Von Vampiren, Kriegern und Dieben

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„Da ist nicht mein Rücken!“, stammelte Leilani und wollte sich an Tristan reiben, aber er nahm geschickt seine Hüfte aus dem Weg.

„Langsam, Süße. Vorher musst du noch mon petit chevalier säubern“, flüsterte er rau an ihrem Hals.

Leilani prustete los. „Kleiner Ritter? Ich habe ja keine Größenvorstellung und, dem Himmel sei Dank, keine Vergleichsmöglichkeiten. Aber klein? Bestimmt nicht.“

Das streichelte Tristans leicht vorhandene Eitelkeit und er strahlte. Er nahm ihre Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger und drückte beherzt zu. Das Resultat war ein kurzer Aufschrei Leilanis und ein Schauer, der durch ihren Körper lief.

„Wenn ich dich säubern soll – ach du meine Güte – dann musst du mich schon umdrehen lassen. Himmel, was machst du mit mir?“ Leilani wand sich unter seinen Händen.

„Okay!“ Schlagartig ließ er sie los und trat einen halben Schritt zurück. Völlig außer Atem stand Leilani einen Moment da, sammelte sich. Dann drehte sie sich um und starrte in das Gesicht ihres Geliebten. Er hatte ein sattes, süffisantes Grinsen aufgelegt und die Arme vor seiner Brust verschränkt. Dafür stand sein Penis, der immer noch Spuren ihrer nicht mehr vorhandenen Jungfräulichkeit trug, voll erigiert von seinem Körper ab.

Indigniert zog Leilani eine Braue hoch. „Du genießt das. Sehr sogar“, stellte sie fest.

„Schuldig im Sinne der Anklage“, sinnierte Tristan und grinste. „Ich warte.“

Leilanis mandelförmige Augen wurden zu schmalen Schlitzen. >Na warte! <

Sie nahm etwas von dem Duschgel und packte zu. Erschrocken über ihre Initiative öffnete Tristan seine Arme und Leilani schmiegte sich sofort an ihn. Dabei hielt sie seinen Penis fest, rieb aufreizend langsam mit beiden Händen darüber, schob die Vorhaut zurück, säuberte ihn ausgiebig. Sie unterbrach nicht einen Moment den Augenkontakt zu Tristan, der nun seinerseits wackelige Knie bekam, seine Beine ein wenig spreizte.

Leilani löste eine Hand, griff zwischen seine Beine und packte den Hoden. Tristan gab einen gurgelnden Laut von sich. Er drängte Leilani jetzt gegen die Wand, presste sie mit seinem Körper dagegen, rieb sich an der Frau.

„Langsam, Süßer!“

Tristan löste sich keuchend von ihr. „Was?“, fragte er entgeistert.

„Ich muss erst einmal nachsehen, ob du auch richtig sauber bist.“ Sie drückte ihn ein wenig von sich und ging in die Hocke.

>Mon Dieu! Das glaube ich jetzt nicht! <

Leilani schöpfte mit der hohlen Hand etwas Wasser aus dem Duschstrahl und entfernte so Schritt für Schritt die Seifenreste von Tristans Penis. Dabei schob sie immer wieder seine Vorhaut rauf und runter, reizte ihn damit unglaublich. Der Penis ragte inzwischen steil nach oben und sie merkte, wie pulsierendes Leben ihn erfüllte.

>Ich will ihn probieren! < Leilani küsste sanft die Spitze seiner purpurnen Eichel und registrierte erfreut den heiseren Laut, der aus seiner Kehle drang. Sie wiederholte den Kuss, mehrmals. Ihre Lippen tasteten sich an den Schaft entlang, öffneten sich allmählich und sie knabberte vorsichtig an dem sensiblen kleinen Ritter.

Tristan stützte sich mit beiden Händen an den Fliesen ab und sah auf Leilani hinunter, wie sie Schritt für Schritt seine Empfindlichkeit austestete. Als sie ihre Zunge einsetzte, hielt er es nicht mehr aus.

„Leilani, bitte! Wenn du so weitermachst, komme ich in deinem Mund. Komm hoch!“

Leilani war noch nicht bereit für diese Erfahrung, dass musste sie sich eingestehen. Offensichtlich hatte Tristan das geahnt, also richtete sie sich auf und schlang ihre Arme um seinen Nacken.

Tristan schob seine Hände unter ihre Pobacken und hob sie hoch. Leilani spreizte ihre Beine und umschlang mit einer einzigen, fließenden Bewegung seine Hüften, zog ihn an sich. Tristan drang in sie ein und verfiel sofort in einem gleichmäßigen und schnellen Rhythmus.

