Best Practice-Rezepte für die erfolgreiche Praxisführung

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2.7 Mitarbeitermotivation en passant

Best Practice: „Bitte“ und „Danke“-Formulierungen bewirken Wunder!

Wie motiviere ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Die Klärung dieser Frage erfolgt in unzähligen Seminaren und Ratgebern. Hierbei wird jedoch viel zu selten über die einfachsten Grundlagen der Motivation gesprochen und geschrieben, z. B. über die Wörter "Bitte" und "Danke". Wenn man einmal aufmerksam die Kommunikation in Unternehmen, Kliniken und Arztpraxen verfolgt, fällt auf, dass diese Freundlichkeits-Formeln so gut wie gar nicht verwendet werden. "Schicken Sie mir mal die Unterlagen!", "Holen Sie das Blutdruck-Messgerät"." oder "Rufen Sie Herr W. an". Arbeitsdruck und Zeitmangel verkürzen die Kommunikation auf das sachlich Notwendige, das motivatorisch Erforderliche bleibt dabei auf der Strecke. Aber warum? Ein "Bitte" oder "Danke" auszusprechen kostet kaum Zeit, hat aber weitreichende Konsequenzen für die Mitarbeiter-Motivation:

- ein derartiges Verhalten ist höflich und setzt den Mindest-Standard für einen respektvollen Umgang miteinander,

- es ist freundlich und fördert das innerbetriebliche Klima positiv,

- die so angesprochene Person erhält eine kurze persönliche Würdigung und Anerkennung ihrer Arbeit.

Den gleichen Effekt erzielt auch der Zusatz "Bitte" bei einer E-Mail-Anforderung oder eine kurze Dankes-Mail nach Erhalt der erbetenen Information oder Unterlage. Respekt, Freundlichkeit und Anerkennung durch zwei einfache Wörter: einfacher geht es nicht. Vielen Dank für Ihre Interesse!

2.8 SOS: Ignorante Chefs in der Arztpraxis! Wie die Ergebnisse einer Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragung das Versagen der Praxisführung offe

Best Practice: Mitarbeiter-Zufriedenheitsbefragungen eröffnen Chancen!

Was geschieht, wenn sich niedergelassene Ärzte fast ausschließlich um medizinischen Belange kümmern? Das Ergebnis einer Praxisanalyse mit integrierter Mitarbeiterbefragung in einer hausärztlich-internistisch ausgerichteten Arztpraxis, in der zwei Ärzte, drei Vollzeit- und fünf Teilzeit-Kräfte arbeiten, zeigt die negativen Folgen eindrucksvoll. Die als Schulnote bestimmte durchschnittliche Arbeitszufriedenheit des Teams liegt bei einem Wert von 4,8. Die beiden Praxisinhaber streben strategisch ein Praxis-Wachstum an, seit Gründung des Praxisbetriebs vor acht Jahren wurde jedoch noch nie eine Organisationsanalyse durchgeführt ("Zu teuer!"), es finden keine Führungsgespräche statt ("Keine Zeit!"), ebenso existieren keine Arbeitsziele ("Das sieht doch jeder, was zu tun ist!"). Die Produktivität des Betriebs liegt 30% unter dem Wert vergleichbarer Praxen, die Patientenanzahl ist rückläufig, die Patientenzufriedenheit schlecht.

Und diese Veränderungen wünscht sich das Personal:

Mitarbeiterin 1:

- Bessere Zusammenarbeit im Team

- Auch ´mal ein Lob von den Chefs bekommen

- Bessere Laune von den Chefs

- Nicht so viel negative Orientierung, Probleme sachlich aufarbeiten

- Wenn etwas schief läuft, direkt ansprechen, nicht anonym im Teamgespräch

Mitarbeiterin 2:

- Verbesserungen mit Feedback

- Teambesprechungen in kürzerem Turnus, wenn nötig, auch bei Bedarf einberufen

- Aufgabenverteilung bzw. Zuständigkeiten besser verteilen: einige sind total überlastet, andere haben hingegen keinerlei Verantwortlichkeit für einen speziell definierten Bereich

