Die Earanna Chroniken

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Die Earanna Chroniken
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Wolfgang Seibert

Die Earanna Chroniken

Band5: Wie der Weg ins Eidestal gefunden wurde

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel1: Die Norstan Öde

Kapitel2: Irune und die schwarzen Würmer

Kapitel3: Die Malmen

Kapitel4: Auf der hohen Ebene

Kapitel5: Die vergessene Straße

Impressum neobooks

Kapitel1: Die Norstan Öde

Unter dem Regen war die Öde ein stilles Land. Mit jedem Tropfen versickerten die Geräusche im Geröll und ließen sie allein mit sich selbst. Außer ihnen, so schien es, bewegte sich nichts in der Öde, weder in der Luft noch am Boden.

Glücklicherweise endete der Regen, noch vor ihrer ersten Rast, genauso plötzlich wie er begonnen hatte. Mit ihm endete auch der Wind; die Wolken aber hingen weiterhin über ihnen und schlossen die Sonne aus.

Diese, ihre erste Rast im Nirgendwo, verkümmerte regelrecht zu einer halbherzigen Verrichtung. Man aß und trank, vertrat sich die Beine und derlei mehr, aber niemand ließ sich nieder, oder machte es sich gar bequem. Sie hatten bei einem großen Felsen am Wegesrand angehalten und recht bald bemerkt, wie sehr die Totenstille an ihren Nerven zerrte. Normalerweise gab es immer ein Geräusch: ein singender Vogel, irgendwo ein summendes Insekt, ein rauschender Bach oder Blätter im Wind.

„Sieht es hier oben überall so aus, Kraan?“ wollte Birka wissen. Für ein Waldkind wie sie eines war, musste die Öde mindestens so etwas wie ein Vorhof des Totenreichs sein.

„Ich bin auch das erste Mal hier!“ antwortete Kraan achselzuckend. „Dies erscheint mir allerdings auch etwas zu leblos. Ich erinnere mich, das Gintar auch von einigen Jägern und Fallenstellern sprach die auf den Hochebenen ihrem Handwerk nachgingen.

„Vielleicht waren sie ja etwas zu enthusiastisch!“ versuchte Ardun einen Scherz.

„Ich werde auf dem Rücken meines Pferdes schlafen müssen!“ behauptete Birka. „Denn wenn ich mich auf diesen Boden lege, werden mich entweder böse Träume heimsuchen oder ich kriege die ganze Nacht kein Auge zu!“

„Lasst uns beim nächsten Mal bei einem Tümpel rasten, das wird uns gut tun!“ schlug Narael vor und alle waren einverstanden. Auch damit, sich gleich jetzt wieder auf den Weg zu machen.

Tümpel und damit die Farbe grün, waren ein seltener Anblick, bedeutend seltener als ihnen lieb war. Denn nur in den vereinzelten Mulden die sich manchmal an den Seiten größerer Felsen bildeten, sammelte sich das Wasser. Und Wasser bedeutete immer auch ein wenig grün, vielleicht ein kümmerlicher Busch oder zwei, oder ein wenig Gras.

Wie sie in den nächsten Stunden heraus fanden, war die Öde vor Allem Eines: Sie war langweilig. Tödlich langweilig sogar. Am Anfang war die Stille noch unheimlich: Man fühlte sich beobachtet, ja belauert und wartete fast schon auf die erlösende Explosion von Geräuschen die ein Angreifer mitbringen würde.

Doch nichts geschah.

Auch nach Stunden nicht.

Da machte die Stille nur noch schläfrig und das Licht, wenn man es denn so nennen wollte, tat ein Übriges. Der Himmel war grau und blieb grau, bis die Dämmerung langsam unter die Wolken kroch und auch sie verbarg. Das Land um sie herum war erschreckend eintönig und die zwar schroffen aber doch immer wiederkehrenden Formen der Felsen wirkten verblichen und farblos. Und sicherlich hätten sie den Weg bald verloren, wenn nicht jede Achtelmeile ein Markstein gesetzt worden wäre, denn der Weg unterschied sich ansonsten oft kaum vom umliegenden Boden.