„Ich will dich so sehr!“, grunzte er an ihrer Schulter.

„Ich dich auch, Tris. Bitte, beiß mich noch einmal. Das ist so unglaublich schön.“

Tristan hob seinen Blick und sah in ihre Augen. Die bronzenen Strahlenkränze schickten pulsierende Blitze hinaus. Langsam fuhr er seine Eckzähne aus, zeigte ihr sie. „Willst du das wirklich?“

„Ja, Tris. Ich will es. Ich will es, weil es zu dir gehört. Und du gehörst zu mir. Beiß mich, Geliebter!“

Tristans Denken setzte aus und er reagierte nur noch. Er biss in ihre Halsschlagader und sie schrie vor Lust und Ekstase auf. Immer schneller, heftiger wurde sein Rhythmus, sein Verlangen immer stärker.

Tristan trank nicht, denn er hatte vorhin genug getrunken. Aber auch ihn erregte es zutiefst, seine Zähne in ihren Hals zu schlagen. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie ihn hätte beißen können.

Tatsächlich vergrub Leilani jetzt ihre Zähne in seine Schulter. Zwar waren sie nicht scharf und spitz genug, um in die Tiefe seiner Haut vorzudringen, aber es reichte, um die Haut zu verletzen und etwas Blut hervorquellen zu lassen.

Tristan wurde beinahe wahnsinnig vor Lust. Er spürte, wie sie die paar Blutstropfen von seiner Schulter aufsaugte, aufleckte, schluckte. Rasch löste er seine Zähne aus ihrem Hals, versiegelte die Bissstelle erneut mit seinem Speichel, blieb aber mit seinen Lippen darauf, weil er nicht wollte, dass sie aufhörte an ihm zu saugen, zu lecken. „Lani!“

Mit einem Schrei kam er in ihr und auch sie schrie auf, als ein Orgasmus sie überrollte. Es war beinahe so, als ob sie gegenseitig die Lust des Anderen spürten, sie in sich aufnahmen. Nach einigen Sekunden war es vorbei und sie standen aneinander geklammert zitternd unter der immer noch laufenden Dusche.

Kapitel 4: Kleine Veränderungen

Leilani wachte auf und merkte, dass ein Lächeln ihre Lippen umspielte. Vorsichtig öffnete sie ein Auge.

Sanft wehten die Gardinen und brachten frische Luft in das Zimmer. Die Luft roch nach dem nächtlichen Gewitter und Regen, so sauber und frisch. Sonnenschein machte sich zaghaft bemerkbar und tauchte das Zimmer in ein warmes, goldenes Licht. Einzelne Staubpartikel wirbelten durch die Luft, führten einen dishar­monischen Tanz auf.

Leilani streckte sich ausgiebig und seufzte leise, drehte sich um. Die Seite neben ihr war leer, aber auf dem Kopfkissen lag eine goldgelbe Orchidee.

>Er ist auf seine Art romantisch. Einfühlsam, aufmerksam und unglaublich …. Was für Adjektive gibt es noch, die ihn beschreiben? <

Leilani kicherte über ihre Gedankengänge, nahm die Blume und schnupperte an ihr. Die Blume hatte ein wundervolles Bouquet und sie hielt die Luft an, um den Duft zu konservieren.

>Aufstehen, Schlafmütze! <

Sie stand auf und keuchte schmerzerfüllt. In ihren Oberschenkeln, ihren Rippen und unteren Rücken hatte sich ein Muskelkater eingenistet, strafte jetzt heftige Bewe­gungen sofort ab.

>Da habe ich offensichtlich Muskelpartien beansprucht, die bislang in einem Dorn­röschen-Schlaf gelegen haben. <

Sie versuchte die schmerzenden Stellen zu ignorieren und humpelte ins Badezimmer. Sie erinnerte sich lebhaft an den Sex unter der Dusche und sofort rauschten eine Anzahl von Gefühlen durch ihren Körper.

>Oh Mann! So einiges hat bei mir in einem Dornröschen-Schlaf gelegen! <

Nachdem sie sich kurz erfrischt und den Mund ausgespült hatte, zog sie Tristans seidenen Morgenrock über. Tief atmete sie den Duft von ihm ein, der an diesem Stoff haftete: ein Hauch Tabak; männlich, würzig.

