Best Practice-Rezepte für die erfolgreiche Praxisführung

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1.11 Klagen? Ja! Handeln? Nein! - Niedergelassene Ärzte verschenken Praxisgewinn und Arbeitsqualität durch Gleichgültigkeit bei der Praxisfü

Best Practice: Selbstkritische Analyse der eigenen Praxisführung!

Praxisprobleme: Immer nur eine Frage der äußeren Einflüsse?

Die Anlässe für niedergelassene Ärzte zur Klage über ihre Arbeitsbedingungen sind vielfältig, lassen sich aber in der Formel: „Überdurchschnittliche Ressourcen-Belastung bei unterdurchschnittlicher Leistungs-Honorierung“ zusammenfassen. Viele der hierfür angeführten Gründe wie z. B. zunehmende Bürokratisierung oder gesteigerte Patientenansprüche treffen auch durchaus zu. Allerdings sind Ärzte – so belegt das Ergebnis einer Meta-Untersuchung aus Praxisanalysen bei Allgemeinärzten, Praktikern und hausärztlichen Internisten – zu einem wesentlichen Teil für Art und Umfang der Belastungen in ihrem Arbeitsumfeld selbst verantwortlich. Der Grund: sie orientieren sich bei der Fehlersuche hauptsächlich an externen Einflüssen und kümmern sich kaum um die Möglichkeiten praxisinterner Veränderungen und Verbesserungen.

Die Negativ-Spirale des Praxismanagements: Defizite erzeugen Defizite.

Die Untersuchung zeigt in der Gesamtsicht, dass in den Praxisbetrieben durchschnittlich 32 bislang inaktive Optimierungsansätze der Praxisarbeit vorhanden waren. Würden diese realisiert, wären hierdurch über Produktivitätsvorteile, ablauforganisatorische Synergien und ein verändertes Patientenmanagement Gewinnsteigerungen bis zu 30% möglich. Doch in den wenigsten Praxen wurden Instrumente, mit denen interne Optimierungsressourcen ermittelt und aktiviert werden können, eingesetzt:

- So hatten z. B. erst 12% der Praxisinhaber ihre Praxisorganisation schon einmal auf Verbesserungsmöglichkeiten hin überprüft, gleichzeitig gaben 68% der Mediziner an, dass die Abläufe bei größerer Belastung nicht mehr funktionsfähig seien.

- Nur in 34% der Praxen wurden regelmäßig Praxisbesprechungen durchgeführt, 2/3 der Medizinischen Fachangestellten klagten u. a. auch deshalb über eine unzreichende interne Kommunikation mit negativen Folgen wie Doppelarbeiten, Koordinationsproblemen, Flüchtigkeitsfehler etc.

- Lediglich 17% der Ärzte hatten ihren Betrieb im Hinblick auf Rationalisierungsreserven untersucht, keine Praxis verfügte über ein strukturiertes Einkaufs- und Beschaffungsmanagement.

- Zielvereinbarungen und Führungsgespräche wurden nur in 18% der Betriebe eingesetzt.

- Patientenzufriedenheits-Befragungen fanden in 48% der Praxen statt, eine Nutzung der Ergebnisse aber nur in16%. 8% der Praxisteams hatten schon einmal die einschlägigen Arzt-Bewertungsportale in Bezug auf Beurteilungen ihrer Leistungen überprüft.

- Ein Beschwerdemanagement existierte in keiner Praxis

Indifferenz der Praxisinhaber.

Doch woher kommt in Anbetracht der o. a. Möglichkeiten die ausgeprägte Indifferenz der Praxisinhaber? Drei Gründe sind hierfür verantwortlich:

(1) Missachtung der Mitarbeiter-Vorschläge. Da Praxisinhaber ihrem Personal keine Kompetenz in Sachen "Praxis-Optimierung" zusprechen, werden die Mitarbeiterinnen auch gar nicht erst oder nur wenig in den Entwicklungsprozess der Praxis einbezogen, obwohl sie - wie die Analysen zeigten - gut die Hälfte der identifizierten Verbesserungsansätze kannten. Mit Verbesserungsvorschlag-Systemen könnte dieses Wissen nutzbar gemacht werden, aber gerade 5% der Ärzte haben etwas Ähnliches in ihrer Praxis etabliert.

