicht genauso ein Recht auf Wohlstand wie der Westen“, frage ich mich und weiß keine Antwort. Fakt ist, dass diese und andere Völker es so sehen, und da sie das Potential haben, dann auch danach entsprechend konsequent handeln.

Und der Westen kann letztendlich nur zuschauen.

„Es ist wie es ist.“ (Zitiert nach Hans Henny Jahnn, aus seinem Buch: „Fluß ohne Ufer“, welches mir seinerzeit, Ende der achtziger Jahre, als ich es als Fünfundzwanzigjähriger las, ausnehmend gut gefiel.)

Aber zurück zu meiner Ausgangsthese: Also, welches Jahrzehnt seit dem zweiten Weltkrieg kann mit solchen Katastrophen, wie geschehen in diesem, unserem letzten Jahrzehnt, aufwarten?

Wir haben doch tatsächlich ein katastrophales Jahrzehnt hinter uns, ja, ein Jahrzehnt, das seit dem Zweiten Weltkrieg weltweit seines Gleichen sucht.

Und mir geht es hier nicht, und dies sei besonders angemerkt, mir geht es hier nicht, bei meinen Ausführungen, um eitle, individuelle oder kollektive Selbstbeschau, ja Selbstkasteiung (… hier, bei diesem altertümlichen Wort, kommt wieder einmal meine katholische, in der Kindheit erlittene, Erziehung, Prägung durch, was wohl sicherlich, wegen der Prägung, noch öfter der Fall sein wird, denn so ganz legt man so etwas ja nie ab - ich jedenfalls nicht), nach dem Motto: „Nie ging es uns so schlecht!“

Das ist Unsinn, denn mir geht es eindeutig nur um Darlegung des Geschehenen und sich daraus ergebene Gedanken ... um mehr nicht.

Was daraus wird, werden wir sehen.

Nun?!

Vielleicht sollten wir ja einfach akzeptieren, dass wir ein auslaufendes Modell sind, dass die Erde oder vielmehr die Menschheit auf ihr „auf“ ist, oder zumindest auf dem besten Wege dahin ist.

Und warum auch nicht! Wer sind wir denn schon? Glaubt man den alten und auch ständig immer wieder eindrucksvoll neu untermauerten wissenschaftlichen Erkenntnissen, dann ist unsere Erde, unser Planet, einer unter ganz vielen, unter ganz, ganz vielen.

Unsere Milchstraße soll allein 100 Milliarden, manche sprechen sogar von 200 Milliarden, Sonnen/Sterne haben. Und es wird geschätzt, dass zu diesen 100-200 Milliarden Himmelskörpern mindestens 20 Milliarden erdähnliche, und ich betone erdähnliche, Planeten gehören könnten, allein hier, na ja da ganz weit draußen, in unserer Milchstraße.

Und dann muss man natürlich noch bedenken, dass es schätzungsweise noch mindestens weitere einhundert Milliarden „Milchstraßen“, also andere Galaxien geben könnte, nein, gibt.

(Neuere Forschungen besagen übrigens, dass das für uns heute „sichtbare“ gesamte Universum nur lediglich fünf Prozent der tatsächlich vorhandenen „Univer-sualität“ - dieses ist eine Sprachschöpfung von mir - darstellen könnte, siehe auch hierzu, weitergehend und ergänzend, und natürlich den Horizont erweiternd, das Stichwort: Paralleluniversen.)

Und überall kann es erdähnliche Planeten, und da mag ich mir die Zahlen gar nicht mehr ausmalen, geben, auf denen sich menschliche Wesen oder ähnliches, hätten entwickeln können.

Also, um es kurz zu machen, wir sind ein Pups, wir sind ein Schiss im Unendlichen, im Ewigen, und wer sollte sich wirklich um diesen Pups kümmern, denn bei Blähungen ist man doch nur froh, dass die miese Luft raus ist und nicht weiter quält.

 

Das gilt es zu akzeptieren, hin zu nehmen, und somit ist dann auch gut!