Als ein verwaschener grüner Fleck in der Ferne auftauchte und wuchs und wuchs, bis es eine hohe Buschgruppe vor einem Inlandkliff war, da waren sie alle froh und beschlossen dort ihr Nachtlager aufzuschlagen. Das Inlandkliff, welches hier vielleicht 50 Fuß hoch war, zog sich wie eine verwitterte Stufe im Land von Horizont zu Horizont.

Kraan bestand darauf, das sie sich den Büschen mit aller Vorsicht näherten, denn so sagte er, dies sei die größte Gefahr der Öde: Die Langeweile schläferte ein, machte nachlässig und unaufmerksam. Doch war die Öde weder unbewohnt noch waren all ihre Bewohner harmlos. Doch heute blieben sie unbehelligt und erlebten stattdessen eine kleine Überraschung. Sie fanden, so etwas wie eine Wegstation: Wenige Schritte von der Felswand entfernt und halb umgeben von Buschwerk, gab es eine mit Steinen eingefasste Feuerstelle, nahe bei einem Tümpel und auf der anderen Seite des Wassers umrahmten die Büsche eine Grasfläche die nur auf die Pferde zu warten schien. Dieser Tümpel erschien ihnen überraschend groß und ebenmäßig, nach den Eindrücken des Tages. Immerhin war er ein beinahe perfektes halbrund und vom seichten Rand bis zur Mitte der Felswand waren es wohl an die 35 Fuß! Und später, nachdem sie das Lager aufgeschlagen hatten, machte Narael eine Entdeckung die sie alle in Erstaunen versetzte.

Von dort, wo das Gebüsch bis an die Felswand reichte, hatte Sie ein leises Gluckern gehört, war dem Klang gefolgt und hatte ein Rinnsal entdeckt, welches in den Tümpel mündete. Nur einen Fuß von der Felswand entfernt, entdeckte sie den Randstein einer Einfassung, welcher rund und glatt unter dem scharfkantigen Geröll hervor lugte. Sie folgte dem offenbar künstlich angelegten Wasserlauf hinein ins Gebüsch und entdeckte eine tief ausgewaschene Spalte die im steilen Winkel zur Oberseite der Klippe lief. Nach dem heutigen Regen lief immer noch genug Wasser herab um ein Geräusch zu verursachen.

Die wahre Überraschung aber waren die Elbenglyphen auf einer geglätteten Fläche im Fels, gleich neben der Spalte. Narael hatte die Glyphen schon eine Weile lang betrachtet bevor ihr überhaupt aufging was sie sich da ansah. Was im Grunde nicht weiter verwunderlich war, denn solch Elbenwerk ist selbst von Eingeweihten nicht leicht zu erkennen. Doch als sie auf einmal die Glyphe „falling water“ erkannte, öffnete sich eine Tür in ihrem Geist und sie erinnerte sich wieder an die geheimen Zeichen ihres Volkes.

Sie war ganz nah an den Fels getreten, hatte ihre Stirn an die geglättete Stelle gelegt und in sich hinein gelauscht – für wie lange wusste sie nicht zu sagen, als Ardun sie fand.

„Ah hier bist du!“ sagte er erleichtert. „Ist alles wohl mit dir? Brauchst du ein wenig Ruhe?“

„Alles ist wohl mit mir, Ardun und nein, ich brauche keine Ruhe.“ antwortete sie und zeigte auf die Felswand. „Ich habe etwas entdeckt!“

Aber obwohl Ardun sicherlich mehr Erfahrung mit elbischen Dingen hatte, als alle anderen Menschen hier, brauchte er einige Zeit bis er überhaupt eine der Glyphen erkennen konnte. Tatsächlich dauerte es so lange, das Kraan schon begann ihre Namen von der anderen Seite der Büsche zu rufen.

„Wir sind hier!“ rief Ardun. „Kommt her, Narael hat etwas entdeckt!“

Wie erwartet erkannten die Anderen erst einmal gar nichts, stattdessen ernteten Narael und Ardun ein paar seltsame Blicke.

