Seewölfe - Piraten der Weltmeere 688

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 688
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Impressum

© 1976/2020 Pabel-Moewig Verlag KG,

Pabel ebook, Rastatt.

ISBN: 978-3-96688-102-9

Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de

Fred McMason

Die Galeere des Sultans

Angekettet auf dem „Stern von Indien“ müssen die Arwenacks Sklavenarbeit verrichten

Das Schiff, das an diesem verhängnisvollen Morgen in den Hafen von Madras einlief, war eine prächtige Galeere. Sie konnte auch eine stolze Geschichte aufweisen.

Vor knapp fünfunddreißig Jahren hatte sie ruhmreich an der Schlacht um Malta bei St. Elmo teilgenommen. Sie entstammte der osmanischen Flotte Süleimans des Prächtigen. Die Galeere hatte zwei Ruderdecks, zwei Masten und zwanzig leichte Geschütze. Ihr Bug lief in einen gewaltigen, mit Blech beschlagenen Rammsporn aus, der sich krachend und vernichtend in so manches feindliche Schiff gebohrt hatte.

Jetzt gehörte die Galeere dem Sultan von Golkonda. Er hatte sie für teures Geld erworben. In der Türkei war die Galeere in viele Teile zerlegt worden, und in Indien wurde sie von osmanischen Schiffbauern wieder originalgetreu zusammengesetzt.

Sie war des Sultans ganzer Stolz …

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Die Hauptpersonen des Romans:

Sultan von Golkonda – Seine Hoheit besitzt eine ehemalige türkische Galeere und verfügt im übrigen über so viel Macht, daß sogar die Arwenacks in die Knie gehen müssen.

Dan O’Flynn – muß sich vom Kutscher darüber belehren lassen, welcher Unterschied zwischen einem Mogul und einem Sultan besteht:

Edwin Carberry – läßt den Profoshammer fliegen, aber auch er kann das Unheil nicht mehr abwenden.

Philip Hasard Killigrew – muß erkennen, daß er und seine Arwenacks kräftig geleimt worden sind.

1.

Dieses schaurig-schöne Ungeheuer schob sich jetzt langsam in den Hafen von Madras.

Die Segel hingen halb im Gei. Nur ein paar große Riemen bewegten sich mit sanftem Schlag durch das Wasser. Der Rammsporn der prunkvollen Galeere schien wie zufällig auf die Schebecke zu zielen.

„Was hast du gesagt?“ fragte Hasard.

Mac Pellew wiederholte es schluckend.

„Ich sagte, da braut sich ein höllisches Donnerwetter zusammen, Sir. Das habe ich so im Gefühl.“

Old Donegal, der interessiert am Schanzkleid lehnte und zu der Galeere hinüberblickte, hatte diesmal gar nichts „im Gefühl“. Sein Blick hinter die Kimm war an diesem Tag getrübt, und so nahm er in keiner Weise das Unheimliche und Drohende zur Kenntnis, das von diesem Schiff ausging.

„Feines Eimerchen“, murmelte er begeistert. „Ein Prunkschiffchen, das sicher so einem reichen Widdibum gehört.“

Wenn sich der Admiral für etwas begeisterte, dann tat er das durch Verniedlichung kund, und aus der riesigen Galeere wurde dann ein feines Eimerchen.

„Was versteht man unter einem reichen Widdibum?“ wollte Mac Pellew wissen.

„So heißen die reichen Inder“, behauptete der Alte.

„Dachte immer, sie nennen sich Nawab und sind Vizekönige in Indien oder Provinzgouverneure. Reich sind sie jedenfalls.“

„Sie heißen Widdibum“, sagte Old Donegal stur.

„Na, meinetwegen“, knurrte Mac. „Soll mir auch recht sein.“

Hasard kniff die Augen schmal und musterte durch das Sonnenlicht die einlaufende Galeere. In seinem Magen war Leere, als hätte er seit Tagen nichts mehr gegessen. Er konnte das Gefühl nicht deuten, aber ihm schwante nichts Gutes.

Außerdem gingen ihm Macs Worte nicht aus dem Sinn. Der gute Mac hatte doch sonst keine trüben Vorahnungen!