Aber noch sind wir da, und absehbar auch noch ein wenig länger da, und das ist dann auch wiederum gut so. Und wir werden uns, so denke ich, schon noch um uns kümmern, mehr oder weniger um uns kümmern, trotz all der allumfassenden Schwierigkeiten und trotz der vergangenen hautnah erlittenen katastrophalen Jahre, was ja gleichwohl nur eine Petitesse ist, gemessen an dem großen Ganzen, und wir können uns somit nun mal zurücklehnen, Erde Erde, Weltall Weltall sein lassen … und Musik hören.

Endlich!

Sufjan Stevens: “The Age Of Adz” - nun zum dritten Mal angesetzt.

Was für ein Werk, was für eine CD, allein schon vom Umfang hergesehen, diese fast achtzig Minuten.

Und wer traut sich heutzutage noch einen Song, ein Werk von über fünfundzwanzig Minuten einzuspielen und anzubieten („Impossible Soul“).

Was da alles drinsteckt, diese Stimmen, diese Klangfülle, fast schon eines Orchesterwerkes würdig, dann immer wieder diese Brechungen, Disharmonien, kontrastierend zu schönen Harmonien (ist aber doch auch klar, dass so etwas gebracht werden muss, von einem Könner, denn wir wollen doch auch, immer mal wieder, überrascht werden).

Aber es stecken hier, in diesem Werk, ebenso auch die Harmonien, ja, manchmal das simple Wiederholen von Sequenzen drin. Was übrigens auch, wohlgemerkt, ein Kennzeichen von großartigen Komponisten sein kann. Schon

Brian Wilson und Lennon/McCartney haben es verstanden sich mit Harmonien und Wiederholungen (einfach großartig das Ende von “Hey Jude“ zum Beispiel) ein zu schmeicheln, und ich meine nicht ein zu schleimen, sondern einschmeicheln.

Diese Größen wussten eben auch, dass Musik nicht nur für den Kopf, für die Ohren, sondern mehr noch für den Körper, für den Bauch gemacht ist.

Denn ganz offensichtlich sind wir so geschaffen, dass nur das wirklich nachhaltig wirkt, was „an die Nieren geht“ (diesmal im positiven Sinne gedacht).

Der Mensch ist wohl so gestrickt, dass besonders das harmonische Wiederholen von Tönen und Sequenzen sich in den Fasern des Körpers festsetzt und diese zum Schwingen bringen kann.

(Was ist das Hirn, wenn der Bauch nicht mitmacht?!)

Wer sich darauf einlässt, wird es spüren.

Und großartige Komponisten bringen es fertig, kunstvolle, geschliffene Noten, Töne, Sequenzen mit einfachen zu verbinden, sodass sie ein wunderbares, mitreißendes Gesamtkunstwerk oder auch einen Klasse-Song ergeben.

All dieses - wunderbares, mitreißendes Gesamtkunstwerk oder Klasse-Song - finden wir bei Sufjan Stevens „The Age Of Adz“.

Hört euch „Impossible Soul“ an, oder auch „Vesuvius“, „I Walked“, „Now That I`M Older”, “All for Myself”, „I Want To Be Well“. Alles Klasse-Songs auf einer Klasse-CD ... rundherum gelungen, und sie zeigen mir, dass da einer ist, der Potential hat, und der uns hoffentlich noch länger erhalten bleiben, produktiv bleiben und sich weiterentwickeln wird.

Amen.

Dies war nun keine Heiligsprechung, noch nicht einmal eine Seligsprechung (denn Seligsprechung kommt immer vor Heiligsprechung, so sind die Katholiken), aber Ehre wem Ehre gebührt, und Sufjan Stevens hat sie und größtes Lob verdient.

Nun höre ich noch, wie von einigen Seiten bemängelt wurde, dass die Musik von Sufjan Stevens, und hier war besonders die CD „The Age Of Adz“ gemeint, doch ein bisschen überladen sei.

