Tax Compliance

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cc) Organisatorische Sicherungsmaßnahmen und zentrale Vorgaben

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Neben der Frage der involvierten Personen und Bereiche in den Prozess des Group Tax Reportings sind auch zentrale organisatorische Vorgaben und Arbeitsanweisungen entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung der Ziele des Group Tax Reportings i.S.d. Ermittlung der laufenden und latenten Steuern sowie dem internen und externen steuerlichen Berichtswesen.

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So ist beispielsweise der Bereich Group Tax Reporting, als Teil der Konzernsteuerabteilung, in Zusammenarbeit mit dem Bereich Konzernberichtswesen in die Vorgabe und Aktualisierung der steuerlichen Konzernbilanzierungsrichtlinie involviert und gibt damit konzernweit eine einheitliche und konsistente Anwendung des IAS 12 und steuerlich relevanter Rechnungslegungsstandards sowie die zutreffende Bilanzierungsanweisung hinsichtlich steuerlich relevanter Sachverhalte vor. Daneben ist der Bereich Tax National regelmäßig in die Aktualisierung der für alle deutschen Tochtergesellschaften gültigen HGB-Bilanzierungsrichtlinie eingebunden. Dadurch wird insbesondere vor dem Hintergrund umfangreicher Organkreisbeziehungen eine einheitliche Auslegung steuerlich relevanter Bilanzierungssachverhalte geregelt.

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Daneben finden die steuerlichen Spezifika aufgrund der zuvor beschriebenen starken Ausprägung der steuerlichen Informationen im Konzernberichts-Tool auch im Reporting Manual[38] Einfluss.

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Um die Tätigkeiten der in die Jahres-, Quartals- und Konzernabschlüsse eingebundenen Mitarbeiter und Abteilungen zu definieren und die zeitliche Abfolge der Aufgaben zu koordinieren, werden von den lokalen Rechnungswesen sowie vom Bereich Konzernberichtswesen eigens mit der Konzernsteuerabteilung abgestimmte Abschlusskalender vorgegeben. Diese zentralen Vorgaben regeln überwiegend die Verantwortlichkeiten und die zeitliche Abfolge der einzelnen Schnittstellen-Abteilungen, die in die Abschlussprozesse eingebunden sind (insbesondere lokale Rechnungswesen, Konzernrechnungswesen und Konzernsteuerabteilung). Für die Koordination der Tax Reporting-Abläufe innerhalb der einzelnen beteiligten Organisationseinheiten der Steuerabteilung sind diese Abschlusskalender jedoch zu aggregiert. Zur Organisation der am Abschluss beteiligten Bereiche innerhalb der Steuerabteilung wird daher ein integrierter Abschlusskalender Steuern vom Bereich Group Tax Reporting erstellt und quartalsweise an die Konzernsteuerabteilung verschickt.

dd) Ausgestaltung der Steuerprozesse im Bereich Group Tax Reporting

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Zielsetzung bei der Ausgestaltung der Steuerprozesse im Bereich Group Tax Reporting ist die zutreffende Ermittlung sowie der vollständige und richtige Ausweis der Steuern und Anhangangaben für die externe Finanzberichterstattung.[39] Neben den zuvor beschriebenen zentralen fachlichen, organisatorischen und zeitlichen Vorgaben ist zur Sicherstellung dieser Zielsetzung auch der Prozess des quartalsweisen Group Tax Reportings schriftlich zu dokumentieren. Dabei sind die unmittelbar angrenzenden Steuerprozesse (z.B. der Prozess der Erstellung der Steuererklärung oder der Prozess der Betriebsprüfungen) und die notwendigen Informationsflüsse zu beachten.