Bron trat als letzter an die Felswand und betrachtete eingehend die geglättete Fläche. Im Gegensatz zu den anderen schien er recht schnell etwas zu entdecken. Wie um sich zu vergewissern, schnüffelte er sogar an einer bestimmten Stelle, bevor er dann mit dem Finger der Wasserglyphe folgte.

„Ja, genau das ist es!“ bestätigte Narael und Ardun nickte ebenfalls.

Targon hatte aufmerksam zugesehen, als Bron die Glyphe nachgemalt hatte, konnte aber beim besten Willen nichts entdecken. Ebenso wenig wie Kraan und Birka, fiel ihm auf. „Also gut!“ sagte er und schaute von Narael zu Ardun und Bron. „ Ich weiß das du, Ardun, Dinge siehst die sonst niemand sieht.

Du bist eine Elbin, Narael, das ist schon wunderlich genug und Bron – na ja, wir wissen so gut wie nichts über Dein Volk!“ Dann schüttelte er unwillig den Kopf als müsse er ein paar lästige Fliegen loswerden. „Was ich eigentlich wissen will ist: Könnt ihr beschreiben was ihr seht?“

Während Narael und Ardun sich ansahen sagte Bron: „Es glimmert!“

Auch dazu nickten die Beiden.

„Na, wie auch immer!“ mischte sich Kraan ein. „Sind diese Glyphen wichtig für uns? Was bedeuten sie?“ wollte er von Narael wissen.

„Das fallende Wasser ist sauber!“ antwortete Narael und lachte als sie Kraans perplexes Gesicht sah. „Wenn wir unsere Schläuche füllen müssen, ist es gut zu wissen wo es reines Wasser gibt, nicht wahr?“

„Wie alt mag diese Botschaft sein?“ fragte Kraan.

Narael schaute noch einmal zur Felswand: „Viele Hundert Jahre.“

Kraan versuchte nicht zu verstehen, woher Narael wissen konnte, was sie da mit solcher Sicherheit über Dinge sagte, die er nicht einmal sehen konnte. Er versuchte sich an seinen Vorsatz zu halten und sich nicht von seinem Ziel ablenken zu lassen. „Es kann viel geschehen in so einer langen Zeit. Woher weißt du dass es immer noch stimmt?“

„Weil es immer noch da steht!“ sagte Narael, als ob damit alles erklärt sei.

„Na wie auch immer!“ sagte Kraan noch einmal. „Es gibt also keinen Grund weiterhin hier zu stehen, darum lasst uns zurück ins Lager gehen und die Dinge tun, die man tun muss, wenn man in der Wildnis übernachten will.“

 

Dagegen war nichts einzuwenden, fanden alle und bald schon brannte ein Feuer und es duftete nach Suppenkräutern und Pfannenbrot.

Wie lange sind wir noch in der Öde, Kraan?“ fragte Birka. „Die Leere schlägt mir nämlich aufs Gemüt!“

„Geht mir nicht anders!“ gab er zurück. „Wenn nichts dazwischen kommt, sollten wir in drei oder vier Tagen am Waymeet ankommen. Am Abend danach werden wir unser Nachtlager oberhalb der nächsten Treppe aufschlagen. Ich schätze, da oben wird es nicht weniger öde sein als hier, aber ich weiß es nicht. Ich bin auch das erste Mal hier.“

Narael hatte bei dem Wort Waymeet aufgeschaut und „Wo kommen wir in drei oder vier Tagen an, Kraan?“ gefragt.

„Am Waymeet. Dort trifft unsere Straße auf die Oststraße und auf die Passstraße, welche nach Norden an den Fuß der nächsten Treppe führt.“

„Wusstest du, dass Waymeet ein Elbenwort ist?“

„Nein!“ gab Kraan zurück. „Aber nach deinem Fund überrascht es mich nicht mehr! Was bedeutet es?“

„Wegtreff!“ antwortete Ardun für sie. „So hätten wir es auf meiner Welt übersetzt!“

„Es ist als wären wir ins Märchenland geraten!“ schwärmte Birka.