Mitarbeiterin 3:

- Wertschätzung der geleisteten Arbeit jeder Kollegin

- Kollegiales Verhalten (Hilfe) der Kolleginnen, wenn Bereiche der Praxis überlastet sind

- Optimierung der Terminplanung

- Mehr Freundlichkeit der Ärzte gegenüber dem Personal, auch mal positives Feedback und Lob bei Teambesprechungen

Mitarbeiterin 4:

- Besseres Personalmanagement, d. h. genügend Neueinstellung, wenn eine Helferin die Praxis verlässt

- Keine "Strafen" wie z. B. Streichung des Betriebsausflugs aufgrund vieler Krankheitsfälle des Personals; diejenigen, die alles am Laufen halten, sind die Dummen!

- Ruhigerer Arbeitsablauf bei Untersuchungen

- Höhere Wertschätzungen der Assistenten

- Mehr Lob und Anerkennung

Mitarbeiterin 5:

- Mehr Kommunikation untereinander

- Jeder sollte überall einsetzbar sein

- Die Arbeit auch in anderen Bereichen der Praxis sehen und nicht ignorieren

Mitarbeiterin 6:

- Mehr Kommunikation im Team würde schon zu effizienterem Arbeiten führen

- Am Ende der Woche z. B. ein paar lobende Worte des Chefs und die Arbeits-Motivation würde besser werden

- Ein zweiter Azubi oder eine weitere Halbtages-Kraft würden helfen, Überstunden zu reduzieren und die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen, zudem könnten sie bei Krankheit einspringen

Mitarbeiterin 7:

- Freundlicherer Umgangston

- Vermeiden von hektischem Arbeiten in Stress-Situationen

- Klare Aufgabenverteilung

Mitarbeiterin 8:

- Auch mal ein Lob "von oben"

Ein Einzelfall? Im Gegenteil! Sehr viele niedergelassene Ärzte kümmern sich nur wenig um das Management ihrer Praxen (Häufig ohne Ziel und Plan: Betriebswirtschaftliche Unternehmensführung und Finanzmanagement in der Arztpraxis). Das kostet alle Beteiligten nicht nur Energie und Nerven, sondern schmälert auch den Praxisgewinn. Das Geld liegt in diesem Fall nicht auf der Straße, sondern in der Praxis!

2.9 Mitarbeiterbefragungen in der Arztpraxis: Das Multifunktions-Instrument professioneller Praxisführung und –entwicklung

Best Practice: Eine Mitarbeiterbefragung ist schnell durchgeführt, ihr positiver Effekt hält jedoch lange an!

Verbesserungen der Praxisarbeit sind ohne einen Rückgriff auf Wissen und Meinungen der Mitarbeiterinnen nicht möglich. Mit Hilfe von Mitarbeiterbefragungen können systematisch die Meinungen und Einstellungen des Praxispersonals zu Themen ihres Arbeitsumfeldes ( z.B. Arbeitszufriedenheit, Betriebsklima, Stärken-Schwächen-Analysen zur Personal- oder Informationspolitik, Qualitätsbewusstsein etc.) erhoben werden. Ebenso wird es möglich, allgemeine Informationen über Veränderungen und Entwicklungen in der Praxis zu ermitteln und deren Auswirkungen zu beurteilen (z.B. wie sich die Einführung eines Prämiensystems auswirken könnte). Langfristig können durch eine regelmäßige Durchführung von Mitarbeiterbefragungen Arbeitszufriedenheit und Motivation des Personals erhöht, Fluktuation und Fehlzeiten verringert, die Arbeitsproduktivität- und qualität sowie die Patientenzufriedenheit nachhaltig gesteigert werden. Damit eine solche Befragung erfolgreich umgesetzt wird, d. h. dass für das Qualitätsmanagement verwertbare Ergebnis ermittelt wird, bedarf es der Erfüllung von vier Grundvoraussetzungen:

Klare Zielsetzung: Den Mitarbeiterinnen muss durch die Praxisführung eine klare Zielsetzung für die Befragung vermittelt werden. Nur dort, wo ein Ziel erkennbar ist, entsteht Motivation, sich an der Befragung produktiv zu beteiligen. Bei Befragungen im Rahmen der Umsetzung eines Qualitätsmanagement-Systems ist die Zielsetzung bereits gegeben.