„Bedrückt dich dieser Anblick?“ fragte der Spanier Juan de Alcazar, der neben den Seewolf getreten war.

„Galeeren wecken immer schlechte Erinnerungen in mir. Sie haben etwas so – so Unmenschliches an sich. Ich habe sie auch schon von innen kennengelernt, angekettet auf der Ruderbank, gepeitscht von Blutsäufern und Menschenschindern.“

„Hier scheint es auch nicht viel besser zu sein“, meinte der Spanier und wies auf einen bulligen Kerl an Oberdeck, der durch die Bankreihen ging und eine zusammengerollte Bullpeitsche unter dem Arm trug. „Scheint sich hier um eine Art Staatsbesuch zu handeln“, fügte er hinzu. „Merkwürdig, daß der Sultan davon nichts erwähnt hat. Es muß irgendein Nawab sein, der Madras mit seinem Besuch beehrt.“

„Das könnte sein“, gab Hasard zu. „Aber erwähnt hat er davon kein Sterbenswort, und gerade ihm müßte das doch bekannt sein.“

Sie hatten Gold und Silber ausgeladen, und es war auf einer Elefantenkarawane ins Landesinnere abtransportiert worden. Der Sultan von Golkonda hatte die Arwenacks gebeten, hier noch ein oder zwei Tage zu warten. Dann wollte er mit großem Gefolge zurückkehren und alle in seinen Palast einladen. Ein rauschendes Fest sollte gefeiert werden.

Inzwischen, so hatte er empfohlen, sollten sie sich von den Strapazen ausruhen und sich ein wenig in Madras umsehen.

Aber Madras war ein ziemlich trostloses Kaff, in dem Carberry vor allem zünftige Kneipen vermißte. Statt dessen gab es den Kapaleswara- und den Parathasarathy-Tempel sowie die Kathedrale San Thomé, die man über dem Grab des Apostels Thoma erbaut hatte, der im Jahre 68 n. Chr. in Mylapore den Märtyrertod gestorben war.

Aber das hatten sie alles schon gesehen.

Das Volk hier war arm, bettelarm und hauste in Lehmhütten. Es gab in Madras nur zwei Marktplätze, die allerdings märchenhaft und sehr exotisch anmuteten, ein paar Fischer und Gaukler, die sich mit Schlangen oder fürchterlicher Musik zur Schau stellten.

Über Madras und dem Hafen hing an diesem Morgen eine Glocke aus brütender Hitze. Der Wind blies leicht ablandig und brachte den Gluthauch des Binnenlandes mit sich.

Aber jetzt war die Langeweile durch das Erscheinen der Prunk-Galeere unterbrochen worden, einem Schiff, an dem die Arwenacks eine ganze Weile herumrätselten.

„Zweifellos eine osmanische Galeere, wie wir sie in der Türkei bereits gesehen haben. Sie hat den gleichen fürchterlichen Rammsporn wie die Dromonen“, sagte Ferris Tucker. „Aber was sucht eine osmanische Galeere in indischen Gewässern?“

Er erhielt keine Antwort darauf. Der Kutscher deutete lediglich an, daß man sie wohl erobert haben könnte, aber auch das sei ziemlich unwahrscheinlich.

„Glaube ich nicht“, sagte Ferris. „Man hätte sie dann durch das gesamte Mittelmeer und um den afrikanischen Kontinent herumbringen müssen. Das ist ein Törn, der länger als ein Jahr dauern kann. Zudem ist die Galeere nicht geeignet, durch die Ozeane zu schwimmen.“

Es war müßig, darüber nachzudenken. Jedenfalls war das Ungetüm jetzt hier und bewegte sich provozierend langsam auf die Schebecke zu. Der Rammsporn ragte aus dem Wasser – eine fürchterliche Waffe, mit der man andere Schiffe durchbohren oder vom Sporn aus auch entern konnte.

Die schon halbaufgetuchten Segel hingen jetzt schlapp herab. Der warme Wind bewegte das Tuch kaum.

Anfangs sah es so aus, als versuchten sie auf der Galeere, die Hafenausfahrt zu blockieren. Aber jetzt hatte sich die schwimmende Festung bereits hindurchgeschoben und nahm Kurs auf die Schebecke.