„Ein Märchenland in welchem Monster und böse Zauberer noch ihr Unwesen treiben!“ brummte Kraan.

„Und keins von beiden ist uns bis jetzt über den Weg gelaufen!“ konterte Ardun.

„Und das soll auch so bleiben!“ ließ sich Targon vernehmen und schaute herausfordernd in die Runde.

„Was aber würdet ihr tun, wenn es passiert?“

„Besser schnell richtig reagieren!“ antwortete Bron.

„Das ist eine kluge Antwort!“ lachte Narael. „Eines Kriegers Antwort, bestechend einfach und wahr!“

„Was nützt dir deine Schnelligkeit, wenn du den Feind erst bemerkst wenn es zu spät ist?“ fragte Kraan und sprach dann aus was ihm auf der Seele lag: „Dies ist eine der Gefahren der Öde, dass man nachlässig wird! Keiner von uns hält Wache und wir haben uns nicht einmal die nähere Umgebung angesehen! Fahrlässiger geht es kaum noch!“ er machte ein unglückliches Gesicht: „Und was mir richtig stinkt ist, dass ich selbst es bin, der euch hätte scheuchen müssen!“

„Meister Kraan, ihr seid zu streng mit euch!“ rügte ihn Narael und sprach dabei wie eine gütige, ehrwürdige Schwester aus Galens Haus. „Ihr braucht euch keine Sorgen um uns zu machen! Kein wildes Tier wird uns hier angreifen und böse Wesen meiden diesen Ort, außer etwas würde sie zwingen. Wir hingegen fühlen uns wohl hier, denn ich bin eine Elbin und ihr Alle seid in euren Herzen Elbenfreunde! “

„Und ist das nicht ein wundervoller Gedanke zur Nacht?“ fragte Targon salbungsvoll.

„Eine Abenteurergruppe in der Wildnis, sicher aufgehoben im Zauber eines Volkes, das längst schon im Strom der Zeit verschollen ist!“

„Ein guter Gedanke zum Einschlafen!“ fand auch Kraan. „Wenn dieser Ort so sicher ist wie du sagst, können wir uns morgen, bevor wir aufbrechen, um die Form der Truppe kümmern!“

„Das klingt ja fast wie eine Drohung!“ beschwerte sich Targon während er seine Decke ausrollte. „Bewegung ist sicherlich gesund, aber in meinem Alter sind gerade am Morgen hastige Bewegungen gar nicht immer möglich!“

„Das kannst du ja deinem nächsten Gegner erzählen, er wird sicher Verständnis haben!“

Unter solcherlei Geplänkel waren bald alle Vorbereitungen für die Nacht abgeschlossen und in der Stille hing jeder noch eine Weile seinen Gedanken nach. Sie alle waren erschöpfter als sie zugaben und schliefen bald ein.

Bron brauchte ebenso wie Narael bedeutend weniger Schlaf als die Anderen, aber er hatte sich ebenso wie sie hingelegt. Er hatte zwar keine Regung gezeigt als Narael sie Elbenfreunde nannte, aber vor Allem als sie sagte, das Böse Wesen diesen Ort nur unter Zwang aufsuchen würden, war ihm, als fiele eine ungeheure Last von ihm. Denn selbst als sich die Chrul vom Haupt abgewandt hatten, an seine Lügen hatten sie immer noch geglaubt.

Sie waren dem Bösen zugehörig, ob sie es wollten oder nicht, hatte er ihnen immer wieder versichert, darum waren sie ja Chrul. Er wusste nun ohne jeden Zweifel dass dies eine Lüge war und er hoffte, dass sein Volk dies eines Tages auch erfahren würde.

Die Nacht blieb friedlich, so dass sie am Morgen alle frisch und ausgeruht aufwachten. Entsprechend gut war die Stimmung, doch Kraan ermahnte sie noch einmal nicht achtlos zu werden, denn in der Öde mag ja viel Raum und Zeit zwischen den Gefahren liegen, doch die Gefahren waren überraschend tödlich! Darum ließ er es sich nicht nehmen sie alle noch einmal zu drillen.