Vertrauen: Das praxisinterne Klima muss so beschaffen sein, dass die Mitarbeiterinnen in der Durchführung einer solchen Befragung keine versteckte Kontrolle vermuten. Darum sollten die Befragungen auch anonym durchgeführt werden. Das erhöht zudem die Objektivität der Ergebnisse.

Vollständige Ergebnistransparenz: Die Ergebnisse einer Befragung müssen offen und vollständig allen Beteiligten zugänglich sein und es sollte bereits im Vorfeld klar gesagt werden, was mit den Daten tatsächlich geschieht.

Professionalität: Die gestellten Fragen müssen praxisnah, d.h. verständlich und arbeitsbezogen formuliert werden. Der Umfang des Fragebogens sollte so bemessen sein, dass er innerhalb von 15 bis 20 Minuten ausgefüllt ist. Das entspricht etwa 20 bis 30 Fragen, verteilt auf 1–2 DIN A4 Seiten. Folgende Aspekte der Mitarbeiterzufriedenheit sollten untersucht werden:

Arbeitsaufgaben

- Einflussmöglichkeit auf die zugeteilten Aufgaben

- Eigenbestimmung der Arbeitserledigung

- Beurteilung des Abwechslungsreichtums der Arbeit

- Möglichkeit, eigenes Wissen und Können einzubringen

- Arbeitsbelastung und Stress

- Kompetenzen

- Koordination der Zusammenarbeit mit den Kolleginnen

- Fortbildungsmöglichkeiten

- Arbeitszeit- und Pausenregelungen

Zusammenarbeit

- Organisation der Arbeitsabläufe in der Praxis

- Häufigkeit von Teambesprechungen

- Fluktuation in der Praxis

- Kollegialität

- Verhältnis zu Ärzten

- Klarheit von Arbeitsanweisungen

- Informationsfluss und Kommunikationsklima

- Lob und Anerkennung

- Umgang mit Konflikten

- Vertrauen

- Eingehen und Umsetzung von Mitarbeitervorschlägen

Praxis

- Image der Praxis

- Arbeitsatmosphäre

- Aufteilung der Räume

- Gestaltung der Räume

- Verfügbarkeit von Arbeitsmitteln

- Bedienbarkeit von Geräten

- Ordnung und Sauberkeit

Gesamtbewertung

- Arbeitszufriedenheit, bewertet mit Hilfe einer Schulnote

- Anregungen und Verbesserungsvorschläge

Aus den im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen ermittelten Resultaten ist dann ein Aktions- und Maßnahmenplan zu entwickeln, was durch wen bis zu welchem Zeitpunkt zu verändern ist.

 

2.10 Ärzte, die ihr Personal im Beisein von Patienten tadeln, gefährden ihren wirtschaftlichen Erfolg

Best Practice: Kritik immer nur unter vier Augen!

Patienten möchten Zurechtweisungen der Praxismitarbeiterinnen, selbst wenn sie aus gerechtfertigt sind, nicht miterleben. Dennoch klagt ein Drittel der Medizinischen Fachangestellten über derartige „Kritik-Kundgebungen“ ihrer Chefs. Die Praxisinhaber machen sich, wie Praxisanalysen immer wieder zeigen, über ihr Verhalten keine Gedanken. Doch was die meisten nicht berücksichtigen: sie reduzieren ihren wirtschaftlichen Erfolg. Drei Mechanismen greifen hierbei:

(1) Patienten möchten nicht in die „inneren Angelegenheiten“ von Arztpraxen involviert werden. Ihr Wunsch ist eine individuelle medizinische Versorgung in ruhiger und freundlicher Atmosphäre. Das Erlebnis von Zurechtweisungen wirkt dem entgegen und senkt sowohl die Patientenzufriedenheit als auch die Weiterempfehlungsbereitschaft. Auf diese Weise werden Patientenbindung und –gewinnung negativ beeinflusst.