„Das werden doch nicht wieder ein paar Höllenhunde sein, die hinter unserer Ladung her sind?“ fragte Carberry stirnrunzelnd. „Da hätten die Herrschaften allerdings etwas früher aufstehen müssen. Jetzt ist der ganze Klumpatsch fort.“

Kommandos erklangen jetzt auf der Galeere. Die Ruderer auf den Bänken gingen mit der Schlagzahl zurück. Gleichzeitig wurde auch der Kurs ein wenig nach Steuerbord geändert.

Ein dumpfer Trommelschlag war zu hören. Die Riemen an Backbord hoben sich ein Stück aus dem Wasser. An Steuerbord wurde langsam weitergepullt, so daß das Prunkschiff einen Halbkreis beschrieb.

„Die scheinen nicht viele Leute zu haben“, bemerkte Matt Davies und zeigte mit der Hakenprothese auf etliche leere Bänke. „Vielleicht holen sie sich hier neue Arbeitskräfte.“

„Dann wären die Leute schon verschwunden und hätten sich in Sicherheit gebracht“, meinte der Seewolf. „Sie stehen aber sehr andächtig da und sind fast in Verehrung versunken.“

Über dem Hafen lag ein eigentümliches Schweigen. Noch kurz zuvor war hier alles in lebhafter Bewegung gewesen, doch jetzt wirkte die Szenerie wie erstarrt. Fast ehrfürchtig starrten die Inder zu dem Riesenschiff.

„Sie scheint hier bekannt zu sein“, murmelte Ben Brighton. „Muß sich wohl doch um recht hohe Würdenträger handeln. Aber warum werden sie nicht vom Sultan empfangen?“

 

„Weil der mit den Elefanten unterwegs ins Landesinnere ist“, erwiderte Hasard. „Wahrscheinlich ist der Besuch nicht angemeldet worden.“

„Ob das der große Akbar persönlich ist?“ fragte Dan O’Flynn in die Stille, die nur vom leisen Plätschern der Langriemen unterbrochen wurde. „Die Ladung gehörte ihm doch. Der Sultan will sie jedenfalls an ihn weiterleiten, wie uns erzählt wurde.“

Hasard hatte wieder dieses Gefühl entsetzlicher Leere im Magen, das er nicht definieren konnte.

Auf dem Achterdeck nahe der großen Hütte tauchte jetzt ein Mann auf.

Er trug eine hüftlange Jacke aus teurem Brokattuch und darunter trotz der brüllenden Hitze, eine Art Weste, die mit silbernen Knöpfen besetzt war. Seine Beine steckten in engen weißen Röhrenhosen, um das Gewand schlang sich ein golden schimmernder Gürtel. In dem Gürtel steckte in einer reichverzierten Scheide ein Krummdolch.

Unter dem hellen Turban waren schwarze Haare zu sehen. Der Mann hatte ein gutgeschnittenes Gesicht von Mahagonifarbe. Seine Nase war gerade, das Kinn energisch. Die Erscheinung strahlte Autorität aus. Kohlschwarze Augen blickten über den Hafen und blieben dann an der Schebecke für Augenblicke hängen.

Der schlanke und hochgewachsene Inder deutete eine leichte Verbeugung an, sehr knapp und kurz, die Hasard seinerseits mit einem leichten Kopfneigen etwas irritiert beantwortete.

Jetzt zeigte der Inder auf die gegenüberliegende Pier. Seine ringgeschmückte Hand wies nur einmal kurz dahin, und schon änderte die Galeere wie durch Zauberhand abermals den Kurs und hielt auf die Pier zu.

Ein paar Fischer pullten mit ihren Kähnen eilig davon und verholten in einen anderen Teil des Hafens, als sie die Handbewegung sahen.

Kein Zweifel. Die Galeere wollte dort anlegen.

Die Besatzung bestand zum größten Teil aus Sklaven, Leibeigenen oder Verbrechern, denn ausnahmslos alle Ruderknechte waren angekettet.

Auf dem oberen Deck gab es jedoch auch einige Männer, die einen Turban trugen und nur mit einem Lendenschurz bekleidet waren. Sie gehörten offenbar zu den wenigen Freiwilligen, die die Galeere ruderten, denn wie der Seewolf sah, wurden sie bevorzugt behandelt.