(2) Missachtung der Patientenmeinung. Erhoben - ausgewertet - abgeheftet: auch die Berücksichtigung der Resultate aus Patientenzufriedenheits-Befragungen ist nur sehr gering. Wenn Patienten über zu lange Wartezeiten klagen, die Terminvergabe kritisieren oder sich mehr Informationen im Arztgespräch wünschen, wird dies zwar zu Kenntnis genommen, aber als überzogene Anforderung der Patienten ohne Handlungsrelevanz gewertet ("Patienten haben doch immer etwas, über das sie sich beschweren!").

(3) Selbstüberschätzung. Die Bereitschaft zu einer selbstkritischen Betrachtung des eigenen Handelns und des Praxisbetriebs ist auf ärztlicher Seite kaum vorhanden. Ursache ist eine Fehleinschätzung der Leistungsqualität des eigenen Praxisbetriebs. Ein Abgleich der tatsächlichen mit der von Ärzten eingeschätzten Patientenzufriedenheit ergab eine Übereinstimmung von lediglich 62%, wobei die Mediziner die Zufriedenheit ihrer Praxisbesucher deutlich überschätzten.

1 Stunde Arbeit für bis zu 30% mehr Gewinn. Knapp eine Stunde würde ein Praxisinhaber benötigen, auf der Grundlage einer eigenen Stärken-Schwächen-Auflistung, der in einer Praxisbesprechung zusammengestellten Vorschläge des Teams und der Patientenanregungen einen Veränderungs- und Optimierungsplan zu erstellen und damit die Basis für zufriedenere Patienten und Mitarbeiterinnen, höhere Produktivität, weniger Stress und insgesamt ein besseres Betriebsergebnis zu legen. Die einzige Voraussetzung: man muss aktiv werden.

1.12 Trügerische Ruhe: Auch ohne spürbare Probleme kann das Praxismanagement schlecht aufgestellt sein

Best Practice: Mit externen Analysen gegen verdeckte Probleme!

"Im Großen und Ganzen bin ich mit meinem Praxisbetrieb zufrieden!" Ähnlich wie Dr. P., Dermatologe in einer rheinischen Großstadt, sehen auch viele andere Ärzte ihre Praxis-Unternehmen. "Natürlich läuft nicht alles rund, aber das ist ja in anderen Praxen auch so." Das Problembewusstsein und die Motivation, Optimierungsmöglichkeiten der eigenen Arbeit auch ohne spürbaren "Leidensdruck" zu identifizieren, ist unter Medizinern nur gering ausgeprägt. Das Beispiel der Praxis von Dr. P. zeigt jedoch, welche Möglichkeiten existieren, den Praxisbetrieb nicht nur entspannter und komfortabler zu gestalten, sondern auch in der Konsequenz wirtschaftlich erfolgreicher. Eine grundsätzliche Untersuchung der Leistungsfähigkeit des Praxismanagements, d. h. der Gesamtheit aller Regelungen, Instrumente und Verhaltensweisen, die ein Praxisbetrieb zur Realisierung seiner Arbeitsaufgaben einsetzt, erbrachte für P. überraschende Erkenntnisse, u. a.:

- Die in seiner Praxis eingesetzten Instrumente und Regelungen des Praxismanagements entsprechen lediglich 37,1% der Arbeitsweisen, die in überdurchschnittlich erfolgreichen Praxen zur Anwendung kommen. Gleichzeitig ist dieses Resultat deutlich unter dem Durchschnitt, den Fachkollegen umsetzen, angesiedelt.

- Die Schwerpunkte seiner Praxismanagement-Ausrichtung liegen in den Aktionsbereichen "Patientenmanagement" und "Zusammenarbeit". Eine Adhärenz-basierte Patientenbetreuung und eine positive Kooperation mit seinen Medizinischen Fachangestellten sind ihm wichtig. Dennoch ist die Zufriedenheit beider Gruppen, gemessen auf einer Schulnotenskala, nur gering: die Patienten-Durchschnittsnote liegt bei 3,4, der Mitarbeiterinnen-Wert bei 4,1. Die Weiterempfehlungsbereitschaft des Patienten-Klientels ist mit einem Wert von 38,7% (Maximum: 100%) ebenfalls schlecht.