(2) Mitarbeiterinnen, die dieser Kritikform ausgesetzt sind, praktizieren „Dienst nach Vorschrift“, um Fehler möglichst zu vermeiden. Zudem ist ihre Motivation nur gering ausgeprägt. Beides senkt die Arbeitsproduktivität.

(3) Im Zeitablauf verschlechtern sich die gesamte Praxisatmosphäre und auch das Vertrauensverhältnis zum Arzt, da die Patienten sich innerlich mehr und mehr mit den Mitarbeiterinnen solidarisieren.

Tadeln müssten übrigens Ärzte, die ein derartiges Konfliktmanagement praktizieren, sich selbst, denn das größte Defizit in ihren Praxen ist, dass die Praxisarbeit viel zu wenig strukturiert und organisiert ist.

2.11 Die Angst des Tormanns beim Elfmeter: Lob- und Kritikgespräche in der Arztpraxis

Best Practice: In individuelle Mitarbeitergesprächen die Basis für den Praxiserfolg legen!

Lob und Kritik sind elementare Steuerungsinstrumente der Praxisführung, die den Mitarbeiterinnen helfen, ihre Leistungen einzuschätzen, Fehlentwicklungen zu korrigieren und sie zu motivieren. Bereits ab einer Mitarbeiterzufriedenheit von 3,0, ermittelt mit Hilfe einer Schulnoten-Skalierung, ist die Arbeitsproduktivität von Praxismitarbeiterinnen ein Drittel niedriger ist als in einem optimierten Zustand mit besserer Benotung. Eine durch Lob und Kritik ausbalancierte Personalzufriedenheit bewirkt für jede Praxis eine deutliche Effizienz- und Rationalisierungssteigerung, da die Mitarbeiterinnen erkennen, dass "ihre Chefin" oder „ihr Chef“ ihre Leistung wahrnimmt und sie ihr / ihm wichtig sind. Hieraus resultieren drei Effekte:

- Zum ersten zeigen zufriedene Angestellte eine hohe Praxisidentifikation und Leistungsbereitschaft. Das führt dazu, dass sie sorgfältiger und zuverlässiger arbeiten, kostenbewusst handeln und „mitdenken“. Dieser Selbststeuerungseffekt trägt zudem dazu bei, auch die Arbeit des Praxisinhabers deutlich zu entlasten und insgesamt eine positive Produktivitätsentwicklung zu unterstützen.

- Zum zweiten schlägt sich die Zufriedenheit in einer optimierten Patientenbetreuung und hoher Patientenzufriedenheit nieder.

- Zum dritten fördern Lob und Kritik die Schaffung und Aufrechterhaltung eines positiven Praxis-Gesamtimages.

Um die o. a. Effekte nutzen zu können, müssen Lob und Kritik professionell institutionalisiert werden. Konkret bedeutet die Anforderung, dass

- eindeutig und für alle verständlich formulierte Standards in Form von Zielvereinbarungen existieren, mit deren Hilfe die Leistungen überhaupt bewertbar werden,

- ein regelmäßiger Abgleich der Leistungs-Standards mit der Ist-Leistung erfolgt,

- ebenso regelmäßig die Ergebnisse dieses Abgleichs in Lob- und Kritikgesprächen analysiert werden und dass

- bei größeren Negativabweichungen die notwendigen Korrekturen und ihre Umsetzung wiederum in Zielvereinbarungen fixiert werden.