„Der sieht ebenfalls wie ein Sultan aus“, sagte Dan O’Flynn leise. „Der Mann strahlt Autorität aus. Ich glaube fast, es scheint sich tatsächlich um den großen Akbar persönlich zu handeln. Das beweist schon der ganze pompöse Aufwand und die Prunk-Galeere.“

„Akbar hält sich irgendwo tief im Landesinnern auf“, sagte Hasard so biestig, daß es Dan sofort auffiel. „Also kann er nicht hier sein.“

„Aye, Sir“, murmelte Dan ergeben. „Darf man bescheiden anfragen, ob deine schlechte Laune wetterabhängig ist?“

Der Seewolf wollte erst aufbrausen, doch dann zwang er sich gewaltsam zur Ruhe.

„Ich habe ein flaues Gefühl im Magen. Weiß der Teufel, woran das liegt. Mir ist, als wandere eine ganze Horde Ameisen in meinem Bauch herum.“

„Verstehe. Feuerameisen vermutlich. Die verursachen so ein scheußliches Brennen.“

Hasard wandte sich etwas zu brüsk ab und konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf das Anlegemanöver der Galeere.

Die Kerle verstanden ihr Handwerk, das mußte ihnen der Neid lassen. Sie begingen keinen Fehler beim Manövrieren. Alles klappte reibungslos wie bei einer gut eingespielten Crew.

Das mußte sogar der Profos anerkennen, der mit vorgeschobenem Rammkinn zur Galeere starrte.

„Die haben was drauf, die Burschen, was, wie? Scheinen in eine harte Lehre gegangen zu sein. Die sputen sich wirklich.“

„Wenn du jedesmal eins übergezogen kriegst“, sagte Bill, „dann bleibt dir auch gar nichts anderes übrig. Den meisten sitzt doch die Angst im Genick, denn der Bullenbeißer ist mit seiner Peitsche nicht gerade zimperlich.“

Der Kerl, den Bill als Bullenbeißer bezeichnete, trug ebenfalls einen Turban, aber einen von hellblauer Farbe. Seine Augen waren überall. Nicht die kleinste Bewegung entging ihm. Und als einer der Ruderer auf das Kommando nur einen winzigen Augenblick zu spät reagierte, zuckte die zusammengerollte Peitsche wie eine Schlange vor.

Es war ein kurzer, aber heftiger Schlag aus dem Handgelenk, eine kaum sichtbare Bewegung. Aber das Ende der giftigen Schlange erwischte den Mann im Rücken, und er bog vor Schmerzen das Kreuz durch. Sein Gesicht verzerrte sich, und durch seinen Körper lief ein krampfartiges Zucken. Er gab aber keinen Ton von sich.

Hasard fand das widerlich und abstoßend, und sein Gesicht drückte das auch nur allzu deutlich aus.

Der Sultan von Golkonda hatte ihn eingeladen, einer Hinrichtung beizuwohnen, als ein Verräter durch das Schwert sterben sollte, und er hatte es zwangsläufig mitansehen müssen. Doch an derartige Sitten und Gebräuche würde er sich nie gewöhnen. Die Mentalität dieser Leute war wohl nicht mit christlichen Maßstäben zu messen.

Die Langriemen wurden eingezogen. An der Pier standen inzwischen etliche Inder, die die Leinen wahrnahmen.

Etwas später war die Galeere vertäut.

Die Ruderer blieben in der brüllenden Hitze an Deck. Ein paar andere verließen die Bänke und verschwanden nach unten in den Bauch des Schiffes.

Ein Mann brachte den Angeketteten Wasser, und mit wem er es ganz besonders gut meinte, dem goß er zur Erfrischung noch eine Kelle voll Wasser über den Rücken.

Diese Geste wurde mit großer Demut quittiert. Die Ruderer schienen direkt danach zu lechzen, bei dem Bullenbeißer gut angesehen zu sein und nicht in Ungnade zu fallen. Von dem Kerl hing schließlich ihr ganzes Wohlergehen ab.