Nix da!

Diese Kritik kommt mir so vor wie die Kritik des damaligen österreichischen Kaisers an einer Oper Mozarts, dargestellt in diesem großartigen Film „Amadeus“ von Milos Forman.

Auf die Frage von Mozart an den Kaiser, wie ihm den die Oper gefallen habe, druckst der Kaiser, dieser Depp, erst einmal herum, um dann die Bemerkung fallen zu lassen, ja, die Oper sei ganz schön, aber sie hätte zu viele Noten ... „einfach zu viele Noten“.

Hier wurde uns, von diesem Dussel, Musikkritik auf allerhöchstem Niveau geboten. Oder?

Ich weiß selbstverständlich, dass Sufjan Stevens schon einige CDs herausgebracht hat, aber diese letzte ist die beste … und grundsätzlich, dieses sei für die weitere Vorgehensweise erläutert, werde ich jeweils eine CD/LP von jedem Künstler oder jeder Gruppe aus meinem Fundus vorstellen und besprechen, jeweils eine CD/LP, die ich für die beste halte, jeweils eine CD/LP, die mich am allermeisten mitgerissen hat.

Aber natürlich gibt es auch Ausnahmen, Ausnahmen dann, wenn wir es mit Ausnahmeerscheinungen zu tun haben (z.B. Elvis Presley, The Beatles, The Rolling Stones, Brian Wilson, Bob Dylan, Van Morrison, Neil Young, The Clash, Tom Waits, Nick Cave ... und wir werden sehen, wen noch, vielleicht Eminem?, vielleicht Kanye West?, mal sehen, ja, ich arbeite noch daran - „man at work ... work in progress“ -, lasse immer noch alles auf mich wirken, bin noch entscheidungsoffen sozusagen, gerade auch was Veröffentlichungen aus den letzten Jahren betrifft, allerdings auch mit Zweifeln behaftet, denn die populäre Musik ist auf dem absteigenden Ast - siehe hierzu meine Ausführungen weiter oben), dann, in diesem Fall, werden es jeweils zwei CDs oder LPs sein.

Was für mich immer ein wichtiges Bewertungskriterium einer guten oder sogar herausragenden CD/LP war und ist, ist der Eindruck, den diese CD/LP beim ersten oder zweiten Hören auf mich macht.

Wenn ich mir die CD/LP ganz angehört und gleich den Eindruck bekommen habe, dass dieses Werk eine „runde Sache“, eine in sich geschlossene Einheit, ein „Gesamtkunstwerk“ eben, ist, ich also nichts mehr oder weniger planlos Zusammengestelltes, markorientiertes Sammelsurium, dilettierendes Etwas höre und erkenne, dann bin ich also schon einmal sehr eingenommen und gebe den ersten Pluspunkt.

So habe ich es früher schon immer gehalten und halte es bis heute immer noch.

Wobei hier nun nicht der Eindruck erweckt werden soll, dass ich als Großkritiker daherkommen will, nein, wirklich nicht.

Ich nehme zwar für mich in Anspruch, dass ich einen guten Musikgeschmack habe, aber weniger als Professioneller gelten möchte, denn als Musikkenner, der weniger den Theorien folgt und mehr auf seine Intuition gibt, also einer, der immer eher für das Bauchgefühl als für den Kopf ist ... den ich aber nicht vernachlässigen werde, das nun auch nicht, nein.

Aber ich merke schon wieder, ich rede und rede und rede, komme dabei schnell vom Hundertsten zum Tausendsten, und dabei soll doch meine, meine spezielle, ureigene Musikauswahl hier die erste Geige spielen und vorrangig behandelt werden.

Nun denn … also back to the roots.

Natürlich werde ich bei Elvis Presley anfangen, und zurück in die fünfziger Jahre gehen.

Wobei ich gleich einschränken muss, dass ich hier nur über Gehörtes, Gelesenes und im Fernsehen und auf DVD Gesehenes berichten kann, also die Zeit nicht „live“ miterlebt habe, wie auch die sechziger Jahre nicht ... denn so alt bin ich noch nicht.