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In der schriftlichen Dokumentation des Prozesses zur quartalsweisen Ermittlung der laufenden und latenten Steuern sowie Anhangangaben sind jeweils die zuständigen Personengruppen und Organisationseinheiten eindeutig und klar zu benennen, die für die Umsetzung der Arbeitsschritte verantwortlich sind. Auch sollte die Prozessbeschreibung beinhalten, wie die Informationsflüsse geregelt sind bzw. welche Personen oder Organisationseinheiten für das Anliefern von steuerlich relevanten Informationen zuständig sind. Im Rahmen der Beschreibung der Abläufe zur Ermittlung der Ertragsteuern sollten auch entwickelte und stetig zu aktualisierende Checklisten sowie Arbeitspapier- und Formatvorlagen aufgeführt werden, die verbindlich im Prozess genutzt werden sollten, um Inkonsistenzen und eine unvollständige Steuerermittlung zu vermeiden.

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Daneben sind relevante Kontrollen im Prozess vorzusehen, wie z.B. der Review der Steuerberechnungen unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips durch jeweils eine andere als die vorbereitende Person. Der Review-Prozess ist generell an der Komplexität der Gesellschaften, dem Erfahrungsgrad der involvierten erstellenden Personen. Insbesondere bei großen und komplexen Organschaftsstrukturen ist von der für die Steuerberechnung des Organträgers verantwortlichen Person ein High-Level-Review des Organkreises auf besondere Sachverhalte und Plausibilität sinnvollerweise vorzunehmen. Die analytische Durchsicht des Organkreises ist schriftlich in Form einer Zusammenstellung der relevanten Eckdaten zu dokumentieren, um diese Informationen auch angrenzenden Organisationsbereichen und Prozessen (wie z.B. Verarbeitung dieser Daten im Konzernabschluss und beim steuerlichen Berichtswesen) zur Verfügung zu stellen.

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Ein weiterer Bereich, der mit steuerlichen Kontrollaktivitäten zu begleiten ist, ist die Verarbeitung der steuerlichen Informationen im Rechnungswesen. Die Konzernsteuerabteilung hat in diesem Zusammenhang mit dem Rechnungswesen eine Buchführungssystematik und Dokumentationsdatei vereinbart, mit der die steuerlichen Konten des Rechnungswesens monatlich auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft werden. Dies betrifft insbesondere die Bereiche der Steuerforderungen und -rückstellungen sowie die getätigten und gebuchten Steuervoraus- bzw. -nachzahlungen. Die Erkenntnisse werden für Deutschland monatlich und für wesentliche Kernländer im Ausland quartalsweise in einer festgelegten Routine mit Vertretern der Bereiche Tax National, Tax International und Group Tax Reporting besprochen. Auf diese Weise ist es möglich, die wesentlichen Steuerpositionen der Kernländer in der steuerlichen Berichterstattung aufzuführen und die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der Steuerplanungs- und Konzern-Budget-Prozesse zu verwenden. Bezüglich der im Rechnungswesen anfallenden Nachbuchungen am handelsrechtlichen bzw. IFRS-Abschluss der Tochtergesellschaften empfiehlt es sich auch, die Informationsflüsse schriftlich in Prozessbeschreibungen des Rechnungswesens und der Steuerabteilung zu regeln, damit die steuerlichen Auswirkungen zutreffend erfasst werden können.

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In der Prozessbeschreibung ist auch geregelt, wie steuerlich relevante Informationen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle bekannt und berücksichtigt werden (z.B. Geschäftsmodelländerungen, Umstrukturierungen, Verschmelzungen, Betriebsstätten, Gesetzesänderungen). Dies ist in Anbetracht der Quartalsabschlüsse durch feste Gesprächsroutinen mit den Ansprechpartnern in den operativen Einheiten (Kaufmännische Geschäftsführer oder Rechnungswesen) im In- und Ausland umzusetzen. Zudem ist in der Bertelsmann Group Tax Policy geregelt, in welchen Themenfeldern und Geschäftsereignissen die Steuerabteilung zwingend konsultiert werden muss.