>Schon wieder Adjektive! <

Sie verließ Tristans Zimmer und lauschte in das Haus hinein. Sie hörte, wie Tristan vor sich hin singend in der Küche arbeitete, offensichtlich etwas umrührte.

>Ich sollte ihm vielleicht sagen, dass er lieber nicht singen sollte. Aber andererseits habe ich jetzt etwas an ihn gefunden, das nicht so perfekt ist. Und ich liebe es! <

Grinsend ging sie die Treppe hinunter und betrat die Küche.

„Guten Morgen!“ Leilani ging zu ihm und umarmte seine Taille.

„Hallo, mein Schatz.“ Er beugte sich über sie und küsste sie. Dabei rührte er weiter mit einer Hand in der Kasserolle. „Und … der Morgen ist schon vorbei. Es ist bald Mittagszeit.“

Tristan deutete auf die Küchenuhr und Leilani sah hin. Es war schon nach 12 Uhr. „Warum hast du mich nicht geweckt?“

„Du hast so friedlich vor dich hingelächelt und wirktest entspannt. Nein, ich konnte dich nicht wecken.“

Schnurrend stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn zärtlich. „Du bist und bleibst ein Ritter.“

„Wie wahr. Wie wahr. Hungrig?“

„Und wie! Ich könnte glatt ein halbes Schwein auf Toast verputzen!“

Tristan schmunzelte amüsiert. „So so. Sex macht hungrig, wusstest du das?“

„Und baut Kalorien ab. Aber das ist vermutlich etwas, worüber du dir keine Gedan­ken machen musst.“

„Oh doch!“ Tristan nahm die Kasserolle von der Herdplatte und stellte sie auf eine feuerfeste Unterlage. Dafür setzte er den Topf mit den Kartoffeln auf die heiße Platte.

„Vampire haben nicht das Gen für ewige Schlankheit oder Schönheit. Es gibt durchaus übergewichtige und auch unterernährte Vampire. Letzteres kann für Sterb­liche gefährlich werden, weswegen wir Gesunden versuchen, diese dann zu the­rapieren. Die Übergewichtigen müssten einfach nur ein wenig mehr Sport treiben und sich mehr Gemüse statt Fleisch reinziehen.“

 

„Ben ist auch übergewichtig, aber er sieht nicht so aus, als ob er unsportlich ist.“

Tristan sah sie einen Moment leicht angesäuert an. „Ben. Komisch. Vor einem Jahr noch hätte ich ihn am liebsten einen Kopf kürzer gemacht. Und jetzt ist er beinahe ein Freund.“

Tristan reduzierte die Hitze für die Kartoffeln ein wenig, da das Wasser zu kochen begann, kippte den Deckel an. Dann öffnete er den Backofen und ein wundervoller Duft erfüllte sofort die Küche. Geschmorte Kalbslende mit einer krossen Kruste.

„Tristan, du bist einfach fabelhaft!“, stöhnte Leilani und sog den Duft tief ein. „Aber du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“

„Streng genommen war es keine Frage, sondern eine Feststellung.“ Tristan übergoss die Kalbslende mit dem Bratensaft, schloss dann wieder den Backofen. „Ben hat einfach die Statur. Vielleicht könnte er zehn oder zwanzig Kilo weniger wiegen, aber ich kenne ihn kaum anders. Er ist genauso beweglich und reaktionsschnell wie ich.“

Leilani brach ein Stück von dem Baguette ab, das auf dem Tisch lag und steckte es sich in den Mund. Sie hatte wirklich riesigen Hunger. „Habt ihr mal zusammen gekämpft? Ich meine, auf ein und derselben Seite?“

Tristan nickte. „Zweimal. Das erste Mal im Frühjahr letzten Jahres. Nachdem Jan aus den Fängen der `Krieger des Reinen Glaubens´ von Helena befreit worden war geriet ein relativ unerfahrener Vampir in deren Fänge. Wir starteten sofort eine Rettungs­mission, da wir wussten, wo er gefangen gehalten wurde.

Adolar, Jans Urahn, Schöpfer und Mentor hatte Ben nach Berlin befohlen, damit er hilft, ihn zu finden. Dass das im Grunde nicht mehr nötig war, konnten wir zuerst nicht ahnen. Addi und seine Frau sind aus Tschechien hergekommen, um Jan zu retten.

Jedenfalls sind wir alle los, um den Jungvampir zu befreien. Ben hat die eine Gruppe, die durch die Hintertür kam, angeführt, ich die andere. Und da konnte ich sehen, wie er kämpft. Schnell. Präzise. Konsequent.“

Leilani hatte sich auf den Küchentisch gesetzt und ihre Beine auf einen Stuhl gestellt.