- Verantwortlich hierfür ist die geringe Strukturierung der Praxisorganisation, die in der Konsequenz zu überlangen Wartezeiten und vielen Pannen, z. B. im Wartezimmer vergessene Patienten oder verlegte Unterlagen, führt. Das Personal erhält zwar eine stets freundliche Ansprache, es fehlt aber an Aufgabenzuordnungen und -Koordination. Praxisbesprechungen finden nicht statt, ebenso keine Mitarbeitergespräche.

- Der Arzt empfindet sich selbst als durchschnittlich gut organisiert, seine Mitarbeiterinnen sehen das jedoch vollkommen anders, da er keinem Arbeitsplan folgt, sondern aktionistisch auf akut Anfallendes reagiert.

- Das Marketing beschränkt sich auf das Angebot einer in schlechter Qualität kopierten Praxisbroschüre, einen Kaffeeautomaten vor dem Wartezimmer und auf eine Internet-Visitenkarte. Das Mobiliar der Praxis ist überaltert, die Räume renovierungsbedürftig.

- Planung und Finanzmanagement werden dem Steuerberater überlassen, ein Kostenmanagement existiert nicht.

So wie Dr. P. erkennen viele Ärzte aus dem eigenen Blickwinkel kaum die Probleme bzw. Chancen ihrer Betriebe und verzichten damit auf eine produktive und patientenorientierte Praxisführung.

1.13 Die Kontroll-Freaks: Das rätselhafte Verhalten von niedergelassenen Ärzten

Best Practice: Keine Angst vor Kontrollverlust!

Warum sind Ärzte so zurückhaltend, wenn es um die Realisierung von Marketing-Maßnahmen geht? Warum ändern sie ihre Abläufe und Routinen häufig selbst dann nicht, wenn die Notwendigkeit täglich spürbar ist? Warum steuern Ärzte nicht gegen, wenn in Praxisanalysen gravierende Defizite identifiziert wurden? Und warum leiden Medizinische Fachangestellte so häufig unter fehlender Anerkennung und Motivation? Der Fragenkatalog ließe sich beliebig fortsetzen, die Antwort ist - wie Arzt-Interviews zeigen - einfach und erstaunlich zugleich: weil sie Angst vor einem Kontrollverlust haben.

Beispiel „Delegation“: Eine besonders ausgeprägte Grundhaltung unter Medizinern ist die Überzeugung, nur selbst alle Arbeiten qualitativ hochwertig und alle Entscheidungen richtig treffen zu können. Eine Delegation von Aufgaben kommt für sie deshalb gar nicht in Frage oder nur in Form der Scheindelegation, denn andernfalls wäre für sie die Qualität der Ausführung nicht mehr gesichert.

Beispiel „Organisation“ und „Marketing“: In diesen Aktionsbereichen des Praxismanagements fehlt es vielen Ärzten an Grundwissen. Dadurch sind die Konsequenzen entsprechender Aktivitäten für sie unkalkulierbar und die Passivität erscheint als sichere Alternative.

 

Beispiel „Mitarbeiterführung“ und „Adhärenz“: In diesen Aktionsfeldern dominiert die Angst vor einem möglichen Autoritätsverlust durch Begegnung und Kommunikation mit Personal und Patienten „auf Augenhöhe“.

Innovations- und Veränderungsunwilligkeit entstehen folglich aus einer weitgehend durch Unsicherheit und Unwissen geprägten Handlungsblockade. Die Betriebswirtschaft kann bei der Beseitigung nur teilweise helfen, aber ärztliche Vereinigungen und Interessenverbände hätten die Möglichkeit, umfassend „therapeutisch" und damit innovationsfördernd einzugreifen. Einen Versuch wäre es wert.

1.14 Unternehmensberatung für Arztpraxen: In fünf Schritten zum richtigen Berater

Best Practice: Bei entsprechendem Bedarf Berater systematisch auswählen!

Der gegenwärtige Beratermarkt ist aus Arztsicht höchst intransparent. Fünf einfache Schritten ermöglichen jedoch eine Orientierung:

Schritt 1: Zielsetzung: Zunächst benötigt der Arzt selbst eine klare Vorstellung darüber, was mit einer Praxisberatung erreicht werden (Hauptziel) und welche Aufgabe der Berater dabei übernehmen soll (Tätigkeitsziel). Je spezifischer diese Dinge formuliert werden, desto konkreter werden die Angebote der Berater ausfallen. Ebenso sollte der Praxisinhaber im Vorfeld eine ungefähre Vorstellung darüber entwickeln, wie viel die Beratung ihm wert ist, d.h. welchen Geldbetrag er maximal ausgeben möchte und bis wann die Beratung abgeschlossen sein sollte.