Was aber ihrer Stimmung keinen Abbruch tat. Ardun begeisterte Birka für ein paar Überraschungsangriffe die sie gemeinsam aus den verschiedenen Formationen heraus immer wieder übten. Selbst Narael ließ sich ein paar Mal in die Höhe werfen. Im Flug nahm sie dann den Bogen von der Schulter und schoss einen Pfeil in ein vorher bestimmtes Ziel bevor ihre Füße wieder den Boden berührten.

Kraan fand das Ganze zwar reichlich unorthodox, aber er musste zugeben, das seine Truppe in Hochform war – und für manche Überraschung gut.

Doch an diesem Tag machte die Öde ihrem Namen alle Ehre – sie war genau das – öde und langweilig. Die Wolken hingen unverändert wie ein grauer Deckel über ihnen, manchmal regnete es und manchmal wehte ein dünner Wind, weder warm noch kalt. Im eintönigen Grau des Himmels war der Sonnenstand nicht zu erahnen und sie vergassen die Zeit. Ließen die Pferde trotten, gedankenverloren, bis die Dämmerung sie aufschreckte.

An diesem Abend fanden sei keinen auch nur annähernd so heimeligen Lagerplatz. Eine weitere Stufe in der Landschaft, diesmal nur wenige Fuß hoch und stärker verwittert lag auf ihrem Weg. Dort würde man sich schon einrichten können.

Während sie das Lager aufschlugen, war ihnen als kämen sie langsam wieder zu sich, beinahe wie nach einem langen Schlaf. Sie fragten sich, wie das wohl zugehen könne, das die Zeit in der Öde einerseits den ganzen Tag schlich und in der Dämmerung zerrann der Tag und nur Momente blieben.

„Das ist es wovor ich euch warnte!“ erklang Kraans Stimme. „Die Öde macht dich unaufmerksam, sie schläfert Dich ein!“

„Das ist allerdings wahr – sogar mein Bauch ist eingeschlafen! - Obwohl - Jetzt wird er wieder wach!“ Als er Kraans Gesichtsausdruck sah fügte er grinsend hinzu: „Das war mein Beitrag zum fröhlichen wach werden! Aber mal im Ernst, das Meer ist ja auch öd und leer, doch dort fühlte ich mich lebendig und stark. Hier tue ich nichts außer auf einem geduldigen Tier sitzen und ich wünsche mir ein Bett herbei. Aber erst nach dem Essen.“

„So geht es uns Allen, denke ich. Selbst ich, der ich euch mit meinen Warnungen in den Ohren liege, habe große Mühe aufmerksam zu bleiben!“

„Es ist als ob alles Leben zwischen diesen Steinen versickert.“ flüsterte Birka.

„Manche Orte scheinen nicht fürs Leben gemacht, doch glaubt mir, allein der Anblick von blauem Himmel und Sonnenschein würde uns wieder Lachen machen!“ versprach ihnen Narael.

Dies mochte wohl wahr sein, doch an diesem Abend stand ihnen der Sinn nur nach Schlaf, vor Allem nach dem Mahl.

Narael übernahm die erste Wache und da sie selbst von der Wirkung der Ödnis am Wenigsten betroffen war, weckte sie Bron erst als schon fast die halbe Nacht vorbei war.

Auch der neue Tag brachte keinerlei Abwechslung.Das eintönige Grau begleitete sie die nächsten zwei Tage und bald schon lernten sie den Anblick eines jeden Fleckchen Grüns zu schätzen. Ein jeder von ihnen hoffte auf ein wenig lebendige Erde, um zur Nacht sein Haupt zu betten.

Ab und zu grübelten sie über Naraels Traum, die Glyphen oder warum der Waymeet einen elbischen Namen hatte. In ihren Gesprächen ging es bald ebenso öde zu wie in dem Land um sie herum. Sie wussten zu wenig und es geschah nichts was ihnen neue Erkenntnisse verschafft hätte.