Aber Material kann man genug finden, vor allem ist alles auf CDs, manches auf DVDs festgehalten, sodass man sich schon ein recht gutes Bild machen und auch halbwegs objektiv darüber reden und schreiben kann.

Gerade vorhin (denn ich mache auch immer mal wieder eine Pause nach langem Sitzen am Schreibtisch) habe ich in einer Zeitschrift über die „Unheimliche Eskalation der Jugendgewalt“ gelesen, und wieder ist mir ein Dialog (und diesen muss ich jetzt unbedingt einmal loswerden) eingefallen - ein schaurig kleiner Dialog:

„Hör zu alter Junge, ich hab da so eine Idee, wie wir diese Schlägertypen, diese jugendlichen Schläger, zur Räson bringen können.“ „Ach, du hast wieder so eine Idee? Hmm, fein! Wieder so was wie letztens, wo du genau wusstest, wie mit den Flüchtlingen aus Nordafrika umzugehen ist, was dann aber doch so keinen überzeugt hat. Erst groß getan auf dieser Fete, dann sich arg blamiert, und mich noch gleich dazu ... hör mir auf!“ „Nein, nun warte doch. Hör zu! Wenn man so eine Schlägertype festgenommen hat, dann muss sie so wie bisher durch die Mühlen der Justiz gejagt werden, na klar, aber vorher kommt sie in Einzelhaft!“ „Was?“ „Na ja, wenn man so einen also hat, dann kommt er sofort, ohne ein weiteres Wort in eine spezielle Zelle. Die ist klein, hat einen Tisch, einen Stuhl, ein Bett, Klo und Waschbecken, aber natürlich kein Handy, kein MP3-Player und kein Fernseher, nur schummeriges Licht, nichts weiter.“ „Was soll das?“ „Er wird dann da für eine Woche lang eingesperrt, keiner spricht mit ihm, er bekommt drei Mal am Tag kommentarlos Tee, Brot, einen Apfel und Karotten, mehr nicht, mehr passiert nicht!“ „Drehst du jetzt ab, willst du die Isolationsfolter wiedereinführen?“ „Ach Scheiße! Immer gleich wieder diese Schlagworte, diese Sprüche. Ich will doch nur, dass dieser Bursche in aller Ruhe, und ganz für sich, mal über sich und über sein Tun nachdenken muss. Und wenn du ganz allein bist, dann tust du das zwangsläufig! Sperr also jemanden in einen kleinen Raum ein, und er wird dann zwanghaft grübeln und auch versuchen, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, und das setzt etwas in Gang. … Was ist denn jetzt? Entweder wird der Bursche vorerst nach Hause entlassen und kann sich dann bei Mutti oder Freundin ausweinen, oder bei seinen Kumpels prahlen, oder aber er kommt in den Knast zu Seinesgleichen und ist so abgelenkt, dass er sich keine Gedanken machen muss. So ist es doch! Aber mit meiner Methode, wird er auf sich geworfen, kann sich nicht rausreden, kann sich nicht ablenken, von sich und seinem Tun, nein, er muss zu sich und seinen Taten stehen, ganz allein! ... Und ich denke, dass eine Woche eine gute Zeit hierfür ist. Vielleicht muss in dem einen oder anderen Fall, bei den ganz Hartnäckigen, noch eine Woche nachgeschoben werden?“ „Wie im Mittelalter? Wir sind doch nicht mehr im Mittelalter! Das ist doch vorbei, Mensch. Oder willst du hier nur irgendeine Art von Rache?“ „Genau, Alter, auch das stimmt. Es geht hier auch um Rache, vielleicht vorerst sogar nur um Rache, denn diese Burschen sollen auch mal spüren, wie es so ist, wenn man hilflos ausgeliefert ist, nur erleiden kann, nichts tun kann. Später soll ja wieder Justiz und Gerechtigkeit walten, und das finde ich auch gut, wirklich, aber erst einmal sollen diese Burschen spüren, was Rache sein kann, was es bedeutet, völlig ausgeliefert zu sein, absolut hilflos zu sein.“ „Mein Gott, irgendwie hast du sie nicht alle, ich hab`s immer gewusst, und sehe es jetzt wieder. Mensch, mit dir, nein, mit dir, nein ... wirklich!“

Ende des Dialogs.

