Wie über Umwege eine neue Beziehung geknüpft werden kann

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Autor:
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Wie über Umwege eine neue Beziehung geknüpft werden kann
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Inhaltsverzeichnis:

Ganz weit draußen (Der Erste und der Zweite)

Hier unten im Trostlosen (Die Frau, der Ehemann und der Bruder des Ehemanns)

In der Machtzentrale (Die Bundeskanzlerin, der Superminister, der Innenminister und der Staatssekretär)

Man muss sich nicht von allem tangieren lassen (Das Kind)

In der Machtzentrale (Die Bundeskanzlerin, der Superminister, der Innenminister und der Staatssekretär)

Hier unten im Trostlosen (Die Frau, der Ehemann und der Bruder des Ehemanns)

Möglicherweise etwas Erfreuliches (Die Frau und der Staatssekretär)

Ganz weit draußen (Der Erste und der Zweite)

Ganz weit draußen (Der Erste und der Zweite)

Wir befinden uns draußen, ganz weit draußen, dort, wo man als Normalsterblicher nicht hinkommt … ja, kaum sich vorstellen kann, je hinzukommen.

Und auch das, was wir im Folgenden sehen werden, ist eigentlich unmöglich.

Wir sehen zuvörderst ein Wesen, einen Mann, durchaus jovial erscheinend, stark gebaut, und mit einer prächtigen weißen Haarmähne geschmückt, dazu trägt er einen graumelierten Vollbart, und bekleidet ist er mit einem wallenden elfenbeinfarbenen Gewand.

Er hat etwas von einem griechischen Gott an sich.

Wir werden ihn, weil es so am Einfachsten ist, den Ersten nennen.

Sein Alter ist ganz unbestimmt, aber der Jüngste ist er nicht mehr, so viel können wir sehen.

Dieses Wesen, dieser Mann schreitet bei dieser ersten Begegnung mit ihm lange und sehr lang-sam durch einen lichten Raum, von hier nach dort, von dort nach hier.

Dann aber, nach einer Weile, stellt er sich unvermittelt in einen breiten Lichtstrahl, den er bisher umgangen hatte, und sonnt sich in ihm.

Lange steht er, sich sonnend, hin und wieder vorsichtig blinzelnd die Augen öffnend, in diesem Licht.

Dann hebt er an, und es ist von ihm zu hören:

„Gut dass ich mir selbst genüge … fast jedenfalls genüge ich mir voll und ganz … ja, ganz selbst. Hab ich doch auch mein Tun. Ständig muss ich schauen, mal entsteht da was, weit weg, ganz weit weg, manchmal kaum einsehbar, schlecht erkennbar, so weit weg ist es. Dann vergeht hier was und verabschiedet sich hochdramatisch, bombastisch, mit Knall und Ball und Fall, in sich zusammenfallend. Es ist schon fantastisch, faszinierend … manchmal. Und in welchen Tönen auch, Kristallisationen, welchen Farben auch … manchmal. Ich kann mich dann so gar nicht sattsehen, sehe zu, kann nur schauen, muss nicht denken, wozu auch, kann nur fühlen. Kann all dies auf mich wirken lassen, kann es spüren … es ist ja von mir, kommt von mir, verlässt mich, kommt aber gewiss immer wieder in mich zurück, zu mir zurück … bleibt und lässt mich sein, ich lass es, all dies sein. So war es, so ist es, so wird es ewig sein. All dies bleibt, ich bleibe.“

Dies gesagt, hält es inne.

Ohne allzu viel Pathos, nur einzelne Worte leicht betonend, ist dies von ihm gesagt worden.

Es ist wohl so, dass dies gesagt wurde, ohne weitergehende Absicht, ohne Ziel, ganz grundlos.

Dann, nach einer kleinen Pause des Nachdenkens, hebt er wieder mit einem Ruf an:

„Wo bleibst du? Ich möchte mir ein wenig die Zeit vertreiben, mit dir! Wo bleibst du denn?“

Innehaltend und wartend, aber doch mit einer gewissen Ungeduld, sonnt er sich dann wieder im Strahl des Lichtes.

Und nun erscheint ein zweiter Mann.

Wir werden ihn, auch hier der einfachhalbhalber, den Zweiten nennen.

Er kommt langsam herein, in die lichte Räumlichkeit, und geht dabei auf das Wesen, dem Mann im Lichtstrahl zu.

Auch er gleicht dem Typus Griechischer Gott, hat doch auch er eine prächtige Mähne, ein wallendes, helles Gewand, allerdings trägt er keinen Vollbart, auch ist er spindeldürr, und er ist zudem deutlich jünger als der Erste.

Dazu wirkt er, weil er sich bei fast jeder seiner Bewegungen so gibt, sehr feminin, was man von dem anderen nun wahrlich nicht sagen kann.