„Was geschah beim zweiten Mal?“

Tristan runzelte kurz die Stirn, seufzte dann.

„Es war vor fünf Monaten. Ich folgte der Einladung einer alten Freundin nach Kreta, nahm Ben mit. Wir haben im Auftrag des Konzils gehandelt, wollten ein paar Informationen einholen und ihnen nachgehen.

Zenobia und ich trafen uns und sie gab mir die Infos. Ein paar Stunden, nachdem wir uns getrennt hatten und ich gerade mit Ben zusammensaß, wir das weitere Vorgehen besprachen, bekam ich einen Anruf. Meine Freundin war unvorsichtig. Ihr fehlt die Erfahrung, im Verborgenen zu agieren und die Legionäre haben sie erwischt.

Ben und ich formierten schnell eine Einsatztruppe und haben sie befreit.“

Leilani sah Tristans angespanntes Gesicht, den Schmerz in seinen Augen.

„Sie haben sie gefoltert, missbraucht und gedemütigt. Aufs Tiefste … gedemütigt, Lani.“ Er sah sie kurz an. Immer noch, nach fünf Monaten, bewegte ihn dieser Anblick, als er Zenobia in diesem Keller fand.

„Ich geriet in eine Art Schockzustand. Ben, der Zenobia bislang nicht persönlich kannte, hatte es auch mitgenommen, aber er reagierte sofort. Die Legionäre haben Zyankali-Kapseln im Mund, sodass sie, falls sie erwischt werden, keine Fragen mehr beantworten müssen. Wir wussten das von unserem ersten Zusammentreffen. Ben schnappte sich einen der Kerle, riss seinen Mund auf und entfernt die Kapsel, bevor der Typ überhaupt reagieren konnte. Dann stellte er sich vor mich, fing ein paar Kugeln auf, die für mich gedacht waren.“

Leilani hatte ihre Hand vor den Mund geschlagen und sah Tristan entsetzt an. Ben hätte das nicht tun müssen, das war ihr klar. Die Kugeln hätten Tristan nicht getötet, aber Ben hatte offensichtlich einfach nur gehandelt.

„Jedenfalls erwachte ich aus meiner Starre und wir mähten die Typen nieder. Ben, obwohl schwer verletzt, brach einem einfach das Genick. Schnell und sauber.“

Tristan drehte sich zu den Kartoffeln um und prüfte, ob sie schon weichgekocht waren.

„Zenobia ist eine gebrochene Frau, Lani. Sie lebt seit beinahe 1800 Jahren, war immer der Inbegriff von Stolz, Integrität, Erhabenheit und Schönheit. Wenn Vampire brechen, sterben sie.“

Leilani trat hinter ihn und umarmte wieder seine Taille. Sie spürte, wie weh ihm diese Erfahrung, dieses Erlebnis tat. „Kann man gar nichts für sie tun?“

Tristan streichelte sanft ihre Hand. „Beten. Hoffen. Warten.“

Er wand sich aus ihrem Griff und goss die Kartoffeln ab, schwenkte und dämpfte sie. „Sie lebt jetzt bei Rashid. Er und seine Frau Yasemin helfen ihr, so gut es eben geht. Aber letztendlich ist es Zenobias Entscheidung.“

Leilani beschloss, dass weitere Fragen bis nach dem Essen warten müssten. Sie lenkte ihn ab, sprach über alles andere, nur nicht über seine Art und seine per­sönlichen Erlebnisse.

„Sag mal, hast du Schmerzen?“ Tristan merkte plötzlich, dass sie etwas schief saß und einige Bewegungen langsam ausfielen.

„Muskelkater. Unser nächtliches Training hat Muskelpartien beansprucht, die mir bislang unbekannt waren.“

Tristan glotzte sie an, lachte dann schallend.

„Das ist nicht komisch! Das tut weh!“ Sie streckte ihm ihre Zunge raus.

„Ich werde dich nachher ein wenig verwöhnen, mein Schatz.“

Leilani zog eine Braue hoch. „Dein Verwöhnprogramm endet aber in Aktionen, die den Muskelkater erst verursacht haben!“

Tristan schmunzelte. „Bereust du es?“

Überrascht sah sie ihn an. „Nein, Tris.“

„Gut. Ich nämlich auch nicht.“

Er hatte eine einmalige Art, zur Tagesordnung überzugehen. Leilani musste sich daran erst gewöhnen, wusste aber, dass es nur eine jahrhundertealte Fassade war. Seine Augen sahen sie mit einer Liebe und Zärtlichkeit an, die die Worte eines Minnesängers glatt in den Schatten stellte.