Er saß mir im Kopf, dieser Dialog, drinnen im Kopf.

Es ist wohl so, dass ich ihn irgendwann einmal geträumt habe, und dass ich ihn nun endlich einmal loswerden, aussprechen musste … und sei er auch noch so grausig.

Doch zurück zu Elvis Presley … und zu den Anfängen.

Also zurück in die fünfziger Jahre.

Elvis Presley, diese später so tragisch-traurige Figur, muss am Anfang stehen.

Denn als Musiker, als Sänger und als Interpret (er war ja nicht Komponist oder Texter, oder kaum einmal), war er schon eine Klasse für sich, und steht für mich am Anfang meiner, der populären Musik. Da gibt es für mich kein Vertun!

Er war mithin einer, der zur rechten Zeit am richtigen Ort gewesen war und losgelegt hat.

Und in dem Album „The Sun Sessions“ bzw. in den Songs daraus hat er diese Grundlage gelegt.

Dieses Album, erst 1976 erschienen, also kurz vor seinem Tod (wo er folglich schon fast alles hinter sich hatte), kam diese LP heraus. Sie beinhaltete Songs aus den Jahren 1954-1956, die seinerzeit als Singles erschienen waren. Einfache Songs, keiner über drei Minuten lang, einfacher Rock `n´ Roll, ein wenig Country, einschmeichelnde Balladen von dieser … mit dieser sagenhaften Stimme.

In diesen Songs ist also in gewisser Weise … nein, nicht nur in gewisser Weise, sondern ganz konkret, ist also ganz gewiss die Grundlage für alles Spätere gelegt worden.

Wenn man denn schon einen Anfang finden will, dann ist er sicher hier zu finden.

Kleiner Anlass, große Wirkung, wie man so schön sagt.

Hier, an dieser Stelle, will ich einmal von dem weiter oben Gesagtem abweichen, insoweit abweichen, als ich da gesagt hatte, dass ich jeweils eine oder auch mal zwei LPs/CDs von jedem der einzelnen Künstler oder auch Gruppe vorstellen werde.

Bei Elvis Presley mache ich insofern eine Ausnahme, dass ich bei ihm kein zweites vollständiges Werk präsentieren kann, denn da ist mir keine zweite herausragende LP/CD untergekommen. (Wer es anders sehen mag, mag es anders sehen, ich jedenfalls, sehe es so.)

 

Aber herausragend in seinen Songs war er, ist er und wird es immer bleiben, sodass ich von ihm eben einzelne Songs vorstellen werde, denn davon gibt es eine Menge, und vor allem auch eine Menge sehr guter.

Elvis hat diese, andere Vorgehensweise voll und ganz verdient.

Aus der Vielzahl der Platten habe ich etliche Songs herausgesucht.

Und da ich mir nun schon diese Mühe gemacht habe, wobei ich aber auch einigen Spaß dabei hatte, das will ich nicht leugnen, denn viele Songs von Elvis Presley gehen wirklich „ins Blut“, da ich mir nun also schon diese Mühe gemacht habe, müsst ihr euch diese Songs aber auch anhören, und nicht nur anhören, sondern sie voll auf euch wirken lassen.

Darauf kommt es an!

Als ersten Song habe ich gleich meinen Lieblingssong, meinen absoluten Favoriten ausgesucht. Ich halte es damit Michael Stipe von R.E.M., der gab, befragt in einem Interview, als seinen Lieblingssong von Elvis Presley „Suspicious Minds“ an - und genau der ist es auch für mich.