„Scheußlich“, sagte Don Juan. „Männer in Ketten, gehalten wie Tiere und genauso behandelt. Ob sich das jemals ändern wird?“

„Solange es Menschen gibt, bestimmt nicht“, meinte der Seewolf. „Sie werden immer und ewig andere knechten oder unterdrücken.“

Er schwieg, als der Mann auf dem achteren Deck der Galeere wieder in ihre Richtung blickte. Sein leichtes Kopfnicken wirkte hoheitsvoll, aber nicht überheblich. Er faltete die Hände nicht über der Brust, wie das hier so üblich war, sondern neigte nur leicht den Kopf.

Um nicht unhöflich zu erscheinen, gaben Hasard und ein paar andere das angedeutete Kopfnicken zurück.

„Wenn ich nur wüßte, was das soll“, sagte der Seewolf. „Ob das eine Begrüßung von Kapitän zu Kapitän sein soll?“

Dan O’Flynn verneinte ganz entschieden.

„Der sieht nicht nach einem Kapitän aus, ganz sicher nicht. Das muß ein hoher Würdenträger sein.“

„Vermutlich sind sie das einem Fremden schuldig“, sagte Don Juan.

Nach dem Kopfneigen zog sich der Mann ebenfalls nach unten in die Räume der Galeere zurück.

Auf der Galeere tat sich jetzt nichts mehr. Die Ruderer ließen die Köpfe auf die Brust hängen und dösten vor sich hin.

Eine Viertelstunde verging, da erschienen zwei Männer an Deck und verließen das Schiff. Sie gingen über die Pier. Jeder der beiden trug in der Hand einen kleinen ledernen Beutel.

„Almosenverteilung“, kommentierte Jung Hasard. „Die Männer verteilen ein paar Silberstücke an die Bevölkerung.“

Das geschah wahrhaftig, kaum daß die Männer die Pier verlassen und sich unter die schweigende Menschenmenge gemischt hatten. Sie langten in die Beutel und hielten Silberstücke hoch. Hände reckten sich ihnen entgegen. Die Menge benahm sich manierlich und prügelte sich nicht um die kleine Zuwendung. Sobald einer ein Geldstück in Empfang genommen hatte, verneigte er sich tief und zog beglückt ab.

Es dauerte nicht lange, dann hatte sich die Menge aufgelöst, und die beiden Inder kehrten an Bord der Galeere zurück.

„Also doch ein reicher Widdibum“, tönte Old Donegal zufrieden. „Er erkauft sich das Wohlwollen der Leute mit Geld, damit sie ihn in guter Erinnerung behalten. Er macht sich auf diese Art beliebt beim Volk, und Geld scheint er in Massen zu haben.“

Hasard gab keinen Kommentar. Schon oft hatte er gesehen, daß Regenten Geld unters Volk warfen, oder daß höhere Beamte damit beauftragt wurden, das Volk bei Laune zu halten, indem sie Geldstücke verteilten. Hier schien das nicht anders zu sein.

Als die beiden verschwunden waren, tat sich wiederum mehr als eine Viertelstunde lang absolut nichts auf der Galeere.

Der Kutscher fragte an, ob bei dieser Hitze jemand Appetit oder vielmehr Hunger habe. Aber den meisten reichte noch das Frühstück – bis auf Paddy Rogers, der immer Hunger hatte, auch wenn das Frühstück noch nicht richtig vorbei war.

„Wir haben einen ganzen Karren voll Tomaten erstanden“, sagte der Kutscher. „Dazu Spargel und Früchte. Was haltet ihr von einem gemischten kalten Salat aus Tomaten, Spargel, Zwiebeln und Knoblauch? Etwas Chili muß natürlich auch noch hinein. Das Ganze übergießen wir mit Essig und Öl und würzen mit indischem Pfeffer und Salz.“

Die anderen waren begeistert, bis auf Paddy, der verlegen seine Knubbelnase rieb.

„Kein Hühnchen oder Hammel oder Fisch?“ erkundigte er sich.