Leilani hatte aufgegessen, stand nun auf und ging zu Tristan um den Tisch herum. Er runzelte die Stirn, wusste nicht, was jetzt kommen würde. Sie drückte ihn ein wenig zurück und setzte sich auf seinen Schoß, kuschelte sich an ihn wie ein kleines Kind. Zufrieden seufzte er.

„Ich liebe dich, Tris. Ich weiß, dass du, wenn es um Gefühle geht, nicht der Typ bist, der das ständig sagt. Aber ich weiß auch, dass du ebenfalls diese Gefühle für mich hast.“

Tristan drückte sie an sich, barg sein Gesicht in ihr duftendes, kurzes, dunkelbraunes Haar. „Du hast mich verändert, Lani. Die letzten drei Wochen mit dir haben mich verändert, mich zum Nachdenken über vieles gebracht.“

„Mich ebenso. Alles, was mir vertraut war, was meinem Leben einen Sinn ergab, wurde gründlich auf den Kopf gestellt. Und nicht jede Erkenntnis bedarf einer Wie­derholung.“

Tristan wusste, dass Leilani den Verrat von ihrem Stiefvater Hagen Sörensen meinte, der sich als Tristans Erzfeind Darius entpuppte.

„Wenn ich damals, als in meiner Wohnung eingebrochen wurde, nachgedacht hätte und nicht wie von Furien gejagt her gerast wäre um dich anzubrüllen, wäre es zwischen uns nie so weit gekommen.“

„Vielleicht doch“, schnurrte Tristan und streichelte sanft ihren Nacken. „Ich glaube, dass das mit uns Bestimmung ist. Obwohl ich mich, zugegebenermaßen, dagegen gesträubt habe.“

„Warum?“ Leilani sah ihn neugierig an.

„Ich dachte, dass es nur ein primäres Interesse wäre. Du weißt schon: Blut, Jungfräu­lichkeit. Das meine Instinkte nur auf dich reagieren würden, weil die Sache mit Rowena noch nicht so lange her war. Ich war noch nie so froh, dass ich mich geirrt habe.“

Plötzlich lachte Tristan.

„Was ist?“

Er sah sie entschuldigend an. „Ich habe noch nie so viel geredet wie mit dir, Lani. Ich meine, mit einer Frau. In so kurzer Zeit.“

Leilani zog indigniert die Brauen hoch. „Und was hast du in 500 Jahren Ehe mit Rowena gemacht?“

Sie bereute die Frage einen winzigen Moment später, denn seine Hand glitt in den Ausschnitt des Morgenrocks und umfasste ihren kleinen Busen, dessen Nippel binnen zweier Herzschläge steinhart wurde.

„So was in der Art“, schnurrte er und küsste sie.

Kapitel 5: Neue Gefahren

Leilani saß in ihrem Büro und arbeitete die Akten mit einem Dauergrinsen im Gesicht ab. Ihre Kollegin Anita, der sofort bei ihrem Hereinkommen eine Veränderung an ihr aufgefallen war, konnte nicht aufhören, sie anzustarren. Anita kannte Leilani seit etwa zwei Jahren, sie war immer freundlich, aber eher ruhig. Meistens ziemlich ernst.

Aber dieses Dauerlächeln?

„Ich hab´s!“, brüllte Anita plötzlich und setzte sich mit geweiteten Augen auf ihren Stuhl.

„Du hast eine gesuchte Akte gefunden?“, fragte Leilani und sah ihre Kollegin un­schuldig an.

„Was? Nein! Ich weiß jetzt, warum du ständig grinst!“

Leilani fiel es schwer, sich naiv zu stellen. „Tu ich das? Ist mir gar nicht aufgefallen.“

Anita nahm eine Büroklammer und warf sie nach Leilani. Sie nahm den Kopf ein wenig zur Seite und das Wurfgeschoss fiel hinter ihr zu Boden.

„Du bist verliebt, Leilani! Bis über beide Ohren!“ Anita klang irgendwie anklagend.

„Möglich“, meinte Leilani und sah kurz von ihrer Akte zu der Kollegin hinüber. Dabei vertiefte sich ihr Grinsen noch.