Schritt 2: Erste Vorauswahl: Eine Hilfestellung zum Auffinden geeigneter Berater sind vor allem Empfehlungen von Kollegen und Interessenvertretungen. Es sollte unbedingt bei mehreren, am besten bei drei Beratungsunternehmen angefragt werden. Da Praxisberatung ein sehr spezifisches, sich ständig wandelndes Knowhow verlangt, kommen nur solche Unternehmen in Frage, die schwerpunktmäßig Arztpraxen beraten, d.h. der Anteil dieser Projekte muss mindestens 70% ihrer Gesamttätigkeit ausmachen. Zudem sollte nach Referenzprojekten gefragt werden, die der in Schritt 1 definierten Zielsetzung entsprechen.

Auch Pharma-Referenten bieten in zunehmenden Umfang Praxisberatungen an, z. T. sind ihre Beratungen sogar besser als die ihrer Berater-Kollegen, weil sie aufgrund ihres Wissens deutlich mehr Werte für ihre Kunden schaffen.

Schritt 3: Das persönliche Vorgespräch: Man sollte sich von den in die engere Wahl kommenden Unternehmen denjenigen Mitarbeiter benennen lassen, der die Beratung in Ihrer Praxis durchführen würde und mit ihm ein persönliches Vorgespräch führen. Dabei ist u.a. zu prüfen:

- Stimmt die „menschliche Chemie“, d.h. kann man sich vorstellen, mit diesem Berater zusammenzuarbeiten? Wird er auch mit den Mitarbeitern zurechtkommen?

- Ist das Gespräch ein Dialog oder führt der Berater Monologe?

- Versteht er etwas von seinem „Handwerk“, d.h. werden die Fragen des Arztes kompetent beantwortet?

- Ist der Berater eher theoretisch (Anwendung von Modellen, Prinzipien) oder praktisch

ausgerichtet?

Schritt 4: Das Angebot: Das Angebot sollte folgende Punkte umfassen (Minimalanforderung):

- Definition der Zielsetzung

- Auflistung der Arbeiten, die zur Zielerreichung notwendig sind, einschließlich sog. „Checkpoints“, Zeitpunkte im Projektablauf, zu denen Berater und Arzt den Projektfortschritt gemeinsam kontrollieren

- Durchführung einer Beratungs-Abschlussanalyse

- die Vorgabe eines zeitlichen Ablaufs

- eine detaillierte Kostenaufstellung.

Darüber hinaus sollte das Angebot Zahlungsweise und Rücktrittsrechte definieren. Achtung bei Erfolgshonoraren: diese sind nur akzeptabel, wenn die Erfolgskriterien eindeutig definierbar sind. Angebote mit Vorauszahlungen sollten nicht akzeptiert werden.

Schritt 5: Die Beraterauswahl: Zum Schluss werden die Angebote im Hinblick auf Kosten, Leistungen und unter dem Aspekt der persönlich gewonnenen Eindrücke verglichen. Aufgrund der Preis-Leistungs-Transparenz, die der Arzt nun besitzt, kann er „nachverhandeln“. Setzt man am Preis als Verhandlungsparameter an, lassen sich erfahrungsgemäß Kostensenkungen bis zu 30% erzielen. Ebenso kann man bei gleichbleibendem Preis den Leistungsumfang erhöhen.

1.15 Adhärenz-zentriertes Praxismanagement (AZP) - Die Brücke zwischen therapeutischem und wirtschaftlichem Erfolg / Systematisches Adhärenz

Best Practice: Patienten-Empowerment ist eine Chance!