? In den meisten Praxen wird jedoch gar nicht gelobt, sondern nur kritisiert und das auch noch auf dem Gang im Vorübergehen oder in einem kurzen Kontakt im Besprechungszimmer. Schlimmer noch: in etwa der Hälfte der Praxen berichten die Mitarbeiterinnen über Zurechtweisungen im Beisein von Patienten. Das Ergebnis: zwischen Ärzten und Mitarbeiterinnen entsteht gar kein offenes Kooperationsklima, viele kleine kritische Dinge, die in einem Zweiergespräch sachlich geklärt werden könnten, bleiben unausgesprochen und eskalieren emotionalisiert, wenn sich „genügend angesammelt hat“. Die Anerkennung zwischendurch – in ausgewogener Dosierung - hingegen ist ein effektvolles und vor allem kostenloses Motivationsinstrument. Gemeint ist hiermit die Kurz-Anerkennung während des Arbeitsablaufs. Sie kann indirekt sein, z. B. ein anerkennender Blick, ein Lächeln oder der erhobene Daumen (Super!) oder auch direkt in Form eines ausgesprochenen Lobes erfolgen: „Toll, dass Sie daran gedacht haben!“, „Wirklich gut, wie Sie sich um Frau K gekümmert haben!“ oder: „Prima, wie Sie mitdenken!“. Diese Zuwendungen sind für Mitarbeiterinnen Highlights, da sie ihnen zeigen, dass der Wert ihrer Arbeit gesehen und geschätzt wird. Mit diesem Instrument wird nicht nur eine hohe Motivation, sondern auch – wenn man eine Ich-Botschaft formuliert - eine persönliche Beziehung geschaffen. Ganz anders ist das Vorgehen bei Kritik. Soll sie positiv wirken, müssen folgende Punkte beachtet werden:

Immer nur unter vier Augen: Kritik, also die Korrektur von Zielabweichungen, sollte grundsätzlich nur unter vier Augen geäußert werden. Können Dritte mithören, entsteht für die kritisierte Mitarbeiterin immer eine demütigende Situation, die unbedingt zu vermeiden ist, denn das Ziel der Kritik ist ja die Beseitigung der Beanstandung.

Zeitnah äußern: Je mehr Zeit nach dem zu kritisierenden Sachverhalt bis zu seiner Thematisierung vergeht, desto schwieriger wird es, ein sachlich fundiertes Gespräch hierzu zu führen. Je frischer der Eindruck auf beiden Seiten – Arzt und Mitarbeiterin – ist, desto besser lassen sich die Details nachvollziehen und klären. Je mehr Zeit vergeht, desto weitläufiger werden später mögliche Entschuldigungen und Rechtfertigungen.

Am richtigen Ort: Bei einem Kritikgespräch sollten Arzt und Mitarbeiterin sich als gleichwertige Partner gegenüber sitzen. Ein Schreibtisch eignet sich hierfür nicht, besser ein Besprechungstisch. Die Situation sollte zudem so gewählt werden, dass es zu keinen Störungen kommen kann.

Klare Struktur: Ein Kritikgespräch – egal, ob es kurz oder lang ist – sollte immer nach dem folgenden Muster ablaufen: Beschreibung des zu kritisierenden Verhaltens und seiner Konsequenzen, Stellungnahme der kritisierten Mitarbeiterin, Absprache zur Veränderung und positiver Ausklang des Gesprächs.

Ruhe und Freundlichkeit: Während des Kritikgespräches sollte der Arzt der Mitarbeiterin zugewandt sein und offenen Blickkontakt halten, auch wenn es thematisch unangenehm wird. Unbedingt zu vermeiden sind aggressive oder abfällige Gesten wie ein Blick zur Decke oder aus dem Fenster, wenn die Mitarbeiterin ihre Position darlegt.