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Aus der Abgabe von Steuererklärungen und aus ergangenen Steuerbescheiden ergeben sich im Nachgang zur Ermittlung der Steuern für Abschlusszwecke regelmäßig Anpassungseffekte an den Steuerforderungen bzw. -rückstellungen, sog. True-up‚s, die dann im folgenden Jahr zum Ausweis periodenfremder Steuern führen. Diese Anpassungseffekte sind in einem Abgleich der abgegebenen Steuererklärungen und eingegangenen Steuerbescheide mit der letzten Steuerberechnung herauszuarbeiten. Dies ist als Kontrollaktivität im Prozess der Tax Declaration (Erstellung der Steuererklärungen) zu definieren einschließlich der Festlegung der für die Ermittlung der True-up-Effekte verantwortlichen Personen und der Adressaten dieser Auswirkungen. So wird gewährleistet, dass die Effekte im Rahmen der nächsten Steuerberechnung zutreffend berücksichtigt werden. Im Inland erfolgt die Erstellung der Steuererklärungen und -berechnungen in der Regel in Personalunion noch durch dieselben Personen des Bereichs Tax National. Im Ausland hat diese Kontrolle der Abweichungseffekte aus Steuererklärungen im Zusammenspiel zwischen externen Steuerberatern (Steuererklärung), dem Rechnungswesen (Steuerberechnung) und der Konzernsteuerabteilung (Review der Steuererklärungen und -berechnungen) noch eine viel ausschlaggebendere Bedeutung für die Richtigkeit der Abschlussdaten.

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Die Berücksichtigung der True-up-Effekte ist auch in der Prozessbeschreibung zur Steuerberechnung aufzuführen, um die vollständige Integration dieser Auswirkungen im Abschluss zu gewährleisten.

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Analog dazu resultieren aus dem Steuerprozess Tax Audit and Defense (Steuerliche Betriebsprüfungen und laufende Einspruchs- und Klageverfahren) regelmäßig Auswirkungen auf die laufenden und latenten Steuerpositionen im Jahres- und Konzernabschluss.

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So ergeben sich z.B. durch Feststellungen der Betriebsprüfung und deren Folgeauswirkungen potenziell Änderungen an den steuerbilanziellen Wertansätzen, wodurch die laufenden und latenten Steuern im aktuellen Abschluss dann anzupassen sind und regelmäßig auch zu True-up‚s und dem Ausweis periodenfremder Steuern führen. Daher ist mit den involvierten Bereichen der Steuerabteilung und dem Rechnungswesen auch der Zeitpunkt zu definieren, wann die Auswirkungen aus Betriebsprüfungen steuerlich und buchhalterisch erfasst werden sollen, was spätestens mit dem Eingang des Betriebsprüfungsberichts[40] erfolgen muss.

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Auch steuerliche Einspruchs- und Klageverfahren können wesentliche steuerliche True-up-Effekte und periodenfremde laufende und latente Steuern hervorrufen. Da in den Prozess der Einspruchs- und Klageverfahren auch oftmals externe Steuerberater involviert sind, ist eine klare und eindeutige Beschreibung der notendigen Abstimmzeitpunkte und –inhalte zwischen externen Beratern, dem für das jeweilige Verfahren verantwortlichen Mitarbeiter der Steuerabteilung und dem Ersteller der Steuerberechnung sinnvoll. In der praktischen Umsetzung empfiehlt es sich, eine generelle Verantwortlichkeit innerhalb der Steuerabteilung festzulegen, die die rechtzeitige und vollständige Dokumentation der Verfahren in einer zentral verfügbaren Auflistung festhält.

 

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Die zuvor skizzierten True up-Effekte sind bei der Analyse der Steuerquote und der Sondereinflüsse des Geschäftsjahres relevante Informationen für die steuerliche Berichterstattung und werden auch quartalsweise von der Konzernsteuerabteilung zusammengetragen und für eine Präsentation bei relevanten Stakeholdern am Abschlussprozess und letztlich für den Finanzvorstand aufbereitet. Für Zwecke der Konsistenz und Vollständigkeit der Abschlusspositionen zu Steuern ist daher sicherzustellen, dass Feststellungen durch Betriebsprüfungen bei der Ermittlung der Steuern im Abschluss berücksichtigt werden.