„Sollen wir etwa extra wegen dir einen Hammel herrichten?“ fragte Mac Pellew. „So mit Gemüse, Reis und eingedampfter Fleischbrühe? Vielleicht noch eine sämige Soße und hinterher ein paar Speckpfannkuchen?“

„Ja, genau!“ Paddy strahlte. „Genau in der Reihenfolge hätte ich es gern.“

„Darf’s hinterher auch noch Pudding sein und vorher möglicherweise eine delikate Suppe?“

„Ja, natürlich.“ Paddy rieb noch heftiger an seiner Nase. „Genauso kannst du es herrichten.“

„Morgen“, sagte Mac grämlich. „Oder übermorgen. Heute gibt’s Tomaten, wie der Kutscher schon vorschlug. Sonst verdirbt uns das ganze Zeug. Außerdem bist du viel zu dick, Paddy. Wenn du ewig nur ans Mampfen denkst, mußt du später immer in der Mitte des Schiffes laufen, damit wir keine Schlagseite kriegen.“

„Aber eben hast du noch von einem Hammel gesprochen“, maulte Paddy. „Mir lief schon das Wasser im Mund zusammen.“

„Wird dir bei den Tomaten auch passieren“, tröstete Mac. „Da packen wir nämlich soviel Chili und Knoblauch rein, daß dir die Tränen nur so kullern werden.“

Mac, der Kutscher und das pfiffige Bürschchen Clint Wingfield gingen unverzüglich an die Arbeit, um den kalten Salat vorzubereiten. Zwiebeln wurden geschnitten, Knoblauch zerdrückt, Spargel in kleine Stücke geschnippelt.

Clint wuselte unermüdlich hin und her. Er fühlte sich bei den Arwenacks so wohl, wie er sich noch nie in seinem kurzen Leben gefühlt hatte.

Das Bordleben hier war genau nach seinem Geschmack, doch davon hatte er bisher nur träumen können.

Hier gab es immer gut und reichlich zu essen, und es setzte vor allem keine Prügel. Es gab unter den Arwenacks auch keinen, der ihn schief ansah oder schlecht behandelte. Das war hier ausgeschlossen.

Der Salat war schnell angerichtet und zog noch ein bißchen durch.

Auf der Galeere tat sich wieder etwas. Dort erschienen zwei Mann mit einem Kübel an Deck, den sie zwischen die Gangreihen stellten.

Der eine füllte die Kumme mit dunklem Reis, der andere verteilte sie an die angeketteten Männer, die trotz der Hitze gierig zu essen begannen.

Hinterher gab es Wasser für die Sklaven.

Auf der Schebecke aßen sie ziemlich lustlos ihren Salat. Lustlos deshalb, weil sie mitansehen mußten, wie wenig die armen Hunde da drüben kriegten. Daher schmeckte es den Arwenacks nicht so richtig.

„Eine Schande ist das!“ wetterte der Profos. „Die armen Rübenschweine dort müssen Schwerstarbeit verrichten, und der Lohn ist ein Fraß, den nicht mal ein Hund anrührt. Ich hätte nicht übel Lust, hinüberzugehen und den Rest an die armen Kerle zu verteilen.“

„Das würde uns eine Menge Ärger einbringen“, warnte Hasard. „Wir haben uns nicht in die Angelegenheit irgendwelcher Regenten oder Gouverneure einzumischen. Wir sind Gäste in einem fremden Land und müssen die Sitten und Bräuche so nehmen, wie sie nun mal sind.“

Den Profos mit den Eisenfäusten und dem weichen Herz ärgerte das mächtig. Er konnte Ungerechtigkeiten nicht ausstehen, aber hier mußten sie sich wirklich heraushalten, um Ärger zu vermeiden.

Es schien, als habe man auf der Galeere abgewartet, bis die Arwenacks mit dem Essen fertig waren.

Jetzt tauchten drei prächtig gekleidete Inder auf, die zielstrebig Kurs auf die Schebecke nahmen. Einer trug auf den ausgestreckten Händen einen Ballen rosafarbener Seide, der andere hatte ein kleines Kästchen in der Hand, und der dritte trug eine geschnitzte Figur von Handgröße feierlich vor sich her.

Die seltsame Prozession bewegte sich auf die Schebecke zu.

 

„Na, da bin ich aber gespannt“, sagte Hasard. „Die wollen uns doch wohl nicht etwa mit Geschenken beehren?“

„Sieht aber ganz so aus“, erwiderte Dan verdutzt.

Olete lõpetanud tasuta lõigu lugemise. Kas soovite edasi lugeda?