Bislang ist die Beantwortung der Frage, mit welchem Praxismanagement-Prinzip der größten Erfolg erzielbar ist, zwischen zwei Eckpunkten angesiedelt: auf der einen Seite steht die unbedingte und umfassende Patientenorientierung, die zu einer hohen Patientenzufriedenheit und auch zu sehr guten Behandlungserfolgen führt, aber finanziell für Praxisinhaber nur bedingt tragfähig ist. Diesem Prinzip gegenüber steht die Produktivitäts-optimierte Arztpraxis, deren medizinische Erfolge im Fabrik-Charakter (Stichwort "Fließband-Betrieb") untergehen. Die damit einhergehende, deutlich eingeschränkte Patientenzufriedenheit wird von den verantwortlichen Praxisinhabern aufgrund des wirtschaftlichen Erfolgs billigend in Kauf genommen. Doch es gibt auch eine "Zwischenlösung", die therapeutische und wirtschaftliche Optimierung vereinigt. Das Instrument heißt "Adhärenz-zentriertes Praxismanagement (AZP)". Es basiert auf der Befähigung der Patienten zu einem aktiven, selbstverantwortlichen Umgang mit ihrer Erkrankung. Das geschieht in enger partnerschaftlicher Absprache mit dem behandelnden Arzt unter Einbeziehung seiner Kooperationspartner. Der Ansatz bietet AZP-Praxen - wie erste Explorationen zeigen - im Vergleich zu Nicht-AZP-Praxisbetrieben eine ganze Reihe von Vorteilen:

- Das AZP führt zu deutlich besseren Therapie-Ergebnissen. Die betreuten Patienten sind deshalb zufriedener als in anderen Praxisführungs-Modellen, ihre Fluktuationsquote ist äußerst gering.

- Pro Patient werden weniger Konsultations-Kontakte benötigt. Hierdurch entstehen spürbare Handlungsspielräume für die Neupatienten-Gewinnung und -betreuung oder das IGeL-Management.

- Aus den beiden erstgenannten Punkte resultiert eine höhere Weiterempfehlungsbereitschaft der Patienten, die das Praxisimage nachhaltig fördert und für einen kontinuierlichen Zustrom neuer Patienten sorgt. Dieser wird auch durch eine bessere Online-Reputation in Arzt-Bewertungsportalen und eine höhere Bekanntheit im Einzugsgebiet unterstützt.

- Das Personal engagiert sich aufgrund der Motivation durch zufriedene Patienten stärker, so dass die Gesamtproduktivität steigt.

- Diese Vorteile schlagen sich wiederum in einer deutlich besseren Gewinnsituation nieder, die u. a. auch Investitionen in die Entwicklung der Praxis ermöglicht.

- Hinzu kommt: der Adhärenz-Ansatz ist zukunftssicher, da er nicht nur dem Trend der Patientenerwartungen entspricht, sondern auch von den Krankenkassen verfolgt und gefördert wird, denn das AZP ist ein aktiver Beitrag zur Qualitätsverbesserung der Patientenversorgung, sowohl medizinisch als auch ökonomisch.

Das AZP ist ein umfassender Managementansatz, der über die gegenwärtig vorherrschende, allein auf die Arzt-Patienten-Kommunikation fokussierte Betrachtung des Patienten-Empowerments hinausgeht. AZP schließt alle Praxisbereiche, von der Planung über Marktforschung, Patientenbetreuung, Organisation bis zu Führung, Zusammenarbeit und Finanzmanagement, ein. Etwas mehr als 200 Gestaltungsmerkmale, Verhaltensweisen und Arbeitsroutinen in den Bereichen "Strategie und Konzept", "Organisation", "Begegnungsrahmen", "Kommunikation" und "Schnittstellenmanagement" machen das AZP aus. Man kann davon ausgehen, dass bislang knapp 15% der Arztpraxen, über alle Fachrichtungen betrachtet, diesen Ansatz realisieren.

1.16 Gegen Arzt-Bashing mit Eigeninteressen: Die Arzt-Versteher

Best Practice: Vorsicht bei überzogen verständnisvoller Berater-Argumentation!

Praxismanagement-Funktionalität: Für viele Ärzte ein Problem

Immer mehr niedergelassene Ärzte interessieren sich für Hilfestellungen zur Lösung unternehmerischer Praxismanagement-Probleme. So ist es auch nicht verwunderlich, dass KVen, Ärztekammern, aber auch private Anbieter eine Vielzahl von Veranstaltungen, Workshops und Seminaren zu diesem Themenkreis anbieten und aufzeigen, wie die Arbeitsqualität in Arztpraxen und die Versorgungsqualität der Patienten nachhaltig verbessert werden können. Parallel verzeichnen Praxis-Beratungsunternehmen zweistellige Zuwachsraten bei Arzt-Anfragen. Und auch die Fachpresse greift in zunehmendem Umfang häufig zu beobachtende Defizite der Praxisführung auf und bietet Ratschläge zu ihrer Beseitigung bzw. Vermeidung an.