Anitas Augen, die ohnehin schon groß waren, bekamen jetzt erschreckende Ausmaße. „Oh. Mein. Gott!“

Besorgt runzelte Leilani die Stirn. „Ist dir nicht gut? Brauchst du ´nen Arzt?“

„Ach, hör schon auf, Mädchen!“, brüllte Anita. Dann beugte sie sich verschwörerisch über den Schreibtisch. Dadurch stützte sich ihr üppiger Busen auf dem Arbeitsplatz ab. „Du bist keine Jungfrau mehr!“, wisperte sie intensiv.

Leilani holte tief Luft, grinste weiter. „Yep!“

Anita quietschte auf, schoss von ihrem Stuhl in die Höhe und umrundete mit einer für die korpulente Frau irrsinnigen Geschwindigkeit und Behändigkeit die Tische. Sie schlang ihre Arme um Leilani, bevor diese auch nur in eine Abwehrposition gehen konnte.

„Das freut mich ja so für dich! Ist es der Typ, der dir die Orchidee geschickt hat? Erzähl schon, wann? Wie?“

Leilani kicherte. „Nun, wir haben die Woche, in der ich Urlaub hatte, reichlich genutzt, um uns besser kennen zu lernen. Und es hat, wie man so schön sagt, gefunkt. Den Rest überlasse ich deiner Fantasie, Anita.“

„Bist du jetzt richtig bei ihm eingezogen?“ Anita wusste, dass Leilanis Wohnung aufgrund eines Wasserschadens für eine gewisse Zeit nicht bewohnbar war und sie deshalb zu einem Freund gezogen war.

„Nein. Ich bin gestern Abend in meine Wohnung zurück. Wir … ich brauche etwas Zeit und Abstand, um, das alles zu begreifen. Und Tris gibt mir die Zeit, die ich brauche, drängt mich nicht.“

Anita gab einen langen, sehnsuchtsvollen Seufzer von sich. „Ich hoffe, ich lerne irgendwann deinen Traumprinzen kennen!“

Leilani lachte. Ihr Handy klingelte, sie sah auf das Display und ihr Lächeln wurde wieder breiter. „Hast du mich vermisst?“

Anitas Augen wurden erneut riesengroß und sie machte lange Ohren, hoffte, irgend­etwas zu erhaschen.

„Ja. Sehr. Schau mal aus dem Fenster.“

Leilani runzelte die Stirn, stand auf und sah aus dem Fenster zur Straße hinab. Tristan stand auf der anderen Straßenseite und winkte ihr zu. Dann machte er mit seinem Zeigefinger ein Zeichen nach oben. Sie sah hoch, über die Dächer der gegenüber liegenden Häuser und ihr Mund klappte auf.

Über ihnen zog eine kleine, einmotorige Sportmaschine ihre Bahn. Am Heck des Fliegers flatterte ein Band, auf dem etwas stand.

 

`Je t'aime. Sur toujours et éternellement ! (Ich liebe dich. Auf immer und ewig!) ´, war da sehr deutlich zu lesen.

„Du bist verrückt, Geliebter. Weißt du das?“ Leilani sprach sanft und leise, Tränen rannen über ihre Wangen.

„Nun, ich bin kein Mann vieler Worte, wenn es um Gefühle geht. Aber so kann ich dir zeigen, was ich empfinde.“

„Ich liebe dich auch, Tris.“

„Also, wir sehen uns morgen Abend, ja?“ Tristan sah immer noch zu ihr hoch und lächelte breit. Natürlich registrierte er Leilanis Kollegen, die allesamt neugierig an den Fenstern klebten, aber er hatte nur Augen für seine Auserwählte.

Denn das war sie für ihn.

„Morgen Abend.“ Leilani warf ihm eine Kusshand zu und legte auf. Als sie sich umdrehte sah sie, wie Anita regelrecht an der Fensterscheibe klebte. Aus den Neben­zimmern war anschwellendes Gerede zu hören und ein paar Sekunden später ging die Tür auf.

Leilani ignorierte die Fragen ihrer Kollegen und setzte sich mit einem Lächeln hin. Sie schwieg und strahlte.

Kurz vor Feierabend ging die Tür auf und Anita Kollwitz´ Freund Tufek Al´Harq kam in die Büroräume. Er lächelte Leilani höflich zu und beugte sich zu Anita hinunter, die ihn liebevoll anschmachtete.

„Sie hatten letzte Woche Urlaub, nicht wahr?“, fragte der Tunesier Leilani.