Unterwegs fanden sie zwar immer wieder einen Tümpel zur Nacht, doch kein anderer war mit Glyphen gekennzeichnet oder hatte den Zauber der Elben.

Als sie ihr viertes Nachtlager nach dem Elbenteich aufschlugen, reckte Bron die Nase in die Luft: „Hier gibt es Steinschwämme!“

Die Öde hatte in den letzten Stunden ganz allmählich ihr Aussehen verändert. Aus dem allgegenwärtigen Schotter ragten immer öfter seltsam regelmäßige Felsen, erst nur fußhoch, doch hier, an ihrem Lagerplatz waren sie schon mannshoch. Zwischen den Felsen fanden Gras und Kräuter Schutz und sogar ein paar flache Büsche hier und da.

„Steinschwämme?“ fragte Ardun. „Noch nie gehört!“ Auch die anderen machten ratlose Gesichter. Dann kam ihm eine Idee:“Sowas wie Pilze?“

„Ja, sowas wie Pilze!“ bestätigte Bron.

„Das wäre eine Abwechslung“ sagte Ardun. Ihm war anzumerken, dass es ihm dabei mehr um ein wenig Aufregung, als um die Bereicherung ihres Speisezettels ging.

„Wenn ihr sie denn finden könnt!“ unkte Kraan.

„Und sie dann auch noch genießbar sind!“ pflichtete der Zauberer bei.

„Genau das wollen wir herausfinden!“ gab Ardun zur Antwort.

„Nur ihr zwei?“ fragte Kraan.

„Zwei sind genug.“ Befand Bron.

„Ja, schaut euch mal um!“ stimmte Kraan zu. „Ist nie verkehrt, so eine Naherkundung. Wird euch eine Stunde reichen?“

„Und eine halbe dazu, bevor ihr euch Sorgen macht?“

„Sollt ihr haben!“ stimmte Kraan zu. „Danach it es ohnehin zu dunkel.“

Also machten sich die Beiden ohne weitere Vorbereitungen auf den Weg.

Einmal aus dem Lager, waren sie schnell in dem Gewirr aus seltsam rechteckigen Felsbrocken verschwunden. Für die nächsten Minuten trabten sie wortlos nebeneinander her und hielten sich in etwa nach Nordwest, Brons Nase nach. Ein paar Minuten später wurden die Felsen noch wuchtiger und die Gänge verengten sich. Da sprangen sie kurzerhand hinauf auf einen Felsbrocken und von dort zum nächsten hinauf und zum übernächsten noch höher, auf der Suche nach einem hohen Platz zum Beobachten. Mit der Höhe wuchs auch die Fläche der Felsblöcke, bis sie fast zwanzig Schritt von Kante zu Kante maßen. Auf ihrem Weg hinauf hatten sie sich immer enger an den Fels geschmiegt, damit sie gegen den Himmel nicht zu sehen waren.

Alle Felsen vor ihnen schienen die gleiche Höhe zu haben, waren überraschend eben und bar jeder Vegetation. Auch hier oben machte die Öde ihrem Namen alle Ehre.

Doch als sie Seite an Seite aufstanden und sich umschauten, lag vor und unter ihnen ausgebreitet, eine Felsenlandschaft, die nicht leicht zu begreifen war. Der Vergleich mit vergessenem Riesenspielzeug bot sich an, traf es aber nicht so ganz. Vielmehr sah es aus als hätten Riesen die Felsen sortiert.

Der Felsen auf dem sie standen gehörte zu einer wahren Armee von Felsen die in Dreierreihen nach Nordnordwest marschierten. Zu beiden Seiten dieses Felsenbandes wurden die Felsen schnell kleiner, bis sie in der Flache etwa so groß waren, wie auch in der Nähe ihres Lagers.

In einiger Entfernung ragte ein einzelner gewaltiger Felsblock auf, eindeutig höher als die Dreierreihen der Felsenarmee, welche recht nah an ihm vorbeimarschierte. Wie weit entfernt oder wie hoch nun dieser Fels wohl sei, war in der fahlen Dämmerung nur schwer einzuschätzen, da der Fels aus der Ferne so ebenmäßig und rechtwinklig, beinahe schon unwirklich präzise und wie von Steinmetzen behauen schien.