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Die eingerichteten Kontrollen und deren Umsetzung werden fortlaufend durch Mitarbeiter der Steuerabteilung und der internen Revision überwacht. In jedem Fall ist ein steuerliches Internes Kontrollsystem nur wirksam, wenn sich die involvierten Personen an die beschriebenen Prozesse und Kontrollen halten. Dies setzt voraus, dass die Prozessdokumentation verständlich formuliert und bei allen relevanten Personengruppen und Organisationseinheiten kommuniziert ist. So wird letztlich das Bewusstsein der Prozessbeteiligten für die Notwendigkeit einer stärkeren Formalisierung der Prozessdokumentation und der Risiken geschärft.

ee) IT-Systeme

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Die systematische Anlieferung der ermittelten Ertragsteuern und der Anhangangaben sowie die spätere Informationsaufbereitung und –auswertung für Berichterstattungszwecke stellt insbesondere internationale Konzerne vor zunehmende Herausforderungen in der flächendeckenden Umsetzung. Vorteile für ein effektives und zeitnahes Reporting der steuerrelevanten Daten und Informationen der Konzerngesellschaften bildet ein steuerliches Konzernreporting-Tool. In der Praxis sind unterschiedliche Toollösungen denkbar, die von eigens dafür konzipierten Steuerberechnungs-Tools bis hin zu in das jeweils vorliegende spezifische Konzernberichtswesen integrierten Tool-Lösungen greifen.

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Die Entscheidung für eine dieser Tool-Lösungen hängt von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren ab, wie z.B. dem Grad der Dezentralität des Konzerns und der Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsbereiche, der Größe des Konzerns, der Organisation des Rechnungswesens, der Anzahl der Personen, die in die Prozessschritte eingebunden sind und nicht zuletzt der Vielzahl und Komplexität der im Einsatz befindlichen IT-Systeme.

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Die Komplexität der vorliegenden IT-Systemlandschaft ist regelmäßig ein relevanter Faktor bei der Entscheidung für eine Tax Reporting-Software. Im Rahmen der Einführung eines steuerlichen Konzernreporting-Tools ist daher eine Analyse erforderlich, welche Systemlandschaft (Buchführungssysteme, Berechnungstools für laufende und latente Steuern) bei den Konzerngesellschaften vorliegt und welche steuerlichen Informationen bereits über das Konzernreportingssystem bereitgestellt werden können.

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Insbesondere die Analyse der vorherrschenden Systemlandschaft ist ein Gesichtspunkt, der die Entscheidung für die Art des geeigneten Tax Accounting-Tools stark beeinflusst, da unter Umständen eine Vielzahl von vorgeschalteten Buchführungssystemen beachtet werden muss, die den automatisierten Datenfluss zwischen den Systemen sehr aufwändig gestaltet, was in der Praxis insbesondere bei stark dezentral und divisional aufgestellten Konzernen und die Vielzahl an unterschiedlichen Buchführungssystemen der Fall ist. Daneben ist bei einem konzernweiten Roll-out eines eigenen Steuertools die oft vorhergesehene Schwierigkeit im Management der involvierten Personen zu beachten. Um vor allem der begrenzten Verfügbarkeit von Kapazitäten und Ressourcen in einem komplexen dezentral strukturierten Konzern gerecht zu werden, empfiehlt sich bei der Optimierungsanalyse der Tax IT-Systeme daher insbesondere auch, das bereits eingesetzte Konzernreportingsystem zu analysieren, ob hier eine Integration der steuerlichen Informationen möglich ist. Die Informationsdichte sollte mindestens die Abbildung des steuerlichen Ergebnisses abgeleitet vom IFRS- und Local Gaap-Ergebnis sowie die Berechnung der laufenden Steuern basierend auf im System hinterlegten Steuersätzen vorsehen. Daneben sollte die Entwicklung der temporären Differenzen, der steuerlichen Verlustvorträge und Steueranrechnungen einschließlich der automatisierten Berechnung der latenten Steuern möglich sein sowie die automatisierte Ermittlung der Überleitungsrechnung, die viele Konzerne ohne ein entsprechend ausgerichtetes Tool vor große Schwierigkeiten stellt.