Praxismanagement-Defizite: Existieren sie wirklich?

Vor diesem Hintergrund melden sich aber auch Stimmen zu Wort, die darauf hinweisen, dass doch genügend Ärzte einen sehr guten Praxisgewinn bei angemessener Arbeitszeit realisieren und deshalb auch als Unternehmer sehr viel, wenn nicht sogar alles richtig machen. Für sie stimmt die These, dass Ärzte zu wenig unternehmerisch handeln bzw. mehr in diese Rolle schlüpfen müssen, grundsätzlich nicht. Und die Thematisierung von Negativaspekten der Praxisführung stellt in ihren Augen nichts anderes als Arzt-Bashing dar.

Kritiker mit einer Hidden Agenda

Beschäftigt man sich mit diesen Einwänden näher. basieren sie meist auf einer sehr dünnen Faktenbasis. Und auch die Contra-Haltung der Promotoren klärt sich häufig sehr schnell: sie wird meist nicht von Medizinern vertreten, sondern von Beratern, die sich als "Arzt-Versteher" positionieren und bei ihren potentiellen Kunden mit einem Positiv-Einstieg ("...es ist doch alles halb so schlimm...") punkten möchten. Auch ihre Angebotsdarstellung ist durch Wirklichkeits-verklärende Perspektiven ("...einfach zum Wunsch-Gewinn und Wunsch-Patienten....") geprägt. Damit ist ihnen die Zuneigung ihrer Zielpersonen sicher - denn wer beschäftigt sich schon gerne mit Problemen -, einen konkreten und fördernden Beitrag zur Arbeits- und Versorgungsqualität in den Praxisbetrieben leisten sie jedoch nicht.

1.17 „Das gibt es doch gar nicht!“: Defizitäres Praxismanagement

Best Practice: Probleme zu ignorieren hilft niemandem!

Spricht man mit Außenstehenden, welche Probleme Praxisteams beschäftigen, stösst man häufig auf Unglauben: „Das müssten die Ärzte und Mitarbeiterinnen doch sehen!“ Und die Medizinischen Fachangestellten sehen die Defizite durchaus sehr genau, wie das Beispiel der Analyse einer Hausarztpraxis mit zwei Ärzten und fünf Angestellten zeigt. Die Praxis ist in die Hausarztzentrierte Versorgung eingebunden, die Praxisphilosophie verspricht, dass die persönliche Beziehung des Teams zu seinen Patienten im Mittelpunkt steht und alle Abläufe auf einen reibungslosen, angenehmen Aufenthalt ausgerichtet sind. Soweit die Theorie. Die Realität wird von den Patienten eher negativ empfunden, die Medizinischen Fachangestellten decken die Ursachen hierfür auf, u. a.:

- „Unterschriebene Rezepte und Überweisungen den Patienten grundsätzlich von beiden Ärzten mit nach vorne an die Anmeldung geben.“

- „Weniger Patienten einbestellen, wir haben überhaupt keine Zeit mehr für die Patienten, teilweise ist es nur noch Massenabfertigung.“

- „Zu große und umfangreiche Aufgabenbereiche, an der Anmeldung nur eine Kraft, das ist nicht zu schaffen.“

- „Es ist kein Backup festgelegt, wenn eine Kollegin einmal krank oder im Urlaub ist.“

- „Viele täglich anfallende Aufgaben sind nicht eindeutig zugeordnet, keiner fühlt sich verantwortlich, vieles bleibt liegen.“

- „Nicht so viel Gestöhne und so viele Übertreibungen.“

- „Einheitliche Begrüßungsformel am Telefon.“

- „Ärzte müssen die Patienten grüßen, wenn sie an der Anmeldung vorbeigehen.“

- „Bitte nicht ständig alles Beschlossene immer wieder umwerfen.“

- „Freundlicherer Umgang der Ärzte mit Patienten und Mitarbeiterinnen."

Das grundsätzliche Problem dieser Praxis ist, dass das Personal die Probleme erkennt, die Inhaber sie aber ignorieren.