Sachlichkeit: Die Effektivität der geäußerten Kritik hängt maßgeblich von der Sachlichkeit ihrer Äußerung ab. Ein weit verbreitetes, aber nur wenig motivierendes Prinzip ist die Suche nach Schuldigen und die Emotionalisierung von Fehlern. Besser ist es, Fehler zu objektivieren und als Anlass für Verbesserungen und Weiterentwicklungen zu sehen. Dabei sollte unterstützend – ohne Übertreibung – auf die Konsequenzen aus einer Fortsetzung des kritisierten Verhaltens oder Zustandes hingewiesen werden („…hierdurch fühlen sich viele Patienten zurückgesetzt und wandern vielleicht in andere Praxen ab…“).

Formulierungen unterlassen, die Widerstände provozieren: Das häufigste in Kritikgesprächen (falsch) verwendete Wort lautet „aber“. Es provoziert, da es das Argument der Mitarbeiterin abwertet. Besser sagt man: „Das kann man so sehen, es ist jedoch zu berücksichtigen, dass…“ oder „Ich verstehe, dass Sie so gehandelt haben, allerdings...“. Noch besser ist jedoch eine Formulierung wie: "Ich respektiere Ihre Meinung und glaube gleichzeitig, dass Sie – wenn Sie meine Sicht kennen -, vielleicht etwas anders denken." Suggestiv-Fragen wie: „Haben Sie nicht selbst das Gefühl, dass das nicht in Ordnung war?“ sollten unbedingt unterbleiben.

Rechtfertigungen vermeiden: Auch die gerne mit dem Wort "Warum" eingeleitete Frage führt nur zu Rechtfertigungen und Entschuldigungen. Lösungsorientierter ist eine mit „Wie" eröffnete Frage („Wie können wir das in Zukunft anders machen?“

Selbst offen für Kritik sein: In manchen Fällen stellt sich heraus, dass der Praxisinhaber selbst – ganz oder teilweise - für den kritisierten Sachverhalt verantwortlich ist, z. B. durch eine missverständliche Arbeitsanweisung. In diesem Fall ist eine selbstkritische Entschuldigung bei der Mitarbeiterin unumgänglich.

2.12 Pushover doctors: Wenn Entscheidungen bedeutungslos sind

Best Practice: Besprochenes muss eingehalten werden!

„Entscheidungen, die klar definiert sind, sollten so bleiben und nicht vor den Patienten rückgängig gemacht werden!“

„Wenn Entscheidungen getroffen werden, sollten sie auch so durchgeführt werden (z. B. Nachfrage des Patienten nach Medikament wird vom Chef abgelehnt, kommt der Patient dann in die Praxis, bekommt er es doch)!“

Die Klage von Medizinischen Fachangestellten über Chefs, die zur Gruppe der Pushover doctors („Umfaller“) zählen, tauchen regelmäßig in Mitarbeiterzufriedenheits-Befragungen auf. Die Nichteinhaltung von Besprochenem und Entschiedenem ist für die Helferinnen nicht nur frustrierend und desorientierend (woran soll man sich eigentlich halten, was gilt im Zweifel?), sondern auch demütigend. Denn meist sind sie es, die die Patienten über unliebsame Entscheidungen informieren müssen. Wenden diese sich dann an den Arzt, handelt der konträr zum Beschlossenen und fällt den Arzthelferinnen damit „in den Rücken“. Hierdurch werden deren Kompetenz in Zweifel gezogen und peinliche Situationen geschaffen. Für die Mediziner ist das kein Problem, sie gehen den Weg des geringsten Widerstands und tun alles, um Ärger mit ihren Patienten zu vermeiden. Doch dieser Komforteffekt wird teuer erkauft: das Betriebsklima und - schlimmer noch - das Vertrauensverhältnis zwischen Praxisinhaber und Personal verschlechtert sich. Hieraus resultiert gleichzeitig eine steigende Belastung für die Ärzte, denn selbst bei abgesprochenen Sachverhalten verweisen derartig geprägte Mitarbeiterinnen nachfragende Patienten direkt an den Arzt und geben selbst gar keine Auskünfte mehr. Ärzte haben also die Wahl zwischen Konsequenz, Opportunismus und den jeweiligen Folgen: sie müssen sich nur entscheiden!