Anhören!

Habt ihr den gehört?

Der ist es. Großartig!

Aber weiter geht es in einem Rutsch: „When My Blue Moon Turns To Gold Again“, “Paralyzed”, “How`s The World Treating You”, “How Do You Think I Feel”, “Don`t Be Cruel”, “Love Me Tender”. … Oooooh! … Ich kann gar nicht aufhören: “Jailhouse Rock”, „One Night“, „It`s Now Or Never“, „Are You Lonesome To Night?“, “Surrender”. Was man alles in knapp zwei Minuten mit einem Song herüberbringen kann. Genial! “His Latest Flame”, “Good Luck Charm”, „Return To Sender“.

“In The Ghetto” werde ich nicht spielen, der Song gehört hier nicht her, der ist mir dann doch zu schmalzig. Dafür aber noch einmal „Suspicious Minds“, als krönender Abschluss gewissermaßen. Lasst euch ergreifen.

Darauf kommt es an.

Ich entsinne mich noch ganz genau wie ich als junger Spund Ende der siebziger Jahre mit einem Freund regelmäßig freitags oder samstags in einer Kneipe gewesen bin.

Da in der Kneipe gab es reichlich Bier, da waren Spielautomaten, Billardtische und die gute alte Musikbox. Und aus dieser Box schepperte „Suspicious Minds“, unser beider absoluter Favorit, ungeachtet dessen, dass dieser Elvis-Song schon nicht mehr ganz neu gewesen war.

Rauf und runter haben wir ihn gespielt, und so geliebt.

In solchen Momenten ist die Zeit aufgehoben und das Geschehen bleibt ewig in Erinnerung. Natürlich spielt auch das Unbedarfte, das Naive, der Glauben an alles Machbare und an die Zukunft eine entscheidende Rolle … vor allem eben das Gefühl noch ein ganz junger Mensch mit allen Möglichkeiten zu sein. Man entsinne sich an solche Momente und man weiß (… ich weiß es jedenfalls immer noch), dass die Tage, seinerzeit, bereits am Morgen anders gerochen, anders geschmeckt haben, und dass man auch mit anderen anders zusammen kam.

Es waren die siebziger/achtziger Jahre in Westdeutschland, und es war eine andere Zeit als heute, und die ist nun Vergangenheit. Mir schien damals einfach mehr möglich gewesen zu sein.

Aber es würde mich doch interessieren, ob heutige Jüngere ähnliches erleben, spüren, empfinden. Möglicherweise ja, aber leider hört man so wenig davon, vielleicht auch deshalb, weil viele Hoffnungen sich schon lange verflüchtigt haben oder gar nicht erst ernsthaft aufgekommen sind, oder vielleicht auch, weil unsere heutige Zeit Anforderungen stellt, die ein sich treiben lassen ohne gleich Gefahr zu laufen zu ertrinken, nicht mehr zu lässt, denn hier und heute sind Schwarz und Weiß die gängigen Farben - entweder du machst mit, fügst dich ein und funktioniert, oder du gehst unter, nach dem Motto: Friss Vogel oder stirb!

Das ist das Ende jeder Utopie, oder auch nur weitergehender Visionen (wobei es mir hier nicht, dieses sei ausdrücklich betont, um große politische oder gesellschaftliche Utopien bzw. Visionen geht, nein, es geht mir um den persönlichen Ausdruck, die mögliche persönliche Entwicklung, soweit diese denn noch möglich ist … möglich ist, in einer derart gestalteten und geänderten Umwelt).

Nun aber einen Schritt weiter, meinem roten Faden folgend (… mein roter Faden wird immer meine von mir ausgesuchten LPs/CDs-Vorstellungen und Präsentationen der populären Musik der letzten fünfzig/sechzig Jahre sein), und hin zu Miles Davis. Hier nun zum einen vorgestellt mit seinem Werk „A Kind Of Blue“ und zum anderen mit seiner von ihm komponierten Filmmusik zu dem Louis Malle Film „Fahrstuhl zum Schafott“, mit der jungen Jeanne Moreau in der Hauptrolle - dieses war in den Jahren 1958/1959.