„Und riechst Du sie noch, diese Steinschwämme?“

„Aus dieser Richtung.“ antwortete er und zeigte auf den Riesenklotz.

„Du kannst aber weit riechen!“

„Der Wind steht günstig. - Und die Zeit würde reichen.“

„Oh, ich bin dabei, auch wenn wir keine Steinschwämme finden!“ lachte Ardun und zeigte in die Weite. „Das hier ist einfach zu unglaublich – was auch immer es sein mag!“

Damit standen sie auf und liefen los in Richtung Klotz. Etwa alle zwanzig Schritt war ein beherzter Sprung vonnöten, welcher aber weder Bron noch Ardun vor eine Herausforderung stellte. Im Gegenteil – es war schon eine Weile her, das sie sich so lebendig fühlten. Zwar war der Himmel immer noch grau, dennoch erlaubte ihre erhöhte Position einen grandiosen Ausblick über den wohl merkwürdigsten Teil der Öde, den sie bisher gesehen hatten.

Nach etwa einer Viertelstunde waren sie mit dem seltsamen Klotz auf gleicher Höhe und sie beschlossen sich nun wieder auf den Fels zu legen um die Landschaft zwischen sich und dem Klotz eine Weile zu beobachten.

Zwischen den niedrigeren Felsblöcken gab es hier eine zwar niedrige, aber doch recht dichte Vegetation, welche offenbar einigen Tieren Schutz und Nahrung bot. Schon nach wenigen Augenblicken bemerkten sie die ersten huschenden Bewegungen und bald darauf sahen sie einige kleine Tiere die wie Kaninchen mit zu kurzen Ohren aussahen.

 

„Kannst Du sie jetzt riechen?“ fragte Bron nachdem er selbst die Nase prüfend in den leichten Wind gehalten hatte.

„Vielleicht!“ Ardun schnupperte ebenfalls: „Wie riechen denn Steinschwämme?“

Bron war sich sicher, das sie die Steinschwämme unter den Überhängen des Klotzes finden würden, weit hinten wo die Sonne nicht hingelangen konnte. Hinter Moos, unter Farn wo es feucht und kühl war : „Wie feuchter Stein.“ antwortete er.

Ardun grinste nur, denn ihm war durchaus klar wie schwierig es war einen unbekannten Geruch zu beschreiben. Bevor er aber antworten konnte, schreckte das Tier unten auf dem Gras auf und suchte hastig Deckung Ein paar Momente lang huschte und wuselte es noch hier und da unter den flachen Büschen, dann wurde es still.

Bis vier Orks zwischen den Felsen auftauchten und sich umschauten. Sie trugen leichte Jagdbögen, Messer und Lederrüstungen, welche vorn mit einem kruden, grimmig dreinschauendem Gesicht bemalt waren. Offenbar fühlten sie sich sicher; sie gaben sich nicht sonderliche Mühe leise zu sein. Sie blafften und raunzten in einer Sprache miteinander die weder Ardun noch Bron verstanden.

„Die haben uns gerade noch gefehlt!“ flüsterte Ardun.

Im Gegensatz zu de kleinen Tieren vorhin, würden die vier dort unten sie nicht hören.

Bron machte ein verächtliches Gesicht: „Solche wie die da kenne ich. Sie dienen dem Haupt als Laufburschen und sind nicht sehr mutig!“ Wie zum Beweis seiner Geringschätzung legte er sich auf den Rücken, verschränkte er die Arme hinterm Kopf, grinste und flüsterte: „Außerdem sind sie dumm, denn sie trödeln wo sie laufen sollten. Das bleibt dem Haupt nicht verborgen!“

Bevor Ardun etwas erwidern konnte, stieß Bron ein seltsam grollendes und gleichzeitig fauchendes Geräusch aus.