„Ja, hatte ich. Wie geht es Ihnen, Tufek?“ Leilani betrachtete den Tunesier und fand, dass er ein gut aussehender Mann war, wenn auch etwas klein für ihren Geschmack.

>Guter Gott! Früher hatte ich solche Gedanken nicht. Aber da wusste ich ja auch nicht, was mein Geschmack ist. Jetzt habe ich Tris. Kein Vergleich nötig. <

„Tufek hat seit einer Woche ein Tattoo, Leilani“, sagte Anita plötzlich.

„Will ich wissen, wo?“, fragte Leilani und grinste die beiden an.

„Nichts Spektakuläres“, grunzte Tufek und funkelte leicht verärgert seine Freundin an. „Nur ein … Schutzzeichen. Hier.“

Tufek streckte Leilani seinen linken Unterarm entgegen. Dort war ein auf dem ersten Blick unterbrochenes, rundes Muster. Leilani sah genauer hin und entdeckte, dass ein gleichschenkliges Kreuz tätowiert worden war. Die Zwischenräume waren mit T-förmigen Kreuzen gefüllt.

„Das ist interessant. Hat das eine besondere Bedeutung? Sie sagten ja, es wäre ein Schutzzeichen.“

„Gegen das Böse. Ich bin religiös, wissen Sie?“

Leilani nickte. „Dabei dachte ich immer, Sie wären Moslem. So kann man sich irren. Entschuldigt mich jetzt, ihr zwei, aber ich muss unbedingt einkaufen gehen. Mein Kühlschrank ist leer.“

Leilani griff ihre Handtasche, vergewisserte sich, dass sie ihren Arbeitsplatz ordentlich verließ und ging aus dem Büro. Sie lief schnell zur Treppe, lief sie noch schneller hinunter und rannte zu ihrem Auto auf dem Parkplatz. Kaum saß sie in ihrem Fiesta verriegelte sie die Türen und fuhr mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. Sie fuhr nicht direkt nach Hause, sondern raste förmlich auf den Parkplatz eines Supermarktes, bremste hart auf einem Parkhafen ab, starrte mit panischem Blick über das Lenkrad auf das Gebäude des Supermarktes.

>Das kann nicht sein. Das sind einfach zu viele Zufälle! <

Leilani schaltete mit zitternden Händen den Motor aus und atmete erst einmal tief durch. Dann suchte sie ihr Handy aus der Handtasche und wählte eine Nummer, die in ihrem Telefonbuch gespeichert war.

„Wer hat denn jetzt Sehnsucht?“, fragte Tristans warme Stimme in seinem atembe­raubenden Bass.

Leilani beruhigte sich augenblicklich, aber sie wusste, dass ihre Botschaft Tristan in Alarm versetzen würde. „Der Freund meiner Kollegin hat neuerdings eine Täto­wierung auf seinem linken Unterarm. Es ist das koptische Kreuz, dass du mir gezeigt hast.“

Es vergingen mehrere Sekunden, bis Tristan langsam und zischend die Luft aus seinen Lungen stieß. „Wo bist du jetzt?“

„Auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Nachdem ich das Tattoo gesehen habe bin ich sofort los. Ich habe meiner Kollegin und ihrem Freund gesagt, dass ich noch dringend einkaufen gehen müsste, da mein Kühlschrank leer sei. Ist nicht mal gelogen. Ich glaube nicht, dass Tufek Al´Harq Verdacht geschöpft hat.“

„Hat er was gesagt?“

„Dass es ein Schutzzeichen gegen das Böse wäre.“

Leilani spürte regelrecht, wie es in Tristan arbeitete, ohne ihn zu sehen.

„Gut. Geh in Ruhe einkaufen, bring die Sachen nach Hause. Lass dir Zeit, geh noch shoppen oder so. Ich trommle die Jungs zusammen und wir sind in etwa einer Stunde in deiner Wohnung. Dann kannst du alles erzählen.“

„Ist gut, Tris.“

„Lani?“

„Ja, Tristan?“

„Pass bitte auf dich auf. Geh kein Risiko ein. Wenn dir etwas merkwürdig vorkommt, verschwinde.“

„Verlass dich drauf.“

Leilani legte auf und verließ das Auto. Ihre Knie zitterten ein wenig, aber sie riss sich zusammen. Wenn sie beobachtet werden sollte war es besser, so unauffällig wie möglich zu agieren.