Nun ist Jazzmusik nicht jedermanns Sache, aber sie ist für mich fester, wenn auch nur kleiner, Bestandteil der populären Musik, und wenn man sich darauf einlässt, wirklich darauf einlässt, dann hört man in jedem Stück dieser Werke das Können der Jazzmusiker und vor allem, hier vorrangig und besonders zu beachten, das besondere Können des Musikers Miles Davis heraus. In diesen beiden Platten kann ich es jedenfalls finden.

Mit seiner Filmmusik zu „Fahrstuhl zum Schafott“ hat er das Geschehen aus diesem Film kongenial begleitet. Er lässt uns die Einsamkeit, die Angst, auch Verlorenheit der suchenden Hauptdarstellerin in der nächtlichen Großstadt hautnah spüren, ebenso kann er das Flirrende, Pulsierende der Jeanne Moreau umgebenen Großstadt herüberbringen. Großartig wie hier die Handlung des Films und die Musik harmonieren.

Hin und wieder kommen uns Filme unter, wo es einfach klappt, und hier klappte es hundertprozentig.

Ein wenig anders ist es bei „A Kind Of Blue“. Denn hier musste Miles Davis nicht begleiten, hier war er auf sich gestellt, konnte seiner Intuition, auch Inspiration freien Lauf lassen, und wenn man dann noch die richtigen Mitspieler hat, und die hatte er, denn auf diesem Werk gibt es nur Gleichklang und Übereinstimmung, dann kommt also ein Meisterwerk heraus. Voila.

Ein ganz anderer Künstler, Musiker ist, war Roy Orbison, den Elvis Presley mal als den größten Sänger der Welt bezeichnet hat. (Wenn das kein Kompliment, dies keine Ehre ist, gerade auch von ihm, von Elvis.)

Aber unabhängig hiervon habe ich Roy Orbison, den ich erst, erst wirklich über einen Umweg kennen gelernt habe, schon immer für einen Klasse-Sänger gehalten.

Ich kannte ihn, wie gesagt, nicht genau, eher kaum, aber natürlich kannte ich doch seinen Song „Oh, Pretty Woman“ durch diesen unsäglichen Film „Pretty Woman“ mit Richard Gere und Julia Roberts, aber erst kennen gelernt, wirklich kennen gelernt habe ich ihn durch den Film „Blue Velvet“ von David Lynch, beziehungsweise dieser Film war Anlass für mich gewesen, mich intensiver mit Roy Orbison zu beschäftigen.

Als ich mir nun dies eben Geschriebene noch einmal durchlese, muss ich einhalten und gleich zugestehen, dass ich jeden verstehen könnte, der da mir sagt: „Was machst du das alles wieder so kompliziert! Schreibe doch einfach kurze klare Sätze, dann versteht dich ein jeder sofort!“

Aber ich sage: „Nein, so bin ich nicht, bei mir funktioniert das so nicht, bei mir funktioniert das nur so ... und zwar nur so: Alles soll heraus, und zwar direkt heraus, und dabei kann es schon einmal umständlich werden. Und ein bisschen Mühe muss sich der Leser auch schon mal machen … ja!“

Hierbei fällt mir ein, was ich mal über den Schriftsteller George Simenon, den ich übrigens für einen sehr guten Schriftsteller halte, gelesen habe.

Dieser hatte als junger Autor große Zweifel an seiner Begabung und er suchte mit einigen Textproben Rat, ich glaube es war bei Gertrude Stein, seinerzeit in Paris.

Diese sah sich seine Texte an und sagte, dass er zu ausschweifend und umständlich sei, dass er streichen, streichen, streichen müsse, und kurze prägnante Sätze schreiben solle. George Simenon hat diesen Rat beherzigt und ist sehr gut damit gefahren.