Die Wirkung auf die Orks war verblüffend. Sofort wurden sie still, kauerten sich auf den Boden und sicherten nach allen Seiten, sprangen aber sofort wieder auf, als kein Angriff erfolgte und stoben in Richtung Westen davon.

„Das wird Kraan nicht gefallen!“ meinte Ardun.

„Sie werden nicht wieder kommen!“ antwortete Bron und kletterte vom Felsen herab, um in aller Ruhe auf den großen Klotz zuzugehen.

Das mit diesen Steinschwämmen ist dir ernst, was?“

Aus der Nähe schätzten sie den Klotz auf sicherlich hundert Schritte lang und ebenso hoch. Immer noch schien der Klotz ganz rechtwinklig und ebenmäßig, bis auf den unteren Rand. Dort sah es bis auf drei Klafter hoch aus als sei der Klotz aus Sand und längst vergessene Gezeiten hätten in unterhöhlt.

„Sie sind es wert!“ erwiderte Bron und marschierte ganz selbstverständlich unter den Klotz. Ein paar Schritte nur, dann wurde es zu niedrig fürs aufrechte gehen, also hielt Bron an und ging herunter auf ein Knie und zeigte in die Schatten:

„Da drinnen, wo es eng wird liegen die Steinschwämme, wie Eier im Nest und ein Nest am Anderen!“ Bron klang eindeutig begeistert. Unter seinem Hemd zog er zwei Leinenbeutel hervor, ein jeder groß genug für ein Dutzend großer Äpfel. Einen gab er Ardun den anderen nahm er zwischen die Zähne und kroch auf allen vieren tiefer unter den Fels.

Ardun zögerte einen Moment: „Du bist Dir wirklich sicher was diese Orks angeht?“

„Ja.“

„Es wird Kraan dennoch nicht gefallen!“ murmelte Ardun und krabbelte hinterher.

Tatsächlich war es so wie Bron vorhergesagt hatte: ganz tief drinnen, gerade noch erreichbar, ertasteten Arduns Hände gut apfelgroße Kugeln. Diese waren erstaunlich hartschalig und verströmten einen eigenartigen Duft. Einerseits wie feuchter Stein, aber auch irgendwie würzig. Innerhalb kürzester Zeit waren ihre Beutel gefüllt und sie machten sich auf den Rückweg.

* * *

Wie erwartet zeigte sich Kraan beunruhigt und wenig interessiert an obskuren Pilzen, darum nahm Bron Arduns Leinenbeutel an sich, überließ Ardun das Reden und verstaute die Leinenbeutel bei seinem Gepäck.

„Orks sagt ihr?“ hakte Kraan sofort nach, „Müssen die ausgerechnet jetzt hier herumstreunen?“

„Nein, nein, das waren keine Streuner!“ erklärte Ardun. „Sie dienen dem Haupt, hat Bron mir gesagt.“

„Was machen die hier, fast vor unserer Haustür, wenn sie dem Haupt dienen?“ wollte Kraan wissen. Besorgt fragte er sich, ob diese Orks wohl auch in Richtung Darrelbrück unterwegs wären.

„Das waren Laufburschen auf einem Botenlauf!“ erklärte wiederum Ardun. – „Naja, zumindest sind sie gelaufen nachdem Bron sie erschreckte“ fügte er grinsend hinzu.

„Ach so, auf einem Botenlauf waren sie!“ sagte Kraan nach einem tiefen Atemzug. Offenbar war den Beiden die Tragweite ihrer Aussage nicht klar. „Und Bron hat sie erschreckt.“

„Na weil sie geklüngelt haben!“ erklärte Ardun.

„Aber wieso gerade hier?“

„Du vergisst, das „hier“ schon einige Tagereisen weit weg von unser Haustür ist. Und es sind sicherlich mehr Ork- als Menschenfüsse auf diesen kaum noch erkennbaren Pfaden.“ warf der Zauberer ein.

„Soll mich das etwa beruhigen?“Kraan starrte ihn einen Moment lang an, holte noch einmal tief Luft und wandte sich an Bron:

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