Und kaum stehen sich die beiden Männer gegenüber, entspinnt sich ein Disput zwischen den beiden, und es ist als erstes vom Ersten zu hören:

„Ich muss dich immer rufen. Das weißt du, dass mir das nicht gefällt, dieses dauernde Rufen und Suchen nach dir. ... Nun!?“

Der Angesprochene tut erst einmal ganz unbeteiligt, reagiert nicht, nur durch einen Augenaufschlag zeigt er ein geringes Interesse.

Der Ältere fragt, gleichsam befehlend, noch einmal:

„Nun!?“

Der Jüngere weiß sich ob dieses Tones nicht recht zu verhalten, windet sich sanft, und sagt dann nur kurz und schmollend:

„Sei nicht immer so grob zu mir. Ich bin da empfindsam, das weißt du doch.“

„Ja, ja, das weiß ich, das du so, so empfindsam bist. Was habe ich mir da nur ausgesucht? … Aber es sollte wohl so sein, bist ja auch sonst ganz lecker. ... Und!? Wo bist du denn nun wieder gewesen? Man sieht dich so selten. ... Nun!?“, antwortet kurz, abgehakt, kategorisch, aber doch auch ein wenig versöhnlicher, der Erste.

Der Zweite reagiert nicht sogleich, tänzelt stattdessen ein wenig im Lichtkegel.

Dann aber ist von ihm zu hören:

„Ich musste mich ein bisschen zurückziehen.“

„Ach nein! Er hatte wieder seine Anwandlungen, der, der ach so Empfindsame. … Das arme, arme Puscherl, Hascherl, das…“, kommt sogleich, und nicht vollständig den Satz beendend, die Replik des Älteren.

So kann der derartig Angemachte und ein wenig Aufgebrachte nur antworten:

„Das du nur spotten kannst, du Grobian, du Grober. Glaubst du denn, dass dies für mich hier alles so einfach ist? Ich bin doch nicht so ganz freiwillig hier, eigentlich bin ich doch fast schon gekidnappt worden, von dir, hier her, wo ich gar nicht weiß, wo ich eigentlich bin.“

Ungeduldig reagiert der Erste:

„Ja, ja, nicht schon wieder, das hatten wir nun schon.“

„Das willst du immer nicht hören. Da machst du zu!“

Dies gesagt hält der Zweite inne, tänzelt wieder, und sagt:

„Aber ich will mich ja nicht wirklich beschweren, nicht schon wieder ... und wieder, nicht schon wieder, das ist gegessen.“

Versöhnlich und leise, so leise, dass der Jüngere einen Schritt auf ihn zu gehen muss, sagt der Ältere:

„So ist es gut. … Aber was hat dich denn sonst noch bedrückt, das du dich so rar gemacht hast? Ich will doch auch etwas von dir haben.“

„Ich musste nachdenken, über was anderes nachdenken.“

Indem der Jüngere nun ruhig stehen bleibt, den Kopf ein wenig zur Seite neigt, will er wohl seine letzten Worte nach einmal unterstrichen wissen.

Der Ältere harrt ruhig und gelassen der weiteren Dinge, er weiß, so scheint es, was kommt.

Nun spricht auch schon wieder der, der sich äußern muss:

„Ich weiß ja immer noch nicht, wer oder was du eigentlich bist, was all dies hier … was all dies hier soll?“

Jetzt muss sich der Angesprochene, ob er will oder nicht, äußern, und er tut es auch:

„Ach, armes Kerlchen, musstest dich deshalb zurückziehen, um an diese Dinge, wieder und wieder einmal zu denken. Das solltest du wirklich lassen, bringt nichts, macht nur Falten, bei dir, du armes Kerlchen…“

Der Ältere stockt, weiß aber wohl, dass er es so nicht abtun kann, und fährt sogleich fort:

„Ja, wie bringe ich es dir am besten bei. Also: Ich bin ich! Und sonst gar nichts. Ja … ja, ja!“

Dieser Satz steht nun allerdings zusammenhanglos im Raum, und der Ältere weiß, und sieht es wohl auch bei dem ihm gespannt Zuhörenden, dass dieser Satz erläutert werden muss und dass er weiterer Erklärungen bedarf.