>Unauffällig. Pah! Ich bin wie von Taranteln gestochen auf diesen Parkplatz gerast und gehe jetzt langsam in den Supermarkt. <

Sie überlegte kurz, was sie eigentlich so aufgebracht hatte.

Ben und dann Tristan hatten ihr von den `Kriegern des reinen Glaubens´ berichtet. Eine Organisation, die im 3. Jahrhundert unter dem damaligen koptischen Papst in Ägypten gegründet worden war. Ursprünglich kämpften diese Krieger für ihren koptischen Glauben und waren der militärische Arm der Kirche. Sie kamen irgend­wann aus der Mode, fielen im Laufe des 16. Jahrhunderts beim damaligen Papst in Ungnade und wurden aufgelöst.

Aber offenbar nicht vollständig. Einige Krieger versprengten sich in Europa und Vorderasien, warteten über Generationen auf eine Neubelebung. Und die kam, ir­gendwann, von irgendjemanden, aus irgendeinem Anlass. Heute waren diese Krieger, auch Legionäre genannt, mit modernsten Waffen und Techniken ausgestattet. Ihr Ziel war es nicht mehr, die koptische Kirche zu beschützen, sondern das Böse aus der Welt zu tilgen.

Das Böse, das sich in Form von Dämonen manifestierte.

Dämonen, zu denen ihrer Meinung auch Vampire gehörten.

Aber es gab keine Dämonen und böse Geister.

Und Vampire waren eine natürliche, durch die Evolution geformte Spezies.

Tristan hatte Leilani alles in Ruhe erklärt, sie eingeweiht. Er hatte ihr das koptische Kreuz gezeigt, sodass sie, wenn sie auf jemanden mit einer entsprechenden Täto­wierung traf, vorgewarnt war.

Nur hatte Leilani nicht damit gerechnet, dass sie sobald auf jemanden treffen würde.

Sie schob den Einkaufswagen durch die Gänge und packte das nötigste in den Korb: Brot, Geflügelaufschnitt, Quark, Joghurt, Gemüse und Obst.

>Milch brauche ich noch. Und Eier. Verdammt, ich bin viel zu ruhig! <

Leilani ging zur Kasse, bezahlte und stellte die Einkaufstüte in den Kofferraum. Dann fuhr sie nach Treptow rein und lenkte ihr Auto in das Park-Center am Treptower Hafen. In aller Seelenruhe bummelte sie durch die CD-Abteilung des Elektro­geschäfts, entschied sich für zwei Alben und kaufte auch die. Dann ging sie zu dem China-Imbiss und bestellte sich eine Portion Nudelpfanne mit Gemüse und Hühn­chen.

>Wenn ich für die Anderen was hole und ich beobachtet werde, fragen die sich dann natürlich, für wen ich so viel zu Essen hole! Sorry, Freunde. <

Die Stunde war vorüber und Leilani ging in das Parkhaus, setzte sich in ihr Auto und fuhr langsam und ruhig nach Hause. Zwischendurch sah sie immer wieder in den Rückspiegel, aber ihr fiel nichts Verdächtiges auf. Sie suchte sich einen Parkplatz in der Nähe ihres Wohnhauses, nahm die Tüten aus dem Kofferraum und ging gemütlich auf das Haus zu.

Eine Harley-Davidson stand vor dem Eingang auf dem Bürgersteig und Leilani ließ erleichtert die Schultern sinken. Sie entdeckte Ben an einer Straßenecke, wie er scheinbar auf jemanden wartete und dabei rauchte und telefonierte.

Leilani ignorierte Ben und ging in das Haus, die vier Stockwerke hoch. Sie hörte, wie oben die Wohnungstür geöffnet wurde und wurde immer ruhiger. Als sie vor Tristan stand, der sie mit besorgt gerunzelter Stirn ansah, atmete sie erleichtert auf.

„Geliebte!“, sagte er nur und nahm sie in die Arme. Sie zitterte plötzlich und genoss die Wärme und Geborgenheit, die er ausstrahlte.

„Alles in Ordnung, Liebster“, flüsterte sie. „Ich glaube nicht, dass mir jemand gefolgt ist.“

Sie gingen in die Wohnung, gefolgt von Ben, der nahezu lautlos die Treppen hinaufgeeilt war. Im Wohnzimmer saßen Jan und Helena Cerný auf der neuen Couch. Tobias Kerner saß auf einem Esszimmerstuhl, wirkte blass und hochkonzentriert zugleich. Ben setzte sich auf einem zweiten Stuhl, während Tristan Leilani auf den Sessel drückte.