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Die Ermittlung und das Reporting der Ertragsteuern im Bertelsmann-Konzern werden generell mittels folgender zum Einsatz kommender IT-Tools ausgeführt:

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Konzernreporting-Tool:


Konzernweites SAP-basiertes Konzernkonsolidierungs- und Konzernreporting-Tool, das sehr detaillierte Informationen zu Ertragsteuern der Konzerngesellschaften beinhaltet (u.a. Berechnung laufender Steuern, Entwicklung der temporären Differenzen und steuerlichen Verlustvorträge, Ermittlung latenter Steuern sowie steuerliche Überleitungsrechnungen). Daneben sind darin auch relevante Informationen und Reports enthalten, die eine Analyse der steuerlichen Reporting-Daten aus Einzelabschluss- wie auch aus Konzernsicht ermöglichen.

Vorgeschaltete Tools:


Datenbankbasiertes Tool für die Berechnung der laufenden und latenten Steuern in Deutschland, das eine automatisierte Übernahme der Abschlussdaten aus den vorgeschalteten SAP-Systemen der Konzerngesellschaften vorsieht.

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Auch die Systeme sind in das steuerliche IKS einzugliedern. So müssen z.B. die Datenflüsse bzw. zwischen den Systemen und Software-Lösungen von der Steuerabteilung im quartalsweisen Abschlussprozess auf Vollständigkeit hin überprüft werden. Durch den Einsatz von Excel-Tabellen zur Berechnung der Steuern ist die Intensität der Kontrollaktivitäten der Steuerberechnungen im Ausland entsprechend gesteigert.

c) Ablauforganisation am Beispiel grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen
aa) Grenzüberschreitende Beziehungen – Spannungsfeld in einem internationalen Konzern

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Steuerliche Sachverhalte mit Auslandsbezug sowie grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen rufen stets ein besonderes Augenmerk der Finanzverwaltungen hervor, da sich die ausländischen Teile des Sachverhalts dem Zugriff und der Überprüfbarkeit der Behörden entziehen.

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Der Gesetzgeber hat die eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörden in Bezug auf grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen bereits vor Jahren sehr weitgehend durch erweiterte Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen selbst gelöst. Der deutsche Gesetzgeber hat dies im allgemeinen Grundsatz des § 90 Abs. 2 S. 1 AO implementiert, wonach der Steuerpflichtige bei ausländischen Sachverhalten eine Verpflichtung besitzt, „den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen“. Die Finanzbehörde bleibt demnach weiterhin subjektiv beweispflichtig für alle steuererhöhenden und steuerbegründenden Tatsachen. Schafft der Steuerpflichtige jedoch nicht, seinen Mitwirkungspflichten bei der Aufklärung des Sachverhalts nachzukommen, ist die Finanzbehörde ermächtigt, ggf. ein Sachverhaltsverständnis für die Besteuerung zugrunde zu legen, das sich an der für den Steuerpflichtigen ungünstigsten Auslegung orientiert.

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Zum Anderen werden grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen durch die bestehenden internationalen Besteuerungsunterschiede der Länder von den Finanzbehörden in besonderem Maße beobachtet. So sind in diesem Zusammenhang einige gesetzgeberische Initiativen auf internationaler Ebene entstanden, die verhindern sollen, dass international tätige Steuerpflichtige Steuersubstrat und die damit in Verbindung stehenden Gewinne aus den jeweiligen Ländern auf Konzerngesellschaften im niedrig besteuerten Ausland verlagern. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Transparenz- und Gegenmaßnahmen der OECD werden derzeit in den OECD-Mitgliedsstaaten in nationales Recht überführt. Hierzu zählen beispielsweise die Dokumentation der konzernweiten internationalen Geschäftsbeziehungen, Wertschöpfungsketten und Verrechnungen zwischen Konzerngesellschaften gem. des sog. BEPS-Action 13 oder das Country-by-Country Reporting oder aber die internationale Verbreitung der Regelungen zur Zinsschranke, zur Hinzurechnungsbesteuerung und zu Betriebsstätten.