„Eigentlich bin ich nichts, nur ich. Was natürlich immens ist, doch sogleich auch gar nichts. Denn wenn ich ich bin, dann bin ich nichts, denn dann spüre ich gar nichts, sehe, höre, fühle, denke nichts, absolut nichts … nur bin ich … ich dann. Dies ist immer wieder schön, aber doch auch nicht alles, denn manchmal muss man, muss auch ich mich, und all das Andere, sehen, hören und fühlen … ja alles spüren. Und so muss ich mich immer mal wieder äußern, mich also veräußern. Und das habe ich nun schon so oft getan, in so vielfältiger Weise. … Du kannst mich also nicht ´eigent-lich`, nicht wirklich sehen, nur so in meiner angenommenen Veräußerung. Ich habe mich euch, dir angepasst, bin dir sehr ähnlich geworden. Nein besser, habe mich mit dir gemein gemacht, mit euch. Ansonsten, nimm mich einfach als ´die Energie` … letztlich!“

Der Jüngere, der anfangs interessiert zugehört hat, hat zum Schluss aber doch erkennbar den Faden verloren, und so sagt er auch nur kurz und resignierend:

„Das ist mir alles viel zu hoch…“

„Ja ja, ich wusste es schon. Aber du sollst mich ja auch nur so nehmen wie ich jetzt bin. Lass das Vorher, das Nachher. Ich will dich doch auch nur so haben, wie du jetzt bist … nur jetzt bist. Und Spaß soll es doch auch machen, für mich…“, kann der Erste nur erklären, und dem Zweiten noch kurz die Zeit lassen, um einen abschließenden Satz zu äußern:

„Ja, es ist wohl so … soll wohl so sein.“

Eine längere Pause entsteht.

Keiner von beiden tut etwas, bis der Jüngere noch einmal ansetzt:

„Nur noch eins. Kannst du auf meinem Planeten, dem blauen, nicht doch mal was ändern?“

Diese Frage bringt den Älteren nun wieder auf, und unwirsch und laut reagiert er:

„Nein, niemals! … Was Gestern war, was Heute ist, wird Morgen schon längst nicht mehr sein. So ist es, so gehört es! Kein Anfang, kein Ende, dazwischen läuft es ab, so wie es sich auch für dies eine … euren Planeten, gehört. Ich ... ich schaue und lasse!“

 

Daraufhin schaut ihn der Jüngere nur erschrocken an, dreht sich um und geht.

Der Ältere folgt ihm einen Augenblick später.

Was nun folgt ist ein Szenenwechsel.

Waren wir eben noch ganz weit draußen, befinden wir uns jetzt wieder in heimatlichen Gefilden, irgendwo in einem größeren Raum, der ein wenig einer Bühne ähnelt, und auf der ein etwa sechzigjähriger, korpulenter Mann steht.

Dieser trägt einen dunklen Anzug, der mit einer breiten silbernen Krawatte geschmückt ist, und dessen dickes, feistes Gesicht durch eine dickverglaste Hornbrille zusammen gehalten wird.

Den „guten“ Conférencier kann man ihm nicht ohne weiteres abnehmen, denn sein unüberhörbarer Optimismus und seine gespielte Witzigkeit kontrastieren zu seiner Biederkeit. Er will partout den guten Conférencier abgeben, und tönt los:

„Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich … ja, ich freue mich sehr, Sie hier heute begrüßen zu können. Sie sollen hier und heute etwas geboten bekommen, ein Stück aus dem Leben, als Farce, als Groteske, also die Wirklichkeit. ... Stöhnen sie nicht, lassen sie das! … Schütteln sie nicht mit dem Kopf, bleiben sie! Auch wenn sie genug von der Wirklichkeit da draußen haben, diese nicht unbedingt hier drinnen, hier bei uns erleben wollen. … Bleiben sie, bleiben sie dennoch! Denn nicht immer ist ihre Wirklichkeit die unsere, nicht immer sehen zwei das Gleiche. Vielleicht kann man etwas dazu lernen. ... Seien sie also bereit, aufnahmebereit sozusagen. ... Nehmen sie also teil!“

Was dieses Zwischenspiel nun genau soll, erscheint wohl nicht jedem gleich ersichtlich, wird aber vielleicht im Laufe des Folgenden klarer werden … hoffe ich jedenfalls.

Und jetzt wieder ein kurzer Szenenwechsel, denn nun befinden wir uns in einem Wohnzimmer, das nobel eingerichtet ist, sich aber als sehr unordentlich, es ist also lange nicht aufgeräumt worden, zeigt.

Und schon tritt eine etwa fünfunddreißigjährige modisch aber irgendwie nachlässig gekleidete Frau schnell und sehr nervös ins besagte Wohnzimmer.

Sie wirft kurz einen Blick auf den großen Flachbild-Fernseher, der platzeinnehmend im Raum steht, und dessen Farben zu grell eingestellt sind, und der ohne Ton diese farbigen Bilder zeigt.

Es läuft dort eine nachmittägliche Show über das Liften am Körper.

Die hereingekommene Frau, die Hausherrin übrigens, hört auf den Namen Vera.

Hier unten im Trostlosen (Die Frau, der Ehemann und der Bruder des Ehemanns)

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