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Tax Compliance im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen bedeutet daher vorrangig, eine Organisation zu schaffen, um die besonderen Mitwirkungs- und Dokumentationspflichten konzernweit einzuhalten[41] und um die besonderen Regelungen für die Besteuerung internationaler Sachverhalte gem. der Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung und den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu berücksichtigen

bb) Organisation des Gesamtprozesses zur Betreuung grenzüberschreitender Sachverhalte und Beziehungen

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Das Spannungsfeld bei der Einrichtung einer funktionierenden Tax Compliance-Organisation für grenzüberschreitende Beziehungen und ausländische Sachverhalte ist in einem international tätigen Konzern sehr groß. In der Praxis ist bei international tätigen Konzernen regelmäßig eine Vielzahl ausländischer und grenzüberschreitender Transaktionen vorzufinden. Um als Steuerpflichtiger in einem Konzernverbund den erforderlichen Dokumentations- und Mitwirkungspflichten nachzukommen, liegt der Fokus auf der Vorgabe von Melde- und Informationspflichten der Konzerngesellschaften an die zentrale Konzernsteuerabteilung unter Beachtung einer größtmöglichen Nutzung bereits über das Konzernberichtswesen erhobener Daten. Damit die Datenerhebung und –auswertung zu ausländischen Sachverhalten den bestmöglichen Nutzen und die geringstmögliche Zusatzbelastung bei den Konzerngesellschaften bzw. betroffenen Konzernabteilungen hervorruft, müssen im Vorfeld zuerst die Bereiche definiert werden, die in einem Konzern regelmäßig zu steuerlichen Risiken aus Auslandstransaktionen führen.

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Dazu gehören u.a.:


Verrechnungspreise und Beziehungen zu nahestehenden Personen gem. § 90 Abs. 3 AO i.V.m. § 1 AStG,
Country-by-Country Reporting gem. § 138a AO,
Anerkennung von Auslandsgesellschaften und Anzeigepflichten bei Erwerb und Gründung von Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften gem. § 138 AO,
Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 AO,
Hinzurechnungstatbestände nach dem AStG (insb. §§ 7 ff. AStG),
Nichtanerkennung von Betriebsausgaben,
Steuerpflichten ausländischer Konzerngesellschaften im Inland,
Betriebsstättenbesteuerung,
Funktionsverlagerung.

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Je weiter die aufgeführten Risiken identifiziert und in ein stringentes steuerliches Internes Kontrollsystem mit klaren Verantwortlichkeiten und Prozessen eingebettet sind, umso höher ist der „Reifegrad“ der Konzernsteuerfunktion. Der Reifegrad drückt dabei aus, wie sicher formalisiert gewährleistet ist, dass vorhandene Informationen über steuerlich relevante Informationen und Risiken erhoben, kommuniziert und ausgewertet werden. Dabei ist auch die Anzahl der in der Datenerhebung und -auswertung involvierten abteilungsübergreifenden Schnittstellen zu beachten. Dabei gilt insbesondere in grenzüberschreitend und divisional organisierten Konzernen, dass je mehr abteilungs- und länderübergreifende Schnittstellen es gibt, umso schwieriger ist es, einen hohen Reifegrad zu erreichen. Dies liegt insbesondere an dem möglichen Bestehen unterschiedlicher Ziele der involvierten Fachabteilungen und Organisationseinheiten, wie z.B. Verankerung der steuerlichen Compliance-Pflichten als Teil der lokalen steuerlichen Verantwortung der ausländischen Gesellschaftsorgane vs. zwingend im Land der Muttergesellschaft des Konzerns (Inland) erforderliche steuerliche Informationen, die zu einer vollständigen Erfüllung der im Inland bestehenden Melde- und Dokumentationspflichten an die Konzernsteuerabteilung zu melden sind. Wenngleich sich die Ziele nicht zwingend gegenseitig ausschließen, können Zielkonflikte entstehen, wenn die Art und der Zeitpunkt der Informationsbereitstellung im Konzern nicht klar geregelt sind. Der Reifegrad wird durch die „Verwertung“ bereits für Zwecke anderer Steuerprozesse erhobener Daten und Informationen sowie durch den Einsatz von IT-Systemen positiv